Checkpoint-Inhibitoren und Lebensqualität

Immuncheckpoint-Inhibitoren wirkten sich günstig auf die Lebensqualität von Patienten mit soliden Tumoren aus und konnten mit anderen Krebsmedikamenten kombiniert werden, ohne die Lebensqualität zu verschlechtern, wie eine Metaanalyse randomisierter Studien zeigt.

Krebspatientin

Hintergrund

Derzeit werden Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Immuntherapeutika oder anderen Krebsmedikamenten, wie gezielten Therapien oder Chemotherapien, verabreicht. Sowohl die Wirksamkeits- als auch die Toxizitätsprofile von ICI unterscheiden sich signifikant von denen anderer Klassen von Krebsmedikamenten.

Die Lebensqualität von Patienten mit metastasierender Krebserkrankung hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von den durch den Tumor verursachten Symptomen, welche wiederum durch die Wirksamkeit und Toxizität der Behandlungen beeinflusst werden.

Obwohl die Wirksamkeit von ICI in den letzten Jahren umfassend untersucht wurde, wurde ihre Assoziation mit der Lebensqualität der Patienten kaum erforscht.

Zielsetzung

Italienische Wissenschaftler um Dr. Laura Pala von der Division of Melanoma, Sarcomas, and Rare Tumors am European Institute of Oncology in Mailand und vom Italy Oncology Unit, Humanitas Gavazzeni, in Bergamo, sowie US-amerikanische Kollegen bewerteten in einer systematischen Überprüfung und Metaanalyse patientenberichtete Ergebnisse (patient-reported outcomes [PRO]), die in randomisierten klinischen Studien (randomized controlled trials [RCT]) von immuntherapiebasierten Behandlungen im Vergleich zu anderen Krebsbehandlungen fortgeschrittener solider Tumore ausgewertet wurden. Sie publizierten die Ergebnisse im Fachmagazin JAMA Network Open [1].

Methodik

Die Wissenschaftler suchten in den Datenbanken PubMed, Medline, Embase und Scopus nach RCT, die vom Beginn der jeweiligen Datenbank bis zum 1. Juni 2021 aufgenommen worden waren und in denen Inhibitoren des programmierten Zelltodrezeptors 1 (programmed cell death receptor 1 [PD-1]), des Liganden 1 des programmierter Zelltod-Proteins (programmed cell death ligand 1 [PD-L1]) und des zytotoxischen T-Lymphozyten-assoziierten Antigens-4 (cytotoxic T-lymphocyte–associated antigen 4 [CTLA-4]) als Monotherapie oder in Kombination mit einem anderen ICI und/oder anderen Krebsmedikamenten (gezielter Therapie oder Chemotherapie) im Vergleich zu Kontrollgruppen ohne Immuntherapie bei Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren bewertet wurden.

Dabei mussten die PRO mithilfe der Global Health Status (GHS)-Skala des Core Quality of Life Questionnaire (QLQ-C30) der European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) oder der EuroQol Health-Related Quality of Life 5-Dimension, 3-Level (EQ-5D-3L) Visual Analog Scale (VAS) erhoben worden sein.

Zwei Autoren überprüften unabhängig voneinander die Volltextartikel über die Studien. Sie extrahierten Daten zu den folgenden Variablen: Name der Studie, Erstautor und Jahr der Veröffentlichung, Studiendesign und Verblindung, Studienphase, zugrunde liegendes malignes Neoplasma, Anzahl der Patienten, mediane Nachbeobachtungszeit, Behandlungsgruppen, Therapielinie, verwendete PRO-Skala und PRO-Ergebnisse.

Diese Metaanalyse wurde gemäß den PRISMA-Richtlinien und den Empfehlungen des Setting International Standards in Analyzing Patient-Reported Outcomes and Quality of Life Endpoints Data Consortium durchgeführt.

Die koprimären Endpunkte der Metaanalyse waren: (1) die gepoolten Unterschiede in der mittleren Veränderung des PRO-Scores vom Ausgangswert bis 12 bzw. 24 Wochen Nachbeobachtungszeit zwischen den Behandlungsgruppen und (2) die gepoolten Unterschiede in der Zeit bis zur Verschlechterung des PRO-Scores zwischen den Behandlungsgruppen. Für jeden Endpunkt wurden die RCT entsprechend der Art der in der experimentellen Gruppe verabreichten Behandlung analysiert: ICI als Monotherapie, ICI in Kombination mit Chemotherapie oder ICI in Verbindung mit einem anderen ICI und/oder mit gezielten Therapien.

