
Der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) war es von Anfang an wichtig, dass diese potenziell sehr wirksame Therapie rasch nach Zulassung für Patienten zugänglich gemacht wird, betonte Professor Dr. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO, anlässlich des 34. Deutschen Krebskongresses [1]. Bis Februar 2020 haben sich in Deutschland 27 Zentren für die qualitätsgesicherte CAR-T-Zelltherapie qualifiziert. Dabei konnte ein praktisch flächendeckendes Angebot erreicht werden – anders als in manchen europäischen Nachbarländern, wie Wörmann mit Blick beispielsweise auf Frankreich betonte.
CAR-T-Zelltherapie braucht unabhängige Qualitätssicherung
Schon im Rahmen der Zulassung hatte die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) 2018 wegen der besonderen Anforderungen an das Therapie- und Nebenwirkungsmanagement die Durchführung der Therapie in spezialisierten Zentren gefordert. In Deutschland begannen die forschenden Arzneimittelhersteller daher eigenständig mit der Qualifizierung von Zentren. Es sei aber nicht im Interesse der Qualitätssicherung, dass Unternehmen oder Krankenkassen die Entscheidung über die behandelnden Zentren treffen, betonte Wörmann. Die DGHO habe daher frühzeitig alle Interessensgruppen an einen Tisch geholt, um die Rahmenbedingungen für eine rasche und qualitätsgesicherte Implementierung der CAR-T-Zelltherapie in der Regelversorgung zu vereinbaren. Es wurde abgestimmt, dass die Behandlungszentren durch Qualitätskriterien selektiert werden sollen.
Notwendige Kompetenzen für CAR-T-Zelltherapie
Die DGHO hat mit ihrem Positionspapier zur qualitätsgesicherten Durchführung der CAR-T-Zelltherapie in Deutschland Kriterien für die zu fordernde Kompetenz von Zentren vorgeschlagen [2]. Daraus resultierte ein 3-Säulen-Modell mit spezifischen Forderungen an die Zelltherapie-, krankheitsspezifische und intensivmedizinische Kompetenz.
Zelltherapiekompetenz
Ein Zentrum, das die CAR-T-Zell-Therapie anbieten möchte, sollte eine hohe zelltherapeutische Kompetenz aufweisen. Voraussetzungen sind Erfahrung in der Stammzelltransplantation und das Vorhalten entsprechender Strukturen. Damit soll eine gute klinische Praxis bei der Gewinnung der T-Zellen (Leukapherese) und dem gesamten Handling der T-Zellen und des CAR-T-Zell-Präparates gewährleistet werden.
Krankheitsspezifische Kompetenz
Aktuell ist die CAR-T-Zelltherapie für die rezidivierte oder refraktäre akute lymphatische Leukämie (r/r ALL) von Kindern und jungen Erwachsenen sowie für die Therapie rezidivierter/refraktärer diffus großzelliger B-Zell-Lymphome (r/r DLBCL) und primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphom (PMBCL) zugelassen. Daher werden von den Behandlungszentren Kompetenzen im Bereich von Diagnose und Differenzialtherapie von Lymphomen, Leukämien und in der pädiatrischen Onkologie gefordert. Zentren sollten mindestens 20 erwachsene Patienten mit ALL in 3 Jahren behandeln und Mitglied in der deutschen ALL-Studiengruppe GMALL sein, um erwachsene Patienten mit ALL mit CAR-T-Zellprodukten zu behandeln. Für die Therapie von Kindern mit rezidivierter ALL ist die Teilnahme an der entsprechenden Onkologievereinbarung verpflichtend, die schon länger strikte Anforderungen an die entsprechenden Zentren stellt. Zur Therapie der r/r DLBCL mit CAR-T-Zellen werden von Zentren mindestens 50 behandelte Patienten in 3 Jahren und die Mitgliedschaft in der Studiengruppe der German Lymphoma Allianz (GLA) gefordert.
Intensivmedizinische Kompetenz
Da im Rahmen der CAR-T-Zelltherapie schwere und auch lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie Zytokinfreisetzungssyndrom oder Neurotoxizität auftreten können, sollte in räumlicher Nähe zum Behandlungszentrum eine Intensivstation vorhanden sein. Es muss jederzeit die Möglichkeit zur Endoskopie einschließlich Bronchoskopie, invasiven Beatmung und Dialyse vorhanden sein. Zum Umgang mit Komplikationen der CAR-T-Zelltherapie müssen spezifische Standard Operating Procedures (SOPs) implementiert werden und die rasche und ungehinderte Aufnahme von intensivpflichtigen Patienten auf die Intensivmedizin muss gewährleistet sein.
Ausblick für die CAR-T-Zelltherapie in Deutschland
Die teils zähen Verhandlungen um die Strukturen der CAR-T-Zelltherapie gehen weiter. Laut Wörmann stehen derzeit Aktualisierungen der Kriterien an und erste deutsche und europäische Registerdaten sollen ausgewertet werden. Sobald es zur Zulassung weiterer CAR-T-Zelltherapien kommt, wie es für Ende 2020 erwartet wird, muss das 3-Säulenmodell dann auf diese neue Situation übertragen werden.