Hintergrund
Um bessere Strategien zur Prävention von Demenz zu entwickeln, müssen erste Hinweise auf eine kognitive Beeinträchtigung rechtzeitig erkannt werden. Einer Alzheimer-Demenz geht ein jahrelanges Stadium mit milder kognitiver Beeinträchtigung (Mild Cognitive Impairment, MCI) voraus. Eine MCI wird mithilfe der Petersen-Kriterien von 2004 diagnostiziert. Nach diesen Kriterien liegt eine leichte kognitive Störung vor, wenn Gedächtnisstörungen von den Betroffenen selbst oder ihren Angehörigen oder beiden beobachtet werden. Die Alltagsfunktionen sind dabei nicht eingeschränkt und es liegt keine Demenz nach den Kriterien der DSM-IV-Definition vor.
Doch nicht jede Person mit MCI entwickelt im weiteren Verlauf eine Demenz. Die Identifikation von Risikofaktoren ist daher essentiell, um Patienten mit einem erhöhten Progressionsrisiko zu erkennen.
Zielsetzung
Ein Team um Milou Angevaare von der Columbia University New York und der Universität Utrecht in den Niederlanden untersuchte in einer Kohorte soziodemographische und medizinische Prädiktoren einer MCI und den Verlauf der MCI [1]. Die Kohorte war bereits zuvor untersucht worden [2]. In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher nun modifizierbare und nicht-modifizierbare Risikofaktoren.
Methodik
Die Daten entstammten einer longitudinalen Studie zu Alterung und Demenz, dem Washington Heights-Inwood Columbia Aging Project (WHICAP). Die Teilnehmenden waren 65 Jahre und älter und wurden in drei Phasen (1992, 1999, 2009) rekrutiert. Sie hatten zu Beginn weder eine MCI- noch eine Demenz-Diagnose. Alle 18 bis 24 Monate wurden Follow-ups durchgeführt, bei denen eine allgemeine und neurologische Untersuchung sowie neuropsychologische Tests durchgeführt wurden, verschieden Fragebögen zu Gesundheit, sozioökonomischen Faktoren und dem funktionellen Status bearbeitet wurden. Die Diagnose MCI wurde anhand der Petersen-Kriterien gestellt. Die Diagnose Demenz basierte auf dem klinischen Konsens.
Ergebnisse
Insgesamt gingen 2.903 Personen in die Auswertung ein. Davon entwickelten 752 Personen eine MCI nach durchschnittlich 6,3 Jahren. Dies bedeutet eine Inzidenz-Rate von 56/1.000 Personenjahre. Der Nachweis des APOE ε4-Genotyps und eine höhere allgemeine Krankheitslast erhöhten das MCI-Risiko. Ein geringeres MCI-Risiko war mit höherem Bildungsstand, mehr Freizeitaktivitäten und höherem Einkommen assoziiert.
Progression zu Demenz
Von den Personen, die im Studienverlauf eine MCI entwickelten, zeigten 12,9% innerhalb von durchschnittlich 2,4 Jahren eine Progression zu Demenz. Risikofaktoren in diesem Zusammenhang waren eine MCI mit Beeinträchtigung in mehreren kognitiven Domänen, das Vorhandensein des APOE ε4-Genotyps, depressive Symptome und die Einnahme von Antidepressiva.
Bei 9,6% der MCI-Gruppe verschlechterten sich die funktionellen Kapazitäten über die Kriterien einer MCI hinaus, ohne jedoch eine vollständige Progression zu Demenz zu zeigen. Fast ein Drittel (29,6%) der Personen mit MCI blieb stabil und erfüllte in der folgenden Nachbeobachtungszeit weiterhin die MCI-Kriterien. Andererseits erfüllte fast die Hälfte der Probanden (47,9%) die MCI-Kriterien in den Nachuntersuchungen nicht mehr und wurden als kognitiv unauffällig eingestuft.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass fast die Hälfte der Patienten nach einer MCI-Diagnose bei der Nachuntersuchung wieder als unauffällig klassifiziert wurde. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz waren das Vorhandensein mehrerer MCI-Subtypen gleichzeitig, die Einnahme von Antidepressiva, depressive Symptome und das Vorhandensein des APOE ε4-Genotyps. Die Studienautoren räumen ein, dass die Anzahl der Probanden mit MCI und anschließenden Nachuntersuchungen relativ klein war. Weitere Studien sollten auch eine längere Nachbeobachtungszeit haben.








