
Hintergrund
Viele Länder weltweit haben ein Screening-Programm für das kolorektale Karzinom in Form von Tests auf okkultes Blut im Stuhl, Sigmoidoskopie oder Koloskopie eingeführt. Eine frühzeitige Entfernung von Adenomen soll die Inzidenz und die Mortalität des kolorektalen Karzinoms senken.
Im Allgemeinen zeigte sich bisher bei Personen, die bereits Adenome entfernt bekommen haben, dass das Risiko auch in Zukunft neue Adenome und Darmkrebs zu entwickeln, ansteigt. Zahlreiche Studien haben aber auch gezeigt, dass Menschen die ein Niedrigrisiko-Adenom entfernen ließen, ein geringeres Darmkrebsrisiko als die Allgemeinbevölkerung aufweisen, während die Entfernung von Hochrisiko-Adenomen das Risiko für ein kolorektales Karzinom erhöht. Eine genaue Risikoabschätzung ist aufgrund der geringen Genauigkeit und der meist weniger als 10 Jahre dauernden Nachbeobachtung ungewiss. Je nach Merkmal des Adenoms wird eine Überwachungskoloskopie daher alle drei, fünf oder 10 Jahre empfohlen.
Jedoch nehmen die Hinweise zu, dass das endoskopische Screening bei Frauen einen geringeren Nutzen hat als bei Männern. Daher sollte dringend untersucht werden, ob Frauen und Männer nach einer Adenom-Entfernung ein unterschiedliches Risiko für die Inzidenz und Mortalität von Darmkrebs haben.
Zielsetzung
Die Studie untersuchte, die Häufigkeit des Auftretens eines kolorektalen Karzinoms nach der Entfernung von Adenomen bei Frauen und Männern nach einer Nachbeobachtungszeit von 13 Jahren und führten geschlechterspezifischen Analyse durch.
Methodik
Die norwegische Kohortenstudie basiert auf Informationen einzelner Personen des Krebsregisters, die älter als 40 Jahre waren und Adenome zwischen den Jahren 1993 und 2007 entfernt bekommen hatten. Neben dem Datum der Adenom-Entfernung, wurden die die Daten über eine Darmkrebs-Diagnose, Auswanderung und Tod einschließlich Todesursache bis zum Ende der Nachbeobachtung verwendet. Ausgeschlossen wurden Personen mit einer Darmkrebs-Diagnose und Personen mit familiärer adenomatöser Polyposis.
Es wurden standardisierte Inzidenzraten (SIR) und inzidenzbasierte Mortalitätsraten (SMR) mit 95%-Konfidenzintervallen (KI) für Darmkrebs bei Frauen und Männern berechnet. Als Hochrisiko-Adenome wurden folgende Sachverhalte definiert: ≥ 2 Adenome, zottenartige Komponenten oder hochgradige Dysplasie.
Ergebnisse
Charakteristika der Kohorte
Die Kohorte umfasste 40.293 Personen, darunter 19.725 Frauen (49,0%), mit einem medianen Nachbeobachtungszeitraum von 13 Jahren und insgesamt 492.736 Personenjahren. Von diesen Probanden erhielten 1.079 Frauen (5,5%) und 866 Männer (4,2%) die Diagnose Darmkrebs, von denen jeweils 328 Frauen (1,7%) und 275 Männer (1,3%) an der Krebserkrankung verstarben.
Insgesamt wurden 45.340 Adenome in der Kohorte entfernt, von denen 22.017 Adenome (48,6%) bei Frauen entfernt wurden. Nach 10 Jahren waren 26.461 Personen der Kohorte noch am Leben. Bei Frauen lag das mediane Alter beim ersten Adenom bei 67 Jahren, bei der Darmkrebs-Diagnose bei 79,9 Jahren und beim Tod durch Darmkrebs bei 80,2 Jahren. Bei Männern war das Alter entsprechend bei 65,4 Jahren, 77,5 Jahren und 77,8 Jahren.
Klinische Ergebnisse
Die Inzidenz war bei Frauen mit einer SIR von 1,64 (95%-KI: 1,54-1,74) stärker erhöht als bei Männern mit einer SIR von 1,12 (95%-KI: 1,05-1,19). Die SMR bei Darmkrebs war bei den Frauen mit 1,13 (95%-KI: 1,02-1,26) erhöht während sie bei den Männern mit 0,79 (95%-KI: 0,71-0,89) verringert war. So hatten Frauen mit einem Niedrigrisiko-Adenom (SMR: 0,90; 95%-KI: 0,76-1,07) ein vergleichbares Risiko an Darmkrebs zu erkranken als Männer mit einem Hochrisiko-Adenom (SMR: 0,89; 95%-KI: 0,76-1,04). Das Risiko von Männern mit Niedrigrisiko-Adenomen war hingegen verringert (SMR: 0,70; 95%-KI: 0,59-0,84).
Fazit
Die Studie zeigt, dass im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sowohl Frauen als auch Männer nach der Adenomentfernung eine erhöhte Darmkrebsinzidenz aufweisen. Die Mortalität war bei Frauen erhöht, während sie bei den Männern verringert war. Die hiermit beobachteten geschlechtsspezifischen Unterschiede im Risiko der Darmkrebsinzidenz und -mortalität nach Adenomentfernung stellen die derzeitigen Überwachungsempfehlungen in Frage, die keine geschlechterspezifischen Unterschiede machen. Die gezeigten Ergebnisse sollten daher zu Diskussionen über geschlechtsspezifische Überwachungsempfehlungen nach Adenom-Entfernung anregen.