Der aufrechte Gang hat es unserer Spezies ermöglicht, dass die Hände frei sind, um zu greifen, Werkzeuge zu nutzen, zu schreiben, zu zeichnen und noch viel mehr. Der aufrechte Gang erfordert die gezielte Koordination von zahlreichen Muskeln, die Verortung der Körperposition im Raum, Verarbeitung von Sinneseindrücken und Balance. Dies wird einem häufig erst bewusst, wenn man das Gleichgewicht verliert und stürzt.
WHO verzeichnet weltweite Zunahme von Stürzen
Nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO nehmen Stürze und dadurch bedingte Verletzungen weltweit zu [1]. Weiterhin sind vor allem Ältere betroffen, aber auch bei den Jüngeren ist eine Zunahme von Stürzen zu verzeichnen.
Die Zahlen in dem WHO-Bericht sind alarmierend. Stürze sind mittlerweile die zweithäufigste Ursache von unbeabsichtigten Todesfällen durch Verletzungen weltweit – direkt nach Verkehrsunfällen. Pro Jahr sterben 684.000 Menschen an der Folge von Stürzen, die Mehrzahl davon (über 80%) in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. Personen über 60 Jahre sind am häufigsten betroffen und bei 37,7 Millionen Stürzen ist eine ärztliche Versorgung erforderlich.
Ältere Menschen und Kinder besonders gefährdet
Neben älteren Menschen sind besonders Kinder betroffen. Sie müssen die komplexen Bewegungsabläufe, die uns den aufrechten Gang ermöglichen, erst erlernen und haben damit ein höheres Sturzrisiko. Natürlich ist auch das Umfeld beteiligt, denn unter einer unzureichenden Beaufsichtigung durch Erwachsene sind Stürze häufiger.
Belastung der Gesundheitssysteme durch Stürze
Neben den Folgen für die Betroffenen und deren Angehörige belasten die Folgen von Stürzen auch die Gesundheitssysteme. „Häufige Stürze verursachen auch hohe Kosten für Operationen und anschließende Rehabilitation. Maßnahmen zur Prävention wirken sich also nicht nur positiv auf die individuelle Lebensqualität aus, sondern entlasten auch das Gesundheitssystem“, so Professor Dr. Clemens Becker, Leiter der Bundesinitiative Sturzprävention und Chefarzt der Abteilung für Geriatrie und Klinik für Geriatrische Rehabilitation des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart [2].
Jede sturzbedingte Verletzung verursacht Kosten, die WHO nennt in ihrem Bericht exemplarisch die Kosten für Finnland (3.611 US-Dollar pro Sturz) und Australien (1.049 US-Dollar pro Sturz). Zahlen aus Kanada belegen die Wirkung von Präventionsprogrammen für Kinder unter 10 Jahren. Dort konnte die Zahl von Stürzen bei Kindern durch Präventionsprogramme um 20% gesenkt werden, wodurch sich eine Kostenersparnis von 120 Millionen US-Dollar jährlich ergab.
Neues Feature der iOS-App beurteilt Balance
Die Änderungen, die unser moderner Lebensstil mit sich bringt, tragen auch zur Zunahme von Stürzen bei. Die motorischen Fähigkeiten von Kindern werden schlechter, wir bewegen uns weniger. Überwiegend sitzende Tätigkeiten und die Zunahme der Smartphone-Nutzung sind daran nicht unbeteiligt. Dass die Nutzung von Smartphones aber auch Teil der Problemlösung und Prävention sein kann, möchte das Unternehmen Apple mit einem neuen Algorithmus zeigen [3].
Die Health App der neuen iOS-15-Software für das iPhone enthält einen Algorithmus, der den Nutzer vor einer erhöhten Sturzgefahr warnen soll. Die neue Version der iOS-15-Software erkennt, wie symmetrisch der Gang des Nutzers ist und wie weit die Schritte auseinander sind. Darüber hinaus wird die sogenannte bipedale Stützungsdauer ermittelt. Diese zeigt an, wie lange beide Füße gleichzeitig den Boden berühren. Nimmt die bipedale Stützungsdauer zu, ist also der Kontakt beider Füße mit dem Boden länger, so ist dies ein Hinweis auf einen instabilen Gang. Um dem Smartphone die Messung zu ermöglichen, muss es nahe am Körper getragen werden, wobei es unerheblich ist, ob das Smartphone in der Vorder- oder Gesäßtasche der Hose steckt oder in einer Tasche, die man nahe bei sich trägt. Registriert das Smartphone eine unzureichende Stabilität wird dies gemeldet, inklusive der Empfehlung von Übungen zur Förderung der Balance.
Stabil bleiben dank Prävention
Gerade ältere Menschen sollten ihre Standfestigkeit und Balance fördern – und zwar präventiv und nicht erst, wenn die Smartphone-App Handlungsbedarf meldet. Experten empfehlen regelmäßige Bewegung im Alltag wie Spazieren gehen, Treppen steigen oder beim Zähneputzen auf einem Bein stehen. Weitere Informationen zu dem Thema allgemein und zur Prävention von Stürzen bietet beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).









