Das Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor der Brustdrüse und der häufigste maligne Tumor der Frau. Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat invasive Karzinome ausführlich klassifiziert. In der aktuellen S3-Leitlinie Mammakarzinom aus dem Leitlinienprogramm Onkologie werden die folgenden häufigsten bzw. relevantesten Formen (im Hinblick auf die Typisierung) genannt:
das invasiv duktale Karzinom (nach neuer Nomenklatur nicht-spezifischer Typ [NST])
das invasiv lobuläre Karzinom
das tubuläre Karzinom
das muzinöse Karzinom und
das medulläre Karzinom.
Duktale Karzinome kommen mit 50-80% am häufigsten vor; lobuläre Karzinome sind mit 5-15% Prozent seltener. Die verschiedenen Typen unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Prognose.
Zu Risikoläsionen in der weiblichen Brust zählen:
Intraduktale atypische Hyperplasie (ADH)
Lobuläre intraepitheliale Neoplasie (LIN)
Flache epitheliale Atypie (FEA)
Ductales Carcinoma in Situ (DCIS)
Sie alle entsprechen vom Charakter her einer Neoplasie, unterscheiden sich aber in der Gefahr der Progression. Beim DCIS besteht im Vergleich zu anderen Brustkrebs-Vorstufen das höchste Risiko für die Entwicklung eines manifesten Karzinoms.
Weitere Methoden zur Klassifikation des Mammakarzinoms sind die Klassifikation nach der Größe des Primärtumors und dem Ausmaß der Metastasierung auf der Basis der TNM-Kriterien, molekulare Subtypisierung, der Proliferationsindex Ki67 sowie Genexpressionsraten.
Als lokale bzw. lokoregionale Rezidive werden das Wiederauftreten des Mammakarzinoms in der ipsilateralen Brust, an der ipsilateralen Thoraxwand inklusive der darüberliegenden Haut, der regionalen Lymphknoten der Axilla, der Supra- und Infraklavikularregion und entlang der Mammaria-interna-Gefäße bezeichnet. Das lokale bzw. lokoregionale Rezidiv kann isoliert oder in Kombination mit Fernmetastasen in anderen Organsystemen vorliegen.
Epidemiologie
In allen Industriestaaten ist das Mammakarzinom mit etwa 30,5% die häufigste Krebserkrankung der Frau; derzeit erkrankt eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das mittlere Erkrankungsalter für Brustkrebs liegt mit ca. 64 Jahren bei Frauen einige Jahre unter dem Durchschnitt aller Krebserkrankungen. Insgesamt erkranken pro Jahr ca. 69.000 Frauen an Brustkrebs; mehr als 17.850 Frauen sterben jährlich daran. Pro Jahr werden ca. 6.500 in-situ Karzinome festgestellt. Die 5-Jahres-Prävalenz beim Mammakarzinom betrug 2018 304.100, die 10-Jahres-Prävalenz 559.300. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate erreichte 88%, die relative 10-Jahres-Überlebensrate 83%. Lokalrezidive nach brusterhaltender Operation und Bestrahlung treten mit einer Häufigkeit von 5–10% (nach 10 Jahren) auf.
Die Einführung des Mammographie-Screening-Programms 2005-2009 in Deutschland für Frauen von 50 bis 69 Jahren bewirkte, dass in der ersten Phase viele Tumoren deutlich früher entdeckt wurden als ohne Screening. Zunächst stiegen die Erkrankungsraten in der entsprechenden Altersgruppe sprunghaft an, um seit 2009 wieder kontinuierlich zurückzugehen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, allerdings sehr viel seltener (ca. 1:100).
Ursachen
Die eigentliche Ursache von Brustkrebs ist nicht bekannt. Eine wichtige Rolle spielen jedoch bestimmte Risikofaktoren:
Lebensalter
Das Erkrankungsrisiko steigt mit zunehmendem Alter. Jüngere Frauen sind nur selten betroffen, erst ab dem 40. und besonders ab dem 50. Lebensjahr erhöht sich das Risiko, um ab dem ca. 70. Lebensjahr wieder abzusinken. Jede vierte Betroffene ist jünger als 55 Jahre und jede Zehnte jünger als 45 Jahre.
