
Hintergrund
Hirnmetastasen (engl. brain metastases [BM]) entwickeln sich bei etwa 30% aller Patientinnen mit metastatischen Brustkrebs und haben aufgrund der entstehenden kognitiven und motorischen Einschränkungen einen großen Einfluss auf die Lebenserwartung und Lebensqualität. Das Wissen über Behandlungsmuster und -ergebnisse ist derzeit begrenzt.
Zielsetzung
Ein Forscherteam um Volkmar Müller vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf initiierte die Brain Metastases in Breast Cancer Network Registry, um die Datenlage zu diesem klinisch wichtigen Patientenkollektiv zu verbessern [1]. Ziel sind die Entwicklung besserer Behandlungs- und Präventionsstrategien bei BM.
Methodik
Die Wissenschaftler untersuchten retrospektiv klinische Daten von 1.712 Patientinnen, die zwischen Januar 2000 und Dezember 2016 mit BM diagnostiziert wurden. An der Registerstudie nahmen 80 deutsche Zentren teil.
Ergebnisse
Das mediane Alter der Patientinnen bei der Diagnose der BM betrug 56 Jahre (22-90 Jahre). Bei 47,8% (n=732) der Patienten lag ein HER2-positiver, bei 21,4% (n=328) ein dreifach negativer und bei 30,8% (n=471) ein Hormonrezeptor (HR)-positiver, HER2 (humaner epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor 2)-negativer (Luminal-Typ) Primärtumor vor. Der Anteil von Patientinnen mit HER2-positiven BM nahm im Vergleich der Jahre 2000-2009 zu 2010-2015 ab (51%-44%), während der Prozentsatz der Patientinnen mit luminal-ähnlichen Tumoren sich erhöhte (28%-34%; p=0,0331). Bei Patientinnen mit BM in der hinteren Schädelgrube lag häufiger ein HER2-positiv Primärtumor vor (n=169/314, 53,8%) als bei denjenigen mit dreifach-negativem primärem Brustkrebs (n=65/314, 20,7%) oder mit primärem Brustkreb vom Luminal-Typ (n=80/314, 25,5%), (p<0,0001).
Das mediane Gesamtüberleben (engl. overall survival [OS]) nach der Bildung von BM betrug für die gesamte Patientenkohorte 7,4 Monate (95%-KI: 6,7–8,0 Monate). Die 1-Jahres-Überlebensrate lag bei 37,7% (95%-KI: 35,2%–40,1%). Patientinnen mit HER2-positiven Primärtumoren wiesen das längste mediane OS auf (11,6 Monate; 95%-KI: 10,0–13,4 Monate). Patientinnen mit BM bei einem Primärtumor vom Luminal-Typ lebten dagegen nur 5,9 Monate (95%-KI: 5,0–7,2 Monate), Patientinnen mit BM bei dreifach-negativem Brustkrebs-Subtyp 4,6 Monate (95%-KI: 3,9–5,4 Monate).
Die Studie unterliegt einer Reihe von Einschränkungen, wie zum Beispiel der wegen der längeren Überlebenszeit möglichen Überrepräsentation von Patientinnen HER2-positivem Primärtumor. Außerdem umfasst die Anzahl der dokumentierten Fälle mit BM nur einen Teil der deutschlandweit erwarteten Fälle.
Fazit
Die Analyse der Daten der bisher größten repräsentativen Kohortenstudie an Brustkrebspatientinnen nach der Entwicklung von BM zeigt, dass der Subtyp des Primärtumors die Lokalisation von BM und die Prognose signifikant beeinflusst. Die Prognose in dieser Kohorte war ähnlich ungünstig für Patientinnen mit dreifach-negativen und HR-positiven/HER2-negativen Tumoren.
Die Studie wurde aus eigenen Ressourcen der 80 teilnehmenden Zentren finanziert.