HbA1c: Ein Parameter für die Pankreaskarzinom-Diagnose?

Erhöhte Werte von glykiertem Hämoglobin (HbA1C) steigern bei Personen zwischen 50 und 84 Jahren das Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken. Ein Screening-Verfahren zur frühzeitigen Diagnose, basierend auf einem erhöhten HbA1c-Wert, ist aber nicht möglich.

Diabetes HbA1c-Wert

Hintergrund

Das Pankreaskarzinom hat eine sehr geringe 5-Jahres-Überlebensrate mit lediglich 10%. Ursächlich ist die späte Diagnose des Pankreaskarzinoms, da zum Diagnose-Zeitpunkt zumeist ein fortgeschrittenes Stadium erreicht wurde. Aufgrund der niedrigen Prävalenz von 12,9 Fällen pro 100.000 Personenjahren in den USA, werden für das Pankreaskarzinom keine bevölkerungsweiten Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt. Daher ist die Suche nach einem prospektiven Screening-Verfahren, welches das Pankreaskarzinom in einem frühen Stadium erkennt, wichtig um das Outcome der Patienten zu verbessern.

Man weiß heute, dass eine Hyperglykämie bei vielen Patienten bis zu 36 Monate vor der Diagnose eines Pankreaskarzinoms vorliegt. Insbesondere bei Patienten die erst in einem Alter von mehr als 50 Jahren eine Diabetes-Diagnose erhalten haben, kann Diabetes ein potenzieller Marker für ein nicht diagnostiziertes Pankreaskarzinom sein. Die 3-Jahres-Krebsrate liegt hier bei 0,25% bis 1,0%.

Bislang ist jedoch nicht geklärt inwieweit glykämische Parameter, insbesondere glykiertes Hämoglobin (HbA1c), mit dem Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, assoziiert sind.

Zielsetzung

Die Zielsetzung war es herauszufinden, ob eine Verbindung zwischen erhöhten Werten des glykierten Hämoglobins HbA1c und dem Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken besteht.

Methodik

Die vorliegende Kohortenstudie wurde in Kalifornien, USA durchgeführt und basiert auf einer Forschungsdatenbank der KPSC (Kaiser Permanente Southern California). Hierbei handelt es sich um ein gesellschaftsbasiertes ganzheitliches Gesundheitssystem mit Daten von ambulanten Behandlungen sowie der akuten Krankenhausversorgung, Apothekendiensten und medizinischen Bildgebungen.

Für den Einschluss mussten die Patienten folgende Kriterien erfüllen:

  • Alter zwischen 50 und 84 Jahren
  • mindestens eine HbA1c-Messung zwischen den Jahren 2010 und 2014.

Die Patienten wurden in 12 Kohorten unterteilt, basierend auf unterschiedlichen HbA1c-Grenzwerten (z. B. 6,1%, 6,3%, 6,5% und 6,7%) und früherem Diabetes-Status.

Der primäre Endpunkt war das Auftreten eines Pankreaskarzinoms. Der Nachweis erfolgte durch das KPSC Krebsregister und Totenscheine der Verstorbenen.

Ergebnisse

Patientencharakteristika:

Von den möglichen 851.402 Patienten aus der Basiskohorte, waren 447.502 Patienten (52,5%) Frauen, 255.441 (30,0%) waren Hispanoamerikaner, 383.685 (45,1%) waren nicht-lateinamerikanische Weiße, 100.477 (11.8%) waren Asiaten und 88.969 (10.4%) waren nicht-lateinamerikanische Schwarze.

  • Das mediane Alter lag bei 62 Jahren (Interquartilsabstand (IQR): 56-69 Jahre) und einem medianen HbA1C-Level von 6,0% (IQR: 5,7%-6,6%).
  • Nach Ausschluss von Patienten mit einem bereits früheren Diabetes und der Bestätigung einer neu aufgetretenen Hyperglykämie durch einen vorliegenden HbA1c-Level von ≥6,5% blieben 20.012 Patienten aus der Basiskohorte übrig. Zu diesen Patienten gehörten 74 Patienten (7,1%) mit einem bereits diagnostizierten Pankreaskarzinom von insgesamt 1.041 Pankreaskarzinom-Patienten in der Basiskohorte.

