Erfolge pränataler OP bei Spina bifida bestätigt

Die Spina bifida aperta geht mit starken funktionellen Einschränkungen einher. Der Verschluss des Defektes noch während der Schwangerschaft verbessert die motorischen Funktionen deutlich. Eine aktuelle Studie bestätigt dies nun auch im Schulalter.

Spina bifida

Hintergrund

Die Spina bifida aperta, auch als Myelomeningozele bzw. im Volksmund als offener Rücken bezeichnet, ist die häufigste Ursache einer angeborenen körperlichen Behinderung. Meist tritt die Fehlbildung im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins auf. Der Defekt ist bereits früh im Ultraschall erkennbar. Auch eine erhöhte Konzentration von Alpha-1-Feto-Protein im mütterlichen Blut und/oder Fruchtwasser können für die Früherkennung genutzt werden.

Durch den fehlenden Verschluss von Rückenmark und Wirbelbögen entsteht einerseits eine mechanische Schädigung des Rückenmarks. Aber auch die Exposition gegenüber dem Fruchtwasser trägt über neurotoxische Effekte zur Schädigung bei.

Dieser neurotoxische Effekt konnte in einer Studie aus dem Jahr 2011 belegt werden. In der randomisierten klinischen Studie mit dem Namen MOMS (Management of Myelomeningocele Study) wurde der Neuralrohrdefekt bei einem Teil der Studienteilnehmer bereits pränatal verschlossen, wodurch das Rückenmark weniger lange den neurotoxischen Effekten des Fruchtwassers ausgesetzt war [1]. Im Ergebnis zeigten die pränatal operierten Kinder bessere motorische Funktionen im Vergleich zu Kindern, die erst postnatal operativ versorgt wurden. Die Kinder wurden bis zu einem Alter von 30 Monaten nachbeobachtet. Weiterhin benötigten die pränatal operierten Kinder auch seltener einen Shunt zur Hydrocephalus-Therapie, denn viele Betroffene zeigen zusätzlich zur Myelomeningozele eine Verlagerung von Kleinhirn und Teilen des Hirnstamms (Chiari-Typ-II-Malformation), welche durch einen gestörten Liquorabfluss in einem Hydrocephalus resultieren kann.

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Amy Houtrow von der Universität Pittsburgh untersuchte in einer Follow-up-Studie die motorische Funktion von Kindern, die bereits an der MOMS-Studie teilgenommen hatten [2].

Methodik

Bei der Folgeanalyse von MOMS waren die Studienteilnehmer zwischen 5 und 10 Jahren alt. Die motorische Funktion wurde durch Untersucher evaluiert, die bezüglich der Therapie der Kinder verblindet waren. Sie wussten also nicht, ob die Myelomeningozele bei den einzelnen Teilnehmern prä- oder postnatal versorgt worden war.

Beurteilt wurden die Parameter Selbstständigkeit im Alltag, Mobilität und Gehfähigkeit. Die Studie, auch als MOMS2 bezeichnet, wurde an den gleichen drei Zentren durchgeführt, wie auch MOMS. Kinder von Familien, die nicht zu den Zentren reisen konnten, erhielten Hausbesuche. Von den 161 Kindern aus MOMS erhielten 154 eine körperliche Untersuchung und nahmen an der Folgeanalyse teil.

Ergebnisse

Zum Untersuchungszeitpunkt waren die Kinder im Median 7 Jahre alt. 78 Kinder hatten eine postnatale Versorgung der Spina bifida aperta erhalten und 76 Kinder eine pränatale Versorgung.

Die Kinder der pränatalen Gruppe waren selbstständiger im Alltag als postnatal operierte (91% vs. 86% maximale Selbstständigkeit). Auch bei der Mobilität im Außenbereich lagen die Kinder aus der pränatalen Gruppe vorne (51% vs. 23% in der postnatalen Gruppe), ebenso bei der Geschwindigkeit des Gehens. Kinder aus der pränatalen Gruppe hatten eine um 56% geringere Wahrscheinlichkeit, dass ihre funktionellen Fähigkeiten geringer waren, als es dem anatomischen Level ihrer Spina-bifida-Läsion entsprach.

Fazit

In dieser Folgeanalyse von MOMS konnte gezeigt werden, dass sich die positiven Effekte auf die motorische Funktion, welche sich durch die pränatale Versorgung des Neuralrohrdefektes bei MOMS gezeigt hatte, auch in der weiteren Entwicklung der Kinder im Schulalter fortsetzte.

Die Studie ist bei ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT00060606 registriert.

Quelle:
  1. Adzick et al. (2011): A Randomized Trial of Prenatal versus Postnatal Repair of Myelomeningocele. New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMoa1014379
  2. Houtrow et al. (2021): Prenatal Repair and Physical Functioning Among Children With Myelomeningocele: A Secondary Analysis of a Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatrics, DOI: 10.1001/jamapediatrics.2020.5674
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