Hormonelle Faktoren
frühe Menarche
späte Menopause
Hormonersatztherapie postmenopausal
späte oder keine Gravidität
Hormonhaltige Ovulationshemmer beeinflussen die Erkrankungswahrscheinlichkeit hingegen nur geringfügig.
Mammographische Dichte
Die mammographische Dichte wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, beispielsweise durch eine östrogenhaltige Hormonersatztherapie. Frauen mit einer hohen mammographischen Dichte (weniger Fett- und mehr Drüsen- und Bindegewebe) haben ein fünffach erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Die Dichte der Brust kann anhand einer Mammografie in vier verschiedene Dichtgrade unterteilt werden:
Dichtegrad I: fetttransparent, gut durchsichtig
Dichtegrad II: mäßig durchsichtig
Dichtegrad III: dicht
Dichtegrad IV: extrem dicht
Genetische Faktoren
Rund 30% aller Frauen mit einem Mammakarzinom in Deutschland weisen eine familiäre Belastung für Brustkrebs auf und erfüllen die Einschlusskriterien für eine genetische Untersuchung, die vom Deutschen Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs etabliert und validiert wurden. Eine genetische Untersuchung sollte angeboten werden, wenn eine familiäre bzw. individuelle Belastung vorliegt, die mit einer mindestens 10 %-igen Mutationsnachweiswahrscheinlichkeit einhergeht.
Familiäre Risikokonstellationen, bei denen ein Beratungsgespräch und ein Gentest empfohlen werden, sind Familien (entweder mütterlicherseits oder väterlicherseits) mit Erkrankung von mindestens:
3 Frauen an Brustkrebs*
2 Frauen an Brustkrebs, davon 1 Erkrankung < 51. Lebensjahr
1 Frau an Brustkrebs und 1 Frau an Eierstockkrebs*
2 Frauen an Eierstockkrebs*
1 Frau an Brust- und Eierstockkrebs*
1 Frau an Brustkrebs ≤35 Jahren
1 Frau mit beidseitigem Brustkrebs ≤50 Jahren
1 Mann an Brustkrebs und 1 Frau an Brust- oder Eierstockkrebs*
*unabhängig vom Alter
Je nach Ergebnis der Gentestung und individueller Risikoberechnung kann in vielen Fällen die Teilnahme an einer sogenannten intensivierten Früherkennung für Brustkrebs angeboten werden.
Mit einem hohen Erkrankungsrisiko sind Keimbahnmutationen in den BRCA1-, BRCA2-, PALB2- oder RAD51C-Genen verbunden. Etwa 65% aller Frauen mit BRCA-1-Mutationen erkranken vor ihrem siebzigsten Lebensjahr, bei BRCA-2 sind es etwa 45-50%. Frauen mit Hochrisikogenen für Brustkrebs erkranken etwa 20 Jahre früher als Frauen ohne Risiko und haben ein lebenslanges Risiko von etwa 60% an Brustkrebs zu erkranken, eine Wahrscheinlichkeit von 40%, dass auch die Brust der Gegenseite erkrankt sowie ein Risiko von 16-55% an Eierstockkrebs zu erkranken. Ein mittleres Risiko haben Patientinnen mit Keimbahnmutationen in den STK11 und LKB1 (Peutz-Jeghers-Syndrom)-, ATM (Ataxia teleangiectasia)-, PTEN (Cowden-Syndrom)-, CHEK-2- oder anderen Genen sowie dem Li-Fraumeni-Syndrom.
Zu den weiteren Risikofaktoren gehören:
Übergewicht und Bewegungsmangel nach den Wechseljahren
erhöhter Alkoholkonsum (RR 1,46 bei ≥45 g Alkohol/Tag)
Rauchen
Bestrahlungen des Brustkorbes in der Kindheit (z. B. bei Lymphom)
kontralaterales Mammakarzinom (Erstkarzinom)
Pathogenese
In epidemiologischen Studien zeigt sich, dass die Pathogenese des Mammakarzinoms ein multifaktorielles Geschehen ist, bei der oben genannte Risikofaktoren bekannt sind.
