ERS 2022: Dampfen mit E-Zigarette bei Teenagern „in“

Bislang galt, wenn Eltern Zigaretten rauchen, ist das Risiko, dass es ihnen der Nachwuchs nachmacht, deutlich erhöht. Eine Kohortenstudie aus Irland überprüfte, ob eine ähnliche Assoziation auch für das immer populärer werdende Dampfen gilt

E-Zigarette

Teenager, deren Eltern rauchen, haben ein 55% höheres Risiko, zur E-Zigarette zu greifen als Jugendliche, deren Eltern Nichtraucher sind. Das zeigt eine irische Kohortenstudie, die Dr. Salome Sunday vom TobaccoFree Research Institute Ireland (TFRI) in Dublin anlässlich des ERS-Kongresses 2022 vorstellte [1].

Große Kohorte von 17- bis 18-Jährigen zum Rauchverhalten untersucht

Basis der Studie ist die Kohortenstudie „Longitudinal Growing Up in Ireland“ mit 6.216 Kindern und ihren Eltern oder betreuenden Angehörigen aus dem Geburtsjahrgang 1998. Sie wurden in drei Wellen untersucht, im Alter von 9 Jahren (Baseline), 13 Jahren und mit 17-18 Jahren. In der dritten Erhebungswelle wurden auch Daten zu Rauchen und zur Anwendung von E-Zigaretten erhoben. In der Auswertung wurden andere Einflussfaktoren, die die Rauchgewohnheiten bestimmen, mit berücksichtigt.

Rauch-Wahrscheinlichkeit 1,5-fach erhöht, wenn Eltern schon geraucht haben

Hatten die Eltern oder betreuenden Angehörigen in Welle 1 und 2 angegeben zu rauchen, war die Wahrscheinlichkeit, dass die Teenager irgendwann einmal oder zum Zeitpunkt der dritten Welle geraucht haben, um etwa 50% erhöht. Das galt explizit auch für die Anwendung von E-Zigaretten: Rauchende Eltern in Welle 1 bedeuteten ein um 55% höheres Risiko für E-Zigaretten-Rauchen der 17-18-Jährigen in Welle 3, rauchende Eltern in Welle 2 ein um 53% erhöhtes Risiko für das „Dampfen“ des Nachwuches. Laut Dr. Sunday müssen Präventionsmaßnahmen noch stärker die Rolle des Rauchverhaltens der Eltern adressieren – auch hinsichtlich des Risikos der Nutzung von E-Zigaretten bei ihren Kindern.

Mädchen ziehen nach

Jungen dampfen derzeit noch häufiger als Mädchen, berichtete Dr. Joan Hanafin, ebenfalls vom TFRI in Dublin [2]. Allerdings nimmt die Prävalenz des E-Zigaretten-Gebrauchs bei Mädchen stärker zu als bei Jungen. Das zeigte der Vergleich der Daten von 16-jährigen irischen Jugendlichen aus dem Europäischen Schulprojekt zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD) aus den Jahren 2015 (n=1.472) und 2019 (n=2.019). Irgendwann schon einmal eine E-Zigarette verwendet hatten 2015 23%, 2019 39% der 16-Jährigen. Eine aktuelle E-Zigarettennutzung gaben 2015 10% und 2019 18% der Jugendlichen an.

Die soziale Gruppe hat starken Einfluss auf das Rauchen

Hanafin prüfte mit ihrem Team auch Einflussvariablen für das Dampfen. Sowohl die E-Zigaretten-Nutzung irgendwann als auch aktuell waren signifikant häufiger, je mehr Peers ebenfalls rauchten oder dampften. Rauchten oder dampften fast alle der eigenen Peer-Group, war die Wahrscheinlichkeit für die E-Zigarettennutzung – irgendwann oder aktuell – um den Faktor 5 bis 7 höher als wenn keiner in der Peer-Group rauchte oder dampfte. Der Effekt war bei Jungen noch etwas stärker als bei Mädchen.

Elterliche Überwachung mit geringem Rauchrisiko assoziiert

Die Jugendlichen wurden auch befragt, ob ihre Eltern wissen, wo sie am Samstagabend sind. Wenn die Eltern für gewöhnlich nicht wussten, wo ihre Kinder sind, war die Wahrscheinlichkeit, irgendwann oder aktuell die E-Zigarette zu nutzen, um den Faktor 3,5 bis 5,5 erhöht – wiederum bei Jungen noch stärker als bei Mädchen. Das elterliche Kontrollverhalten hat demnach ebenfalls einen Einfluss auf das Rauch-/Dampfrisiko - möglicherweise ein weiterer Ansatzpunkt für die Rauch-Prävention.

Akuteffekte von E-Zigaretten nicht unterschätzten

Bei Teenagern war die E-Zigarette in der Regel die erste Nikotinnutzung, berichtete Hanafin. Das Argument, E-Zigaretten könnten möglichweise bei dem Erreichen einer Rauchabstinenz helfen, kommt hier also nicht zum Tragen. Langzeiteffekte des „Dampfens“ sind noch unklar, akut muss aber von einem ähnlichen kardiovaskulären Risiko wie bei normalen Zigaretten ausgegangen werden.

Wie Dr. Paula Martinek von der Universität in Katowice, Polen, berichtete, ist der Anstieg von Herzrate, systolischem und diastolischem Blutdruck bei Zigarette oder nikotinhaltiger E-Zigarette gegenüber nicht rauchenden Kontrollen vergleichbar [3]. Sie hatte je 40 Kontrollen und Raucher von Zigaretten und E-Zigaretten untersucht. Kohlenmonoxid war in der Ausatemluft bei Zigaretten stärker erhöht als bei E-Zigaretten, bei denen dieser Marker aber ebenfalls signifikant höher war als bei Kontrollen.

Für Dr. Martinek ist damit klar, dass nicht nur das verbrennen, sondern auch das Erhitzen von Tabakprodukten das kardiovaskuläre System und die Atmung ungünstig beeinflusst.

Quelle:
  1. Dr. Salome Sunday: „Parental smoking predicts teenage smoking and e-cigarette use in Ireland-a longitudinal study“, ERS International Congress 2022, Barcelona 4. September 2022, Abstract OA678
  2. Dr. Joan Hanafin: „Gender differences in teenage e-cigarette prevalence and predictive values“, ERS International Congress 2022, Barcelona 4.-6. September 2022, Abstract OA680
  3. Dr. Paula Martinek: „Heated Tobacco Products – are they safe alternatives for traditional cigarettes?“ ERS International Congress 2022, Barcelona 4. September 2022, Abstract OA674
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