ESMO Breast Cancer 2020: Brustkrebs ist nie ganz vorbei

Brustkrebs ist eine chronische Erkrankung. Die Prognose bei längerer Rezidivfreiheit ist zwar günstig. Das Risiko für Rezidive bleibt aber auch über sehr lange Zeit bestehen, wie eine retrospektive Studie aus Dänemark über alle Brustkrebsentitäten hinweg zeigt.

Brustkrebs

Dr. Rikka N. Pedersen von der Abteilung für klinische Epidemiologie der Universität Aarhus in Dänemark und Kollegen hatten Daten von Frauen aus dem dänischen Brustkrebsregister ausgewertet, die zwischen 1987 und 2002 die Diagnose Brustkrebs im Stadium I bis III erhalten hatten. Mit Hilfe von populationsbasierten nationalen Registern identifizierten sie die Patienten, die zehn Jahre nach der primären Operation des Mammakarzinoms noch rezidivfrei überlebt hatten [1]. Von insgesamt 31.528 Brustkrebspatientinnen war dies bei 18.117 Patientinnen der Fall. Die Wissenschaftler untersuchten dann, ob diese Frauen bis zum Stichtag 31.12.2013 noch Rezidive oder einen anderen Tumor entwickelt hatten oder verstorben waren.

15% der Frauen von Spätrezidiven betroffen

Von den über zehn Jahre nach Primär-Operation noch rezidivfrei gebliebenen Patientinnen entwickelten im weiteren Verlauf über insgesamt 106.602 Personenjahre 1.763 doch noch ein Brustkrebsrezidiv.

Dies entsprach einer Inzidenzrate für späte Rezidive von 16,5 pro 1000 Personenjahre (95% Konfidenzintervall [KI] 15,8–17,3). Kumulativ waren nach maximal 27 Jahren Beobachtungszeit etwa 15% der Frauen noch von einem Spätrezidiv betroffen, obwohl sie die ersten zehn Jahre nach primärer Operation rezidivfrei geblieben waren.

Risikofaktoren für späte Brustkrebs-Rezidive

Das kumulative Risiko für späte Rezidive war höher bei Frauen mit einem Östrogenrezeptor(ER)-positiven Mammakarzinom, bei einem Tumor des Stadiums III und bei einer größeren Zahl von befallenen Lymphknoten bei der initialen Diagnose:

  • Ein ER-negatives Mammakarzinom bedeutete ein um fast die Hälfte geringeres Risiko für ein spätes Rezidiv als ein ER-positives Karzinom (Hazard Ratio [HR] 0,57; 95% KI 0,45–0,72).
  • Bei vier und mehr positiven Lymphknoten war das Risiko für ein spätes Rezidiv gegenüber keinem betroffenen Lymphknoten um den Faktor 3 erhöht (Hazard Ratio [HR 3,0; 95% KI 2,47–3,55).
  • Bei einem Tumorstadium III war das Risiko für ein spätes Rezidiv um 85% gegenüber einem Tumor des Stadiums I erhöht (HR 1,85; 95% KI 1,59–2,15).

Vergleich mit anderen Daten zu späten Rezidiven

Für ER-positive Karzinome war auch in einer Metaanalyse das Risiko für ein spätes Brustkrebsrezidiv nach fünf Jahren endokriner Therapie ohne Rückfall etwas höher gewesen [2]. In diese Analyse waren Daten von 62.923 Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom eingeflossen. Als wesentliche Risikofaktoren für ein spätes Rezidiv waren in der Metaanalyse die Tumorgröße und der Lymphknotenstatus identifiziert worden. Einen geringeren Einfluss hatten Tumorstadium und der Proliferationsmarker Ki67. HER2-Status und Progesteronrezeptor-Status waren nach dieser Analyse nicht für das Risiko für späte Rezidive relevant [2].

Unterschiede zwischen dieser Metaanalyse und der aktuell vorgestellten Auswertung aus Dänemark könnten darin begründet sein, dass in Dänemark auch Patienten mit HR-negativen Tumoren eingeschlossen worden waren und die Beobachtung erst zehn Jahre nach primärer chirurgischer Therapie begann. Der Mechanismus der Spätrezidive insbesondere bei HR-positiven Brustkrebserkrankungen ist bislang unklar.

Autor:
Stand:
10.06.2020
Quelle:
  1. Kongressberichte: immer 1. Quelle Vortrag nach dem Muster: Dr. Rikka N. Pedersen: „The risk of late breast cancer recurrence in Denmark during 17 years of follow-up“, ESMO Breast Cancer Virtual Meeting 2020, 23. Mai 2020. https://doi.org/10.1016/j.annonc.2020.03.123
     
  2. Pan H, Gray R, Braybrooke J et al. (2017): 20-Year Risks of Breast-Cancer Recurrence after Stopping Endocrine Therapy at 5 Years. New England Journal of Medicine, doi: 10.1056/NEJMoa1701830.


 

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