Symptome
Etwa die Hälfte der Mammakarzinome treten im oberen äußeren Bereich der Brust auf, ca. 15 % im inneren oberen Bereich. Die linke Brust ist etwas häufiger betroffen als die rechte.
Anzeichen eines möglichen Mammakarzinoms
Anzeichen für ein mögliches Mammakarzinom sind:
tastbarer Knoten (meist erst ab ca. 1-2 cm Größe tastbar), abhängig von der Lage, der Brustbeschaffenheit und der Brustgröße. Verdächtige Knoten lassen sich nicht verschieben, fühlen sich fest an und sind schmerzlos.
Hautveränderung oberhalb des Tumors, z. B. Orangenhaut (peau d‘orange), Einziehung der Haut, Veränderung der Kontur, Asymmetrie der Brust, Einziehung der Mamille, Sekretion oder Blutung aus der Mamille auf der betroffenen Seite, Rötung und Überwärmung bei inflammatorischem Mammakarzinom. In fortgeschrittenem Stadium kann es zu Exulzerationen und Panzerkrebs (Cancer en cuirasse) kommen.
tastbar vergrößerte Lymphknoten in Axilla oder Supraklavikularregion
Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Gewichtsabnahme und Leistungsminderung kommen. Hinweise auf mögliche Metastasen sind ein Lymphödem des Arms durch Lymphknotenmetastasen der Axilla, Knochenschmerzen bei Skelettmetastasen, Husten und Dyspnoe bei pulmonaler und/oder pleuraler Metastasierung, Ikterus und Leberinsuffizienz bei fortgeschrittener Lebermetastasierung oder neurologische Symptome bei zerebraler Metastasierung.
Diagnostik
Diagnostik bei einer lokoregionär begrenzten Erkrankung
Für Patientinnen mit Mammakarzinom, unklaren oder suspekten Befunden sowie Präkanzerosen stehen neben der sorgfältigen klinischen Untersuchung folgende Diagnosemethoden zur Verfügung:
Mammographie inkl. mammographischer Zusatzaufnahmen (z. B. Vergrößerungsmammographie)
Mammasonographie mit Hochfrequenzsonden (7,5–12 MHz analog der DEGUM-Empfehlung)
interventionelle Methoden wie Stanzbiopsie und Vakuumbiopsie
Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittelgabe
Galaktographie
Pneumozystographie (weitgehend durch hochfrequente Sonographietechnik ersetzt)
Feinnadelpunktion (nur in speziellen Einzelfällen, z. B. Lymphknotenpunktion Axilla)
Basisuntersuchungen
Als Basisuntersuchungen gelten:
Anamnese und klinische Brustuntersuchung: Inspektion, Palpation von Brust und Lymphabflussgebieten
Mammographie
Ultraschall
Ergibt die klinische Brustuntersuchung einen auffälligen Befund, soll die Diagnostik durch geeignete bildgebende Verfahren und ggf. eine histologische Untersuchung komplettiert werden. Wird in der Bildgebung gemäß BI-RADS (Breast Imaging Report and Data System des American College of Radiology) ein Befund der Kategorie IV oder V festgestellt, wird eine Biopsie mittels Stanze oder Vakuum empfohlen, die histopathologisch untersucht werden muss.
Nach Diagnosestellung folgt bei neu diagnostiziertem Mammakarzinom ab dem Stadium II gemäß der Internationalen Vereinigung gegen Krebs (Union internationale contre le cancer (UICC) II mit erhöhtem Risiko sowie III und IV ohne Symptomatik für eine Metastasierung ein Staging (Lunge, Leber, Skelett) mit CT Thorax/Abdomen und Skelettszintigraphie Ein bildgebendes Staging empfiehlt die Leitlinie zudem bei neu diagnostiziertem Mammakarzinom und dem klinischen Verdacht auf Metastasen. Ein Ganzkörperstaging ist bei Frauen mit höherem Metastasierungsrisiko (N+, > T2) und/oder aggressiver Tumorbiologie (z.B. HER2+, triple-negativ), klinischen Zeichen, Symptomen und geplanter Entscheidung zur systemischen Chemo-/Antikörpertherapie indiziert.