Risiko und Auftreten des Pankreaskarzinoms:

In der Basiskohorte lag das 3-Jahresrisiko bei 0,12% (95%-Konfidenzintervall (KI): 0,12%-0,13%) und die Inzidenzrate bei 0,45 (95%-KI: 0,43-0,49) pro 1.000 Personen-Jahre. In der bereinigten Kohorte betrug die Pankreaskarzinom-Rate jeweils:

  • 0,72 (95%-KI: 0,32-1,42) pro 1.000 Personen-Jahre bei Asiaten
  • 0,83 (95%-KI: 0,35-0,71) pro 1.000 Personen-Jahre bei nicht-lateinamerikanischen Schwarzen
  • 0,84 (95%-KI: 0,48-1,37) pro 1.000 Personen-Jahre bei Hispanoamerikanern
  • 2,37 (95%-KI: 1,75-3,14) pro 1.000 Personen-Jahre bei nicht-lateinamerikanischen Weiße

42 der 74 Krebsfälle (56,8%) wurden innerhalb des ersten Jahres nach dem Index-Labortest diagnostiziert.

Zeitpunkt der Diagnose und Stadium des Pankreaskarzinoms:

Die mediane Dauer zwischen Auftreten von erhöhten HbA1c-Leveln und der Pankreaskarzinom-Diagnose betrug zwischen 246 Tagen (95%-KI: 77-587) und 456 Tagen (95%-KI: 157-793 Tagen) bei den verschiedenen Kohorten.

Von den 1.041 Pankreaskarzinom-Patienten lagen bei 708 Patienten (68,0%) Informationen zum Krebsstadium vor. Hiervon hatten 465 Patienten (65,7%) ein fortgeschrittenes Stadium (Stadium III oder IV) bei der Diagnose. Das Verhältnis war in den Subkohorten vergleichbar.

In der Basiskohorte lag die Anzahl an Patienten um eine Pankreaskarzinom-Diagnose zu stellen bei 818 Patienten (95%-KI: 770-869 Patienten). In den Subkohorten variierte diese Zahl zwischen 206 (95%-KI: 160-264) und 600 (95%-KI: 540-666) Patienten.

Fazit

Diese Kohortenstudie zeigt, dass ein erhöhter HbA1c-Level bei Personen zwischen 50 und 84 Jahren mit einem erhöhten Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken assoziiert ist. Das Risiko variiert zwischen der Volkszugehörigkeit und war am höchsten bei nicht-lateinamerikanischen Weißen, bei denen eine Hyperglykämie in der Abwesenheit eines früheren Diabetes oder eines erhöhten HbA1c-Wertes. Ein erhöhtes Risiko für ein Pankreaskarzinom lag bei diesen stringenten Vorgaben für die anderen ethnischen Gruppen nicht vor.

Der HbA1c-Level als alleiniger Parameter reicht zur Bestimmung des Pankreaskarzinom-Risikos nicht aus. Für die aktuellen Testverfahren und vorhandenen Ressourcen ist die Anzahl an Patienten, die sich einem solchen Screening unterziehen müssten viel zu hoch damit ein Patient sicher diagnostiziert werden könnte. Eine alternative Anwendung für eine Risiko-Stratifizierung ist notwendig, um eine frühzeitige Diagnose des Pankreaskarzinoms zu gewährleisten.

Autor:
Stand:
01.07.2020
Quelle:

Wu B. U. et al. (2020): Association of Glycated Hemoglobin Levels With Risk of Pancreatic Cancer, JAMA Network Open, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.4945

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