Erste Studie mit abschaltbaren CAR-T-Zellen

GEMoaB entwickelt eine universelle CAR-T-Plattform mit rasch umschaltbarem Ein-/Aus-Modus und erprobt im Rahmen einer Phase 1a-Dosisfindungsstudie den Produktkandidaten UniCAR-T-CD123 bei Patienten mit hämatologischen Tumoren.

Forschung Genetik

Hintergrund

Rezidivierte oder refraktäre (r/r) Malignome des hämatopoetischen Systems sind trotz des Aufkommens immer neuer Behandlungsoptionen mit einer schlechten Prognose verbunden. T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T), die auf CD19- oder das B-Zell-Reifungsantigen (B cell maturation antigen [BCMA]) abzielen, sind hochwirksam gegen B-Zell-Malignome.

Akute unerwünschte Ereignisse wie das behandlungsbedingte schwere Cytokinfreisetzungssyndrom (CRS), Neurotoxizität, sowie die Entwicklung von Krebszellen, die bei einem signifikanten Anteil der behandelten Patienten gegenüber CD19-CAR-T-Zellen refraktär sind, schränken ihren Therapieerfolg ein. Auch die Anwendung von CAR-T-Zellen auf andere Ziele als CD19 und BCMA bleibt wegen des Mangels an tumorspezifischen Antigenen und der Kontrollierbarkeit von CAR-T-Zellen eine Herausforderung.

CD123, ein vielversprechendes Zielmolekül bei Leukämie, wird nicht nur von Leukämie- und Leukämie-initiierenden Zellen exprimiert, sondern auch von myeloischen, hämatopoetischen Vorläufern und bestimmten Endothelzellen. Daher birgt die Gabe von CAR-T-Zellen ohne fein abgestimmte Kontrollmechanismen ein hohes Toxizitätsrisiko [1].

Das Unternehmen GEMoaB hat sich auf die Entwicklung von Immuntherapien der nächsten Generation für schwer behandelbare Krebserkrankungen spezialisiert und prüft aktuell in einer Phase 1-Studie sogenannte UniCAR-T-CD123-Zellen mit einem neuartigen Kontrollmechanismus. GEMoaB hat die Präsentation erster Daten in Form eines Vortrags und eines Posters auf dem Virtual 3rd EHA-EBMT European CAR-T-Cell Meeting vom 4. bis 6. Februar 2021 angekündigt [2].

Über die UniCAR-Plattform

Standard-CAR-T-Zellen benötigen zu ihrer Aktivierung und Proliferation die direkte Bindung an Krebsantigene. Die UniCAR-Plattformtechnologie teilt die Antigenerkennungs- und Rezeptorsignaleigenschaften von CAR-T-Zellen in zwei separate operative Einheiten auf. Die T-Zellen sind so konstruiert, dass sie einen universellen CAR exprimieren (UniCAR-T-Zellen), der ein kleines lineares Peptid erkennt, das vom nukleären humanen La/SS-B-Protein (UniCAR-Epitop [UCE]) abgeleitet ist, und nicht auf der Zelloberfläche präsentiert wird. Folglich bleiben UniCAR-T-Zellen unter physiologischen Bedingungen völlig inaktiv.

Die Antigen-spezifische Aktivierung und Expansion der genmodifizierten UniCAR-T-Zellen vermitteln lösliche Adapter, sogenannte Targeting-Module (TM). Diese bestehen aus einem hochflexiblen Antigen-bindenden Teil, der mit einem kurzen Peptid-Motiv verbunden ist, das von UniCAR-T-Zellen erkannt wird. Daraus ergibt sich ein inhärentes Hauptmerkmal der UniCAR-Plattform: ein rasch umschaltbarer Ein-/Aus-Modus (<4 Stunden nach Unterbrechung der TM-Gabe), der auf der kurzen pharmakokinetischen Halbwertzeit und der raschen Internalisierung der TM beruht.

Damit soll das therapeutische Fenster erweitert und die Wirksamkeit und Sicherheit von CAR-T-Zelltherapien bei schwer behandelbaren Krebserkrankungen einschließlich akuter Leukämien und solider Tumoren verbessert werden.

Um die Ziellandschaft für CAR-T-Zellen und das therapeutische Fenster zu erweitern, passten die Wissenschaftler die universelle CAR-T-Plattform (UniCAR) an CD123 an. Es entstand das UniCAR02-T-CD123-Arzneimittel, eine Kombination einer zellulären Komponente (UniCAR02-T) mit einem rekombinanten Antikörperderivat (TM123), das zusammen den Wirkstoff bildet [1].