Triple-negativ bedeutet, dass auf der Oberfläche der Tumorzellen weder der Östrogenrezeptor (ER) noch der Progesteronrezeptor (PR) noch der Wachstumsfaktorrezeptor HER2 in relevantem Maß gefunden werden kann. Damit fehlen die Angriffspunkte für zielgerichtete Therapien.
In Kombination mit der histologischen Aufarbeitung der präoperativ entnommenen Stanzen inkl. der dort gewonnenen immunhistochemischen Befunde (Östrogen- und Progesteronrezeptor, HER2-Status) im Rahmen eines prätherapeutischen Konsils kann mit den genannten nichtinvasiven und invasiven diagnostischen Methoden eine gezielte Operations- und Therapieplanung durchgeführt werden.
Klassifikation und Einteilung
Das Mammakarzinom wird auf Basis der TNM-Kriterien klassifiziert und mittels UICC-Einteilung in die verschiedenen Stadien unterteilt.
Der histologische Grad wird als BRE-Score nach dem System von Bloom, Richardson und Scarff, modifiziert nach Ellis, bestimmt.
Zusätzlich wird das Mammakarzinom in molekulare Subtypen unterteilt. Sie sind entscheidend für die spätere Therapie:
Tabelle 5: Molekulare Subtypen des Mammakarzinoms und Definition von Surrogatparametern:
Molekularer Subtyp
Subgruppe
Definition (Approximation mit Surrogatparametern)
Anmerkungen
Luminal A
ER und PgR positiv
HER2 negativ
Ki67 niedrig
„luminal A-like“
Luminal B
HER2 negativ
ER positiv und eines der folgenden Kriterien • PgR negativ • Ki67 hoch
„luminal B-like“ HER2 negativ
HER2 positiv
ER positiv • HER2 überexprimiert oder amplifiziert • Ki67 niedrig oder hoch
„luminal B-like“ HER2 positiv
HER-2 enriched
HER2 überexprimiert oder amplifiziert
ER und PgR negativ
Basal like
ER und PgR negativ
HER2 negativ
weitgehende Überlappung mit dem triple (dreifach) negativen Karzinom
ER – Östrogenrezeptor, HER2 – Human Epidermal Growth Factor Receptor 2, Ki67 - PgR – Progesteronrezeptor,
Therapie
Im lokal begrenzten, lokal fortgeschrittenen und lokal rezidivierten Stadium ist der Therapieanspruch kurativ mit einer multimodalen Therapie. Neben der Operation umfasst sie die Bestrahlung sowie die medikamentöse Therapie mit Einsatz von antihormonell, zytostatisch, gezielt und osteoprotektiv wirksamen Arzneimitteln. Im metastasierten Stadium ist der Therapieanspruch palliativ mit dem Ziel, Symptome zu lindern und die Überlebenszeit zu verlängern. Die Wahl der jeweiligen Therapie hängt von den Untersuchungsergebnissen ab und sollte in einem Brustkrebszentrum und in einer Tumorkonferenz erfolgen. Alle Therapien bei Brustkrebs sind stark individualisiert. Für alle Stadien nach TNM-System ohne Fernmetastasen verfolgt die Therapie primär ein kuratives Ziel. Erst ab Stadium IV mit mindestens einer Fernmetastase ist das Behandlungskonzept palliativ.
Operative Therapie
Insbesondere die Einführung der Sentinel-Node-Biopsie hat zu Fortschritten in der operativen Therapie des primären Mammakarzinoms geführt. Durch die Beschränkung der konventionellen axillären Lymphonodektomie auf Fälle mit klinisch bzw. sonographisch befallener Axilla verringert sich für ca. 70–80% der Patientinnen die Operationsradikalität und somit die Kurz- und Langzeitmorbidität.
