
Enzym hilft Immunzellen, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden
Die Störung der Blut-Hirn-Schranke (BHS) und der transendotheliale Transport von Immunzellen in das zentrale Nervensystem (ZNS) sind pathophysiologische Kennzeichen von neuroinflammatorischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS). Wissenschaftler der Universitäten Duisburg-Essen und Münster fanden nun Hinweise darauf, dass das Kallikrein-Kinin- und das Koagulationssystem an diesem Prozess beteiligt sein könnten. „Wir können beweisen, dass Kallikrein im Blutplasma (KK) die Zahl der Leukozyten, die in das zentrale Nervensystem einwandern, erhöht“, erläutert Dr. Kerstin Göbel, Ärztin der Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie (ITN). Das Enzym verändert direkt die Integrität der BHS.
Gerinnungsfaktor aktiviert das Enzym
In den aktiven Entzündungsherden im ZNS von MS-Patienten fanden die Forscher deutlich erhöhte Konzentrationen von Präkallikrein (PK), der Vorstufe von KK, im Plasma. Damit es Entzündungen im Nervensystem auslösen kann, wird es durch den Gerinnungsfaktor XII aktiviert.
An einem MS-Modell konnten die Forscher zeigen, dass ein Mangel oder eine pharmakologische Blockade von PK Mäuse weniger anfällig für experimentelle Autoimmun-Enzephalomyelitis macht. Die Tiere wiesen eine bemerkenswert geringere Störung der BHS und weniger Entzündungsherde im ZNS auf.
Plasmakallikrein moduliert Endothelzellen
In-vitro-Analysen haben gezeigt, dass KK die Funktion der Endothelzellen auf Protease-aktivierte, vom Rezeptor 2 abhängige Weise moduliert. Die Endothelzellen bilden größerer Mengen der zellulären Adhäsionsmoleküle Intercellular Adhesion Molecule 1 und Vascular Cell Adhesion Molecule 1. Dadurch wird der Transport von Leukozyten in das ZNS verstärkt.
Hoffnung für die Klinik
Die Studie belegt, dass PK aufgrund seiner Proteasefunktion ein wichtiger direkter Regulator der Integrität der BHS ist. Durch die Hemmung von KK sollte es möglich sein, die Schädigung der BHS und die Zellinvasion bei der Neuroinflammation zu verringern. „Wir denken, dass die Beeinflussung von Gerinnungsfaktoren eine elegante Möglichkeit bietet, in der Zukunft entzündliche Erkrankungen des Gehirns zu behandeln“ erläutert der Koordinator der Studie und Direktor des ITN Münster, Professor Dr. Dr. Sven Meuth.