Über die UniCAR-T-CD123 Phase IA-Studie

In dieser offenen, nicht-randomisierten "First-in-human"-Phase I-Studie mit Dosissteigerung werden erstmals die Sicherheit, die Nebenwirkungen und die Unbedenklichkeit sowie der therapeutische Nutzen des neuen Studienmedikaments UniCAR02-T-CD123 bei bis zu 16 Patienten mit r/r akuten hämatologischen und lymphatischen Malignitäten untersucht, die positiv auf CD123-Marker sind.

Die Studie dient der Ermittlung der maximal verträglichen Dosis (MTD) sowie der dosislimitierenden Toxizität (DLT) der kombinierten Anwendung einer Einmaldosis von UniCAR-T und einer Dauerinfusion von TM123 über 25 Tage. Die Verabreichung erfolgt nach einer Überbrückungstherapie und Lymphodepletion. Neben der Sicherheit und der initialen Wirksamkeit untersuchen die Forscher in der Studie die Persistenz der UniCAR-T-Zellen im zeitlichen Verlauf sowie die Möglichkeit, UniCAR-T-Zellen im Falle von Nebenwirkungen durch Beendigung der TM-Infusion rasch an- und abzuschalten.

Die Studie wird in ausgewählten deutschen Universitätszentren durchgeführt, die über umfangreiche Erfahrungen mit Phase I-Studien, akuten Leukämien und CAR-T-Zellen verfügen.

Ergebnisse der Studie

Kernpunkte des Vortrags mit dem Titel: "Proof-of-Concept for Rapidly Switchable Universal CAR-T Platform with UniCAR-T-CD123 in Relapsed/Refractory AML" waren:

  • UniCAR-T-CD123 wurden gut vertragen und die Patienten zeigten relativ geringe Nebenwirkungen (CRS Grad 1-2). Bis zum Stichtag wurden keine dosislimitierenden Toxizitäten beobachtet und kein Patient musste therapiebedingt auf eine Intensivstation aufgenommen werden. Die Dosiseskalation von UniCAR-T-CD123 ist im Gange.
  • Die Wissenschaftler beobachteten eine robuste Expansion von UniCAR-T-CD123 im peripheren Blut und Knochenmark, vergleichbar mit konventionellen gegen CD123 gerichteten CAR-T-Produkten. Bei allen behandelten Patienten erholten sich die neutrophilen Granulozyten nach Absetzen der Behandlung mit dem Targeting-Modul TM123 schnell.
  • Die Wissenschaftler sahen außerdem ermutigende Wirksamkeitssignale bei den ersten drei vollständig behandelten Patienten, wobei sie eine partielle Remission und zwei Komplettremissionen mit unvollständiger hämatologischer Erholung beobachten.

Das Poster mit dem Titel "Re-activation of UniCAR-T-Cells with 2nd Cycle of Targeting Module TM123 in a Patient with Relapsed/Refractory AML" fasst die Daten zur Reaktivierung und Re-Expansion von UniCAR-T-Zellen in einem zweiten Therapiezyklus zusammen, die zu einer unvollständigen hämatologischen Erholung bei dem betreffenden Patienten führten.

Fazit

Professor Gerhard Ehninger, Chief Medical Officer von GEMoaB sagte: „Die klinischen Daten bestätigen die Kernthesen unserer UniCAR-Plattform und liefern den klinischen Beweis für die Möglichkeit, UniCAR rasch ein- und auszuschalten und erneut zu aktivieren. Wir freuen uns darauf, unsere Studie weiterzuführen und UniCAR als eine potenziell überlegene zelluläre Immuntherapie-Plattform für Patienten mit schwer behandelbaren fortgeschrittenen hämatologischen Malignomen und soliden Tumoren zu positionieren".

Die Studie ist unter der Nummer NCT04230265 bei ClinicalTrials.gov registriert und wird von der Cellex Patient Treatment GmbH finanziert. Die Studie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des "TurbiCAR Projektes" gefördert.

Quelle:
  1. Loff et al. (2020) Rapidly switchable universal CAR-T cells for treatment of CD123-positive leukemia. Molecular Therapy Oncolytics, DOI: 10.1016/j.omto.2020.04.009
  2. GEMoaB GmbH, Pressemeldung, 04.02.2021
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