Der vermehrte Einsatz von intramammären Rekonstruktionen mit glandulärer Rotationslappen-Technik und Defektdeckung mittels lokaler Lappentechniken, insbesondere mittels thorakoepigastrischem Verschiebelappen, ermöglichen heute eine Brusterhaltung auch bei größeren Gewebsresektionen mit annehmbaren kosmetischen Ergebnissen und wiederhergestellter Körperintegrität bei maximaler onkologischer Sicherheit.
Ziel der operativen Therapie ist eine möglichst vollständige Entfernung des Tumors (R0-Resektion), da ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Resektionsrand und möglichen Lokalrezidivraten besteht.
Es kann brusterhaltend (BET) operiert werden oder eine Mastektomie durchgeführt werden. Bei einer BET folgt meist eine Bestrahlung der gesamten Brust, was prognostisch in etwa der Mastektomie ebenbürtig ist. Eine BET ist indiziert bei lokal begrenzten nicht-invasiven Karzinomen (DCIS), invasiven Karzinomen mit günstiger Relation von Tumorgröße zu Brustvolumen und invasiven Karzinomen mit intraduktaler Begleitkomponente, solange die Resektionsränder im Gesunden verlaufen. Eine Mastektomie hingegen sollte erfolgen, wenn der Tumor auch nach Nachresektion nicht vollständig entfernt werden kann, ein inflammatorisches Mammakarzinom vorliegt, eine Kontraindikation zur Nachbestrahlung bei BET trotz absoluter Indikation für eine Bestrahlung vorliegtund bei Wunsch der aufgeklärten Patientin.
Neben der Aufklärung über die verschiedenen Therapieoptionen sollen alle Betroffenen darüber informiert werden, dass sowohl sofort als auch später eine Brustrekonstruktion möglich ist.
Systemische Therapie
In der primären systemischen Therapie hat die Chemotherapie – bei rezeptornegativen Tumoren – zu beachtlichen histopathologischen Komplettremissionsraten geführt, sodass bisher als inoperabel geltende Mammakarzinome operiert und die Rate an brusterhaltenden Operationen erhöht werden konnte.
Die postoperative Strahlentherapie führt zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle und zur Senkung der Mortalität. Dies gilt sowohl für die perkutane Radiotherapie nach brusterhaltender Operation als auch nach Mastektomie. Bestrahlt werden alle Frauen nach BET wegen eines invasiven Karzinoms.
Die adjuvante Systemtherapie hat infolge der Renaissance der adjuvanten endokrinen Therapie bei postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren einen neuen Stellenwert erhalten. Insbesondere bei postmenopausalen Patientinnen mit endokrin sensiblen Tumoren erwies sich der Einsatz der Aromatasehemmer als Upfront-Therapie, als Sequenztherapie („switch“) sowie in Form einer erweiterten adjuvanten Therapie nach regulärer 5-jähriger Tamoxifen-Therapie als erfolgversprechend.
Auch bei der adjuvanten systemischen Chemotherapie sind bei einem optimalen Einsatz der Taxane bzw. der dosisdichten und dosisintensivierten Chemotherapie kurz- und mittelfristig weitere Therapieerfolge zu erwarten. Besondere Beachtung haben die Ergebnisse der adjuvanten Therapie mit Trastuzumab gefunden.
Die adjuvante Systemtherapie hat infolge der Renaissance der adjuvanten endokrinen Therapie bei postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren einen neuen Stellenwert erhalten. Insbesondere bei postmenopausalen Patientinnen mit endokrin sensiblen Tumoren erwies sich der Einsatz der Aromatasehemmer als Upfront-Therapie, als Sequenztherapie („switch“) sowie in Form einer erweiterten adjuvanten Therapie nach regulärer 5-jähriger Tamoxifen-Therapie als erfolgversprechend.