Ergebnisse

Die Wissenschaftler identifizierten 2.259 Berichte über RCT. 34 davon mit insgesamt 18.709 Patienten erfüllten die Auswahlkriterien und wurden in den Analysen berücksichtigt.

In 19 RCT wurden ICI als Monotherapie getestet. Hier ermittelten die Wissenschaftler eine gepoolte Differenz der mittleren Veränderung vom Ausgangswert bis zu 12 Wochen Nachbeobachtungszeit von 4,6 (95%-Konfidenzintervall [KI] 2,8 bis 6,4), und eine gepoolte Differenz der mittleren Veränderung vom Ausgangswert bis zu 24 Wochen Nachbeobachtungszeit von 6,1 (95%-KI 4,2 bis 8,1) zwischen den Gruppen. Diese Veränderungen im PRO-Score konnten als klinisch bedeutsame Veränderungen in der Lebensqualität der Patienten gewertet werden.

In acht RCT wurden ICI in Kombination mit Chemotherapie getestet. Die gepoolte Differenz der mittleren Veränderung bis zu Woche 12 betrug 1,4 (95%-KI −0,4 bis 3,2) und bis zu Woche 24 2,5 (95%-KI −0,8 bis 5,9).

In acht RCT wurden ICI in Kombination mit anderen ICI-haltige Kombinationen getestet. Die gepoolte Differenz der mittleren Veränderung bis zu Woche 12 betrug 2,1 (95%-KI −0,8 bis 5,0) und bis zu Woche 24 ebenfalls 2,1 (95%-KI −0,4 bis 4,5).

In allen drei untersuchten RCT-Gruppen fanden die Wissenschaftler in den Gruppen mit Immuntherapien eine signifikant längere Zeit bis zur Verschlechterung als in den Kontrollgruppen (Hazard Ratio 0,80 [95%-KI 0,70-0,91] für ICI als Monotherapie, 0,89 [95%-KI 0,78-1,00] für ICI plus Chemotherapie und 0,78 [95%-KI 0,63-0,96] für andere ICI-haltige Kombinationen).

Fazit

ICI als Monotherapie scheinen eine günstige Assoziation mit der von Patienten berichteten Lebensqualität zu haben und können mit anderen Klassen von Krebsmedikamenten kombiniert werden, ohne die Lebensqualität zu verschlechtern, schlussfolgerten die Studienautoren aus ihrer Metaanalyse von Daten von mehr als 18.000 Patienten mit soliden Tumoren in 34 RCT.

Die Studienautoren bemerkten, dass PRO oft nur in sekundären Publikationen und verzögert veröffentlicht wurden. Sie meinten, dass die Wahrnehmung der Patienten, wie sich Therapien auf ihre Lebensqualität auswirken, nicht von der Hauptanalyse der Studienergebnisse getrennt bewertet werden sollte, um eine unvoreingenommene Bewertung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses neuer therapeutischer Ansätze zu erreichen. Außerdem sollte deutlich mehr Zeit für die Sammlung von Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität in Studien, in denen ICI getestet werden, eingeplant werden, da der Prozentsatz der Langzeitüberlebenden durch ICI signifikant erhöht wurde.

Weiterhin sollten mögliche Unterschiede zwischen Patienten mit unterschiedlichen Tumorhistotypen in zukünftigen Studien detaillierter untersucht werden. Die Autoren wiesen ferner darauf hin, dass bisher nur die Ergebnisse weniger RCT berichtet wurden, in denen ICI in der neoadjuvanten oder adjuvanten Behandlungssituation getestet wurden. Diese wurden in die aktuelle Analyse nicht einbezogen. Daher sollten sich die Schlussfolgerungen aus dieser Arbeit auf Patienten beschränken, die im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf mit ICI behandelt wurden.

Quelle:

Pala et al. (2022): Association of anticancer immune checkpoint inhibitors with patient-reported outcomes assessed in randomized clinical trials - a systematic review and meta-analysis. JAMA Network Open, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.26252

 

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