Darmkrebs: Chromokoloskopie mit Methylenblau funktioniert auch oral

Eine internationale Studie untersuchte die orale Methylenblaugabe bei Koloskopien. Das Verfahren eignet sich aufgrund des geringeren Aufwandes auch für Nicht-Risiko-Patienten und zur Überwachungskoloskopie.

Darmkrebsvorsorge

Hintergrund

Das kolorektale Karzinom ist dritthäufigste Krebsart weltweit. Die Koloskopie, bei Bedarf in Kombination mit der Polypektomie, reduziert die Inzidenz und Mortalität der Erkrankung. Die Applikation von Methylenblau auf die Darmschleimhaut erhöht die Detektionsrate kolorektaler Neoplasien.

Da die Chromoendoskopie recht zeitaufwendig ist, wird die Färbung mit Methylenblau oder Indigokarmin bei Koloskopien von Hochrisiko-Patienten empfohlen, also beispielsweise bei Vorliegen einer Colitis ulcerosa, nicht jedoch bei Personen mit einem normalen Risikoprofil.

Zielsetzung

Ein internationales Team um den Gastroenterologen Alessandro Repici (Instituto Clinico Humanitas, Rozzano, Italien) untersuchte eine Methode, die den Zeitaufwand deutlich reduzieren könnte. Die Studie prüfte die Effektivität und Sicherheit der oralen Applikation von Methylenblau. Der Farbstoff wurde mit der Multi Matrix MMX-Technik des Unternehmens Cosmo Pharmaceuticals verabreicht.

Die MMX-Technologie erlaubt den Transport von aktiven pharmazeutischen Substanzen ins Lumen des Kolons. Die Tabletten sind mit pH-resistenten Acrylcopolymeren überzogen, welche die Freisetzung des Wirkstoffes verhindern, bis die Tablette die vorgesehene Lokalisation im Darm erreicht. So erfolgt eine gleichmäßige Färbung über die gesamte Länge des Kolons.

Methodik

An der Phase-III-Studie nahmen 1.205 Patienten teil. Es handelt sich um eine Multicenter-Studie, die an 20 Zentren in Europa und den USA durchgeführt wurde. In Deutschland beteiligten sich das St. Marienkrankenhaus aus Frankfurt, die Horst Schmidt Kliniken GmbH aus Wiesbaden sowie das Institut für Pathologie vom Klinikum Bayreuth.

Die Patienten erhielten im Rahmen der Vorsorge oder Überwachung eine Koloskopie und waren zwischen 50 und 75 Jahren alt. Es erfolgte eine randomisierte Zuteilung in drei Gruppen. Eine Gruppe erhielt 200 mg Methylenblau als Tabletten mit der MMX-Technologie (MB-MMX), die zweite Gruppe erhielt einen Placebo und die dritte Gruppe 100 mg MB-MMX. Die geringere Dosierung in der dritten Gruppe diente dazu, die mit der Färbung einhergehende fehlende Verblindung für den Endoskopiker zu maskieren. Die Tabletten wurden zusammen mit Polyethylenglykol zur Darmreinigung verabreicht.

Als primärer Endpunkt war die Adenomdetektionsrate (ADR) definiert. Falsch-positive Ergebnisse (Resektionsrate nicht-neoplastischer Polypen) und Nebenwirkungen waren die sekundären Endpunkte.

Ergebnisse

Die ADR war in der MB-MMX-Gruppe höher (273 von 485 Patienten, 56,29%) als unter Placebo (229 von 479 Patienten, 47,81%) (Odds-Ratio [OR] 1,46; 95% Konfidenzintervall [CI] 1,09 – 1,96).
Der Anteil von Patienten mit nicht-polypoiden Läsionen war mit 43,92% ebenfalls höher als in der Placebo-Gruppe mit 35,07% (OR 1,66; 95% CI 1,21 – 2,26). Adenome mit einer Größe ≤5 mm wurden bei 37,11% der Patienten in der MB-MMX-Gruppe und bei 30,90% der Patienten unter Placebo detektiert (OR 1,36; 95% CI 1,01 – 1,83). Keinen Unterschied zwischen den Gruppen gab es bei der Detektion von polypoiden oder größeren Läsionen.

Die Rate der falsch-positiven Ergebnisse zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Insgesamt traten bei 0,7% der Studienteilnehmer schwere unerwünschte Ereignisse auf, unabhängig davon in welcher Gruppe sie waren. Allerdings waren Patienten, die selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer einnahmen sicherheitshalber ausgeschlossen, um Wechselwirkungen mit dem Farbstoff zu vermeiden.

Fazit

In der Studie verbesserte die orale Gabe von Methylenblau mithilfe der MMX-Technologie die ADR um 8,5% im Vergleich zu Placebo. Die erhöhte ADT wurde überwiegend durch nicht-polypoide und kleine Läsionen getragen. Die Entfernung nicht-neoplastischer Läsionen stieg nicht an. Die Vorteile der Chromokoloskopie könnten mit der speziellen oralen Zubereitung demnach auch zum Screening oder zur Überwachung genutzt werden.

Die Autoren betonten, dass zusätzliche Studien nötig seien, um die weitere Effektivität und Sicherheit von MB-MMX zu untersuchen. Weiterhin war eine exakte Verblindung nicht möglich und die Darmreinigung erfolgte nicht im zweizeitigen Regime.

Die Studie ist bei Clinicaltrials.gov unter der Nummer NCT01694966 registriert und wurde von Cosmo Technologies LTD finanziert.

Autor:
Stand:
18.06.2019
Quelle:

Repici et al. (2019): Efficacy of Per-oral Methylene Blue Formulation for Screening Colonoscopy. Gastroenterology, DOI: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2019.02.001

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