
Nach einer retrospektiven Analyse von 17.009 Patienten mit Karzinomen des Magen-Darm-Trakts, für die ein Next-Generation-Sequencing zur Bestimmung des KRAS-Status durchgeführt wurde, sind Mutationen von KRAS (Abk. für engl. Kirsten rat sarcoma viral oncogene homologue) in gastrointestinalen (GI) Tumoren in unterschiedlicher Häufigkeit zu finden. Wie Professor Dr. Mohamed E. Salem vom Levine Cancer Institute in Charlotte, USA, berichtete, wiesen 7.559 Tumore eine KRAS-Mutation auf, davon 325 (4,3%) eine G12C-, 7.234 (95,7%) eine andere KRAS-Mutation [1]. Als Basischarakteristikum, das mit KRAS-G12C-Mutation assoziiert ist, fand sich nur das Alter: Patienten mit einem GI-Tumor mit KRAS-G12C-Mutation waren häufiger unter 60 Jahre alt als Patienten mit einer anderen KRAS-Mutation (50% vs. 38,8%).
Häufigste Lokalisationen
Eine KRAS-G12C-Mutation war besonders häufig zu finden bei Malignomen des Appendix (3,9%) und bei kolorektalen Karzinomen (CRC 3,1%). Adenokarzinome des Dünndarms wiesen zu 1,4%, Pankreaskarzinome zu 1,3% und Gallengangskarzinome zu 1,2% eine KRAS-G12C-Mutation auf. Bei Magen- und Lebermalignomen sowie Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus waren diese Mutationen noch seltener, bei Adenokarzinomen des Ösophagus und Analkarzinomen wurden sie in der Kohorte in keinem Fall nachgewiesen. Von den Patienten mit KRAS-Mutation waren aktive Raucher mit CRC besonders häufig von einer KRAS-G12C-Mutation betroffen, bei KRAS-mutierten Pankreaskarzinomen wiesen Frauen besonders häufig einer KRAS-G1C-Mutation auf.
KRAS-G12C bei metastasiertem CRC
Eine retrospektive Analyse aus zwei skandinavischen Kohortenstudien analysierte KRAS-G1C-Mutationen bei Patienten mit CRC und den Effekt auf das Behandlungsergebnis. Wie Dr. Emerik Österlund von der Universität in Uppsala, Schweden, berichtete, lag die Prävalenz der KRAS-G12C-Mutation über alle Patienten hinweg bei 6% und unter Patienten mit einer KRAS-Mutation bei 12% [2]. Eine andere KRAS-Mutationen wiesen 46% aller Patienten auf, eine NRAS-Mutation 4%, eine RAS-Mutation mit BRAF-Wildtyp 32% und eine BRAF-V600E-Mutation 13% auf.
Bei Patienten mit KRAS-G12C-Mutation war häufiger das linke Kolon betroffen, peritoneale Metastasen schienen seltener, Lungenmetastasen häufiger zu sein als bei Patienten mit anderen KRAS-Mutationen. Wie Österlund berichtete, war in der untersuchten Kohorte eine KRAS-G12C-Mutation nicht mit einem schlechteren Gesamtüberleben (engl. overall survival, OS) und progressionsfeien Überleben (engl. progression free survival, PFS) assoziiert als andere KRAS-Mutationen.
Prognostische Bedeutung unterschiedlich
Eine retrospektive Studie aus Japan wies dagegen auf eine prognostische Relevanz der KRAS-G12C-Mutation hin. Sie umfasste Daten von 2.457 Patienten mit metastasiertem CRC, die in den Jahren 2005 bis 2017 an einer von vier Krebszentren in Japan eine Erstlinien-Chemotherapie erhalten hatten. Wie Dr. Yuki Matsubara vom Aichi Cancer Center Hospital in Nagoya (Japan) erläuterte, wiesen 696 Patienten eine KRAS-Exon-2-Mutation auf, dessen Genotyp bestimmt worden war, davon 45 (6,5%) eine KRAS-G12C-Mutation, 651 (93,5%) eine andere KRAS-Mutation, am häufigsten G12D (n=261; 37,5%), G13D (n=160; 23,0%) oder G12H (n=151; 21,7%). In der multivariaten Analyse war das Vorliegen einer KRAS G12C-Mutation mit einem kürzeren PFS und OS assoziiert als bei anderen KRAS-Mutationen. Das mediane PFS betrug mit KRAS-G12C-Mutation 9,4 Monate, mit einer anderen KRAS-Mutation 10,8 Monate (Hazard Ratio [HR] 1,47; 95% Konfidenzintervall [KI] 1,06–2,01; p=0,015), das mediane OS mit KRAS-G12C-Mutation 21,1 Monate, mit einer anderen KRAS-Mutation 27,3 Monate (HR 1,50; 95% KI 1,08–2,08; p=0,015).
Prognostisch wahrscheinlich für metastasiertes CRC relevant
Diskutant Prof. Dr. Pierre Laurent-Puig ordnete die Ergebnisse zur prognostischen Wertigkeit der KRAS-G12C-Mutation beim CRC in die bisherige Datenlage ein [4]. Die aktuelle Evidenz weist darauf hin, dass die KRAS-G12C-Mutation beim nicht-metastasierten CRC keine prognostische Bedeutung hat, im Rezidiv und in der metastasierten Situation aber schon mit einer schlechteren Prognose einhergeht. Die Befunde sind aber heterogen und immer noch schwierig zu bewerten, da viele andere prognostisch relevante Faktoren diese Befunde verfälscht haben können.