Niedriges Krebsrisiko bei persistierendem nicht-dysplastischem Barrett-Syndrom

Bei stabilem nicht-dysplastischem Barrett-Ösophagus ist das Risiko an Speiseröhrenkrebs zu erkranken gering und kann durch Kontroll-Endoskopien weiter reduziert werden. Bislang empfohlene Zeitintervalle werden nun in Frage gestellt.

Endoskop

Hintergrund

Das Barrett-Syndrom ist eine Vorstufe für ein Adenokarzinom des Ösophagus. In der westlichen Welt ist eine rapide Zunahme sowohl des Barrett-Syndroms als auch von Speiseröhrenkrebs zu verzeichnen. Eine Progression vom Barrett-Ösophagus zum Speiseröhrenkrebs verläuft über fortschreitende histologische Stadien mit zunehmender Dysplasie von Epithelzellen. Oftmals wird ein Adenokarzinom des Ösophagus aber erst im fortgeschrittenen Stadium festgestellt, wenn die Prognosen schlecht und die 5-Jahres-Überlebensraten gering sind.

Um eine hochgradige Dysplasie (Hochrisikodysplasie) bzw. ein Adenokarzinom bereits in einem frühen Stadium nachzuweisen und so das Fortschreiten zu einem invasiven Karzinom verhindern zu können, wird allgemein empfohlen, Patienten mit nicht-dysplastischem Barrett-Ösophagus lebenslang endoskopisch zu überwachen. Das absolute Risiko einer malignen Progression bei Patienten mit nicht-dysplastischem Barrett-Ösophagus ist mit weniger als 0,5% pro Jahr jedoch niedrig und die Überwachungsintervalle sind in den vergangenen Jahren ausgeweitet worden. Aktuelle Leitlinien empfehlen Kontrollendoskopien in der Regel in einem Zeitraum von 3-5 Jahren.

Die Effektivität der endoskopischen Überwachung zur Reduktion der Sterblichkeit der Patienten ist unklar und die lebenslange Überwachung umstritten. Durch Risikostratifizierung, bei der Patienten identifiziert werden, die ein niedriges Risiko für maligne Progression haben und bei denen die Überwachungsintervalle weiter ausgedehnt bzw. die endoskopische Überwachung ganz eingestellt werden könnte, ließe sich die Effektivität möglicherweise erhöhen.

Zielsetzung

Das Ziel einer Studie von Yvonne Peters und ihren Kollegen vom Radboud University Medical Center in Nijmegen in den Niederlanden war es, in einer landesweiten Patientenkohorte mit nicht-dysplastischem Barrett-Syndrom, das Risiko für eine maligne Progression im Zusammenhang mit der Anzahl konsekutiver endoskopischer Untersuchungen, bei denen ein nicht-dysplastischer Barrett-Ösophagus bzw. die Persistenz eines solchen nachgewiesen wurde, zu bestimmen [1].

Methodik    

Pathologieberichte einer flächendeckenden niederländischen Datenbank (PALGA) wurden durchsucht, um sämtliche Patienten in den Niederlanden zu identifizieren, bei denen zwischen Januar 2003 und Dezember 2012 ein Barrett-Syndrom diagnostiziert wurde. Um zu ermitteln, ob die Anzahl von Endoskopien mit einem für Dysplasie negativem Ergebnis und die Persistenz eines nicht-dysplastischen Barrett-Ösophagus mit einer malignen Progression verbunden ist, wurden Inzidenzraten (ausgedrückt als Ereignisse pro 100 Patientenjahre Follow-up) und Inzidenzratenverhältnisse bestimmt.

Für die Analyse maligner Progressionsraten pro Anzahl aufeinander folgender Endoskopien wurden die in die Studie eingeschlossenen Patienten entsprechend der Anzahl der durchgeführten Endoskopien, bei denen ein nicht-dysplastisches Barrett-Ösophagus nachgewiesen wurde, in fünf Kohorten eingeteilt. Für jede Gruppe wurde die Dauer des durchschnittlichen Follow-up-Zeitraumes ausgehend von der letzten endoskopischen Untersuchung mit persistierendem nicht-dysplastischem Barrett-Ösophagus kalkuliert.

Ergebnisse

Von den mehr als 35.161 Patienten, bei denen zwischen 2003 und 2013 erstmalig ein nicht-dysplastisches Barrett-Syndrom diagnostiziert wurde, gingen 12.728 erwachsene Patienten in die Studie ein. Der mediane Zeitintervall zwischen der initialen Endoskopie und der ersten endoskopischen Nachfolgeuntersuchung lag bei 2,3 Jahren. Die große Mehrheit der Patienten (87,0%) zeigte keine Progression und profitiert nach Meinung der Studienautoren nicht von den Überwachungsuntersuchungen. Bei 436 Patienten (3,4 %) wurde im Laufe der gesamten Nachverfolgungszeit von 13 Jahren (2003 bis 2016) mit insgesamt 64.537 Personenjahren eine maligne Progression festgestellt. Die mediane Nachverfolgungszeit dieser Patienten betrug 4,9 Jahre. Daraus ergibt sich eine Progressionsrate von 0,68 (95% Konfidenzintervall [CI] 0,61-0,74) pro 100 Personenjahre.

Für Patienten, bei denen in zwei aufeinander folgenden Endoskopien ein nicht-dysplastisches Barrett-Syndrom nachgewiesen wurde, reduzierte sich die Progressionsrate auf 0,55 (95% CI 0,46-0,64) pro 100 Personenjahre. Mit einem Inzidenzratenverhältnis von 0,72 (95% CI 0,60-0,87) entspricht dies einer Risikoreduktion um 28%. Insgesamt verringerte sich mit jedem Jahr eines progressionsfreien Follow-up das Risiko, eine hochgradige Dysplasie oder ein Adenokarzinom des Ösophagus zu entwickeln, um 14% (Inzidenzratenverhältnis 0,86; 95% CI 0,81-0,92).

Vorangegangene Studien zum malignen Progressionsrisiko bei Patienten mit persistierendem nicht-dysplastischen Barrett-Ösophagus haben bislang inkonsistente Ergebnisse gebracht. Es gibt Studien, die im Einklang mit den hier vorgestellten Daten stehen und andere, die zeigten, dass sich das Risiko für ein Adenokarzinom mit der Anzahl negativer Endoskopien erhöht.

Fazit

Ein stabiler nicht-dysplastischer Barrett-Ösophagus kann als Indikator für ein niedriges Risiko zur malignen Progression verwendet werden. Patienten, die in mehreren aufeinanderfolgenden endoskopischen Überwachungsuntersuchungen negative Ergebnisse hatten, profitieren möglicherweise nicht von weiteren Routineuntersuchungen. Für sie könnte nach Auffassung der Studienautoren ein vorzeitiger Abbruch der Überwachungsuntersuchungen in Betracht gezogen werden. Da es aber widersprüchliche Daten von vorangegangenen Studien gibt, sind diesbezüglich weitere Untersuchungen notwendig, bevor entsprechende Empfehlungen in den Leitlinien geändert werden können [2].

Autor:
Stand:
03.07.2019
Quelle:
  1. Peters et al. (2019): Incidence of progression of persistent nondysplastic barrett’s esophagus to malignency. Clin Gastroenterol Hepatol, DOI: https://doi.org/10.1016/j.cgh.2018.08.033
     
  2. Thrift und Kunzmann (2019): Time to tailor surveillance intervals of nondysplastic Barrets’ esophagus according to segment length and persistence over multiple endoscopies. Clin Gastroenterol Hepatol, DOI: https://doi.org/10.1016/j.cgh.2018.09.025
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