
Multiple Sklerose (MS) ist eine immunvermittelte entzündliche neurodegenerative Erkrankung, deren Entstehung auf ein Zusammenspiel genetischer und umweltbezogener Faktoren zurückgeführt wird. Unter anderem beeinflussen Rauchen, der Body-Mass-Index in jungen Jahren, eine Infektion mit dem Ebstein-Barr-Virus, Sonnenexposition und die Vitamin D-Versorgung das Risiko für die Entstehung einer MS. Auch Schichtarbeit wurde bereits mit der Erkrankung in Zusammenhang gebracht, insbesondere im jüngeren Alter.
Bei Schlafstörungen leidet Immunsystem
Unregelmäßiger Schlafrhythmus und zu geringe Schlafdauer führen zu beeinträchtigter Immunabwehr und verstärkter Aktivierung proinflammatorischer Signalwege im Organismus. Mehrere Studien untersuchten bereits die Auswirkungen von Schlafmangel und Störungen des zirkadianen Rhythmus auf chronisch-entzündliche Erkrankungen und neurodegenerative Vorgänge. Dies veranlasste das Forscherteam um Torbjörn Åkerstedt aus Stockholm, Schweden dazu, die Rolle von Schlaf bei der Entstehung einer MS näher zu untersuchen.
Vergleich des Schlafs von MS-Patienten und gesunden Probanden
Anhand einer schwedischen populationsbasierten Fall-Kontroll-Studie (2.075 MS-Patienten, 3.164 Kontrollen) analysierten die Wissenschaftler den Einfluss der Schlafdauer und -qualität sowie von Störungen des zirkadianen Rhythmus auf das MS-Risiko. Dabei wurden die MS-Patienten nach Alter, Geschlecht und Wohnort mit jeweils zwei gesunden Kontrollprobanden gematcht. Das mittlere Alter der Studienteilnehmer bei Krankheitsbeginn lag bei 34,8 Jahren und die Forscher werteten die Schlafcharakteristika der Probanden im Alter zwischen 15 und 19 Jahren aus.
Verglichen mit einer ausreichenden Schlafdauer von 7-9 Stunden pro Nacht als Teenager war eine kürzere Nachtruhe (<7h/Nacht) mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer MS assoziiert. Ebenso beobachteten die Forscher einen Zusammenhang zwischen subjektiv angegebener geringer Schlafqualität während der Adoleszenz und einem nachfolgend erhöhten MS-Risiko (OR 1,5, 95%-Konfidenzintervall 1,3 bis 1,9). Unterschiede in der Schlafdauer zwischen Werktagen und dem Wochenende bzw. freien Tagen hingegen wirkten sich nicht auf das Erkrankungsrisiko aus. Der Ausschluss von Schichtarbeitenden in der Analyse führte zu vergleichbaren Resultaten.
Bedeutung von ausreichend Schlaf für Gesundheit
Den Ergebnissen der Fall-Kontroll-Studie zufolge scheinen unzureichende Schlafdauer und geringe Schlafqualität als Teenager das Risiko für die Entwicklung einer MS zu erhöhen. Die Autoren weisen jedoch auch darauf hin, dass Schwankungen der Schlafdauer und -qualität bei Jugendlichen üblicherweise vorkämen und dass schlechter Schlaf nicht nur Ursache, sondern auch Folge neurologischer Schädigungen sein könne. Ausreichend und erholsamer Schlaf bei Jugendlichen ist dennoch entscheidend für ein funktionierendes Immunsystem und könnte nach Ansicht der Wissenschaftler einen präventiven Effekt gegen MS haben.