Medikamentöse Therapie
Für die adjuvante medikamentöse Therapie wird in HR-positive und HR-negative Mammakarzinome unterschieden. HR bezieht sich auf den Hormonrezeptor. Damit ein Karzinom sensitiv ist für eine endokrine Therapie, müssen mindestens 1% ER- oder PR-positive Tumorzellen im immunhistochemischen Nachweis gefunden werden. Die verschiedenen Regime sind sehr komplex. Deshalb wird hier nur exemplarisch auf einzelne Fälle eingegangen. Das genaue Therapieregime wird jeweils von dem zuständigen Tumorboard festgelegt. Die verschiedenen Optionen werden in der aktuellen Leitlinie aufgeschlüsselt.
Sofern eine Chemotherapie durchgeführt wird, folgt eine Hormontherapie erst danach. wird. Prämenopausal wird in allen Stadien für fünf Jahre Tamoxifen gegeben und in den höheren Stadien kombiniert mit weiteren antihormonellen Wirkstoffen. Postmenopausal erhalten die Frauen einen Aromatasehemmer mit oder ohne Tamoxifen für mehrere Jahre. Das genaue Regime wird vom Tumorboard festgelegt.
HER2-positiven Mammakarzinome werden mit Trastuzumab oder Trastuzumab in Kombination mit Pertuzumab behandelt. Triple-negative Mammakarzinome haben eine ungünstige Prognose. Sie können mit Anthrazyklinen und Taxanen behandelt werden.
Eine neoadjuvante Therapie ist im Rahmen eines multimodalen Konzeptes indiziert, wenn das Mammakarzinom bereits lokal fortgeschritten ist, primär inoperabel oder inflammatorisch. Andere Gründe können sein, dass eine Mastektomie vermieden werden soll und die sonst postoperativ begonnene medikamentöse Therapie zur Größenreduktion des Primärtumors vorgezogen wird, oder sie als Alternative zu einer postoperativen adjuvanten Therapie dient.
Chemotherapie
Ob eine adjuvante Chemotherapie notwendig ist, hängt unter anderem vom Grading und dem Hormonstatus ab.
Die Leitlinie nennt folgende Indikationen für eine adjuvante Chemotherapie
endokrin nicht sensitive Tumore (ER-und PgR-negativ)
fraglich endokrin sensitive Tumoren
nodal-positive Tumoren, wobei momentan geprüft wird, ob bei Patientinnen mit wenig befallenen Lymphknoten (1–3) und günstiger Tumorbiologie (Luminal A) auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden kann)
G 3
junges Erkrankungsalter (<35 Jahre)
Auch die Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie wird im Tumorboard getroffen und individuell auf die Patientin abgestimmt.
Die Forschung an BRCA-defizienten Zelllinien führte dazu, dass die Substanzklasse der PARP-Inhibitoren in klinischen Prüfungen eingesetzt wurde Für das metastasierte BRCA1/2-assoziierte Ovarialkarzinom ließ sich bereits eine Wirksamkeit nachweisen, was zur Zulassung von PARP-Inhibitoren führte. Für das Mammakarzinom fehlt noch ein endgültiger Wirksamkeitsnachweis, derzeit laufen dazu prospektive klinische Studien.
Prognose
Die Prognose Bei Brustkrebs wird vor allem vom Stadium und von der Biologie der Erkrankung bestimmt. Heilungsraten und Überlebenszeit haben sich durch Fortschritte in der Diagnostik und Therapie in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Rechtzeitig erkannt und leitliniengerecht behandelt, sind die meisten Brustkrebs-Erkrankungen heilbar.
So ist auch die krebsspezifische Mortalität in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate aller Patientinnen liegt bei 87%, bei Patientinnen mit lokal begrenzten Stadien deutlich höher. Allerdings muss bei Brustkrebs auch nach längerer Zeit noch mit dem Auftreten von Lokalrezidiven oder Metastasen gerechnet werden, so dass eine konsequente Nachsorge essentiell ist.
Triple-negative Tumoren haben eine schlechtere Prognose.
Beim Auftreten von Lokalrezidiven beträgt die mediane 5-Jahres-Überlebensrate 65%, bei Rezidiven an der Thoraxwand nach Mastektomie bzw. Rezidiven in der Axilla 50% bzw. 55%, bei multilokal auftretenden lokoregionalen Rezidiven 21%.
Prophylaxe
Allgemeine Empfehlungen
Allgemeine Empfehlungen, um Brustkrebs vorzubeugen, sind:
Übergewicht und postmenopausale Gewichtszunahme vermeiden
regelmäßige körperliche Bewegung
Verzicht auf Rauchen
Verzicht auf exzessiven Alkoholkonsum
keine postmenopausale Hormontherapie
eine gesunde Ernährung
Früherkennungsmaßnahmen
Das gesetzliche Früherkennungsprogramm bietet Frauen ab 30 Jahren die Möglichkeit einer jährlichen Tastuntersuchung beim Arzt. Zwischen 2005 und 2009 wurde in Deutschland das qualitätsgesicherte Mammographie-Screening-Programm eingeführt, das Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre zur Mammographie einlädt. Insgesamt kann etwa ein Drittel der Senkung der brustkrebsspezifischen Mortalität der letzten Jahrzehnte der mammographischen Früherkennung zugeschrieben werden. Zusätzlich empfehlen die deutschen Fachgesellschaften weiterhin, im Rahmen der Selbstuntersuchung einmal im Monat die Brust im Spiegel anzuschauen und abzutasten.
Maßnahmen bei Frauen mit Nachweis von Brustkrebsgenen
Als einzige risikoreduzierende Methode bei gesunden Frauen mit Nachweis von Brustkrebsgenen steht bislang nur die vorsorgliche beidseitige Mastektomie zur Verfügung. Daneben wird wegen des erhöhten Risikos für Ovarialkarzinome auch die beidseitige Salpingo-Oophorektomie empfohlen. Die prophylaktische Mastektomie senkt das Erkrankungsrisiko für ein Mammakarzinom um mehr als 95%, die prophylaktische beidseitige Salpingo-Oophorektomie das Risiko für Eierstockkrebs um 97%.
Mit einer intensiven Früherkennungsuntersuchung als Alternative zur Mastektomie lässt sich Brustkrebs zwar nicht verhindern, aber in einem sehr frühen Tumorstadium diagnostizieren und therapieren. Die Früherkennung sollte nur in auf familiären Brust- und Eierstockkrebs spezialisierten Zentren durchgeführt werden.
Zu den Früherkennungsmaßnahmen bei Frauen mit hohem familiärem Risiko zählen:
halbjährliche ärztliche Tastuntersuchung der Brüste
halbjährliche Sonographie der Brüste
jährliche Mammographie
jährliche MRT der Brüste
Diese Maßnahmen müssen deutlich früher beginnen als für die Allgemeinbevölkerung üblich. Empfohlen wird ab dem Alter von 25 Jahren mit dem Programm zu beginnen oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie. Wird Brustkrebs im Frühstadium entdeckt, liegen die Heilungschancen bei 85%.
Onko Internetportal: Brustkrebs- Basis-Infos für Patientinnen und Angehörige
Leitlinienprogramm Onkologie: Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Kurzversion 4.1, September 2018. AWMF-Registernummer: 032-045OL
Leitlinienprogramm Onkologie: Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Langversion 4.1 – September 2018 AWMF-Registernummer: 032-045OL
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.: Onkopedia Leitlinien- Mammakarzinom der Frau
Robert-Koch-Institut: Zentrum für Krebsregisterdaten- Brustkrebs (Mammakarzinom)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): gesundheitsinformation.de- Brustkrebs
Leitlinienprogramm Onkologie. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.4. AWMF-Registernummer: 032-045OL. Juni 2021 [zuletzt aufgerufen am 30. Dezember 2021
Abbildung
Adapted from “Graphical representation of the types of breast cancer”, by BioRender.com