
In einer Umfrage der European Society of Gynecologic Oncology (ESGO) sprachen sich im Jahr 2017 60% der Befragten in dieser Situation für ein Einstellen der chirurgischen Therapie und 40% für die radikale Hysterektomie aus, berichtete Professor Dr. David Cibula, Direktor des gynäkologischen Zentrums des Universitätshospitals der Karls-Universität in Prag anlässlich des ESMO Virtual Congress 2020 [1, 2]. Letztlich ist die Bedeutung der definitiven chirurgischen Therapie unklar. Problematisch ist, dass eine umfassende Dissektion im Becken eine erhöhte Morbidität bei der adjuvanten Bestrahlung des Beckens nach sich zieht, die bei Lymphknotenmetastasen indiziert ist.
Endometriumkarzinom-Op. wie geplant oder Radiochemotherapie?
Deshalb prüfte die akademisch initiierte Studie ABRAX, wie die Prognose der Patientinnen bei der jeweiligen Vorgehensweise ist. An der retrospektiven Kohortenstudie beteiligten sich 51 Zentren aus 19 Ländern in Europa, Zentral- und Lateinamerika. Die 515 eingeschlossenen Patientinnen wiesen vor Operation keinen Hinweis auf eine Lymphknotenbeteiligung auf, hatten nach dem präoperativen Staging ein Endometriumkarzinom des Stadiums IA-IIB und wurden in kurativer Absicht operiert. Die Wissenschaftler verglichen die Gruppe, bei der nach intraoperativ identifizierter Lymphknotenbeteiligung (Lymphknotenmetastasen mit einem Durchmesser von ≥2 mm, N1) eine radikale oder einfache Hysterektomie oder Trachelektomie wie geplant durchgeführt wurde (n=361), mit den Patientinnen, bei denen die geplante Operation nicht ausgeführt und eine Radiochemotherapie angeschlossen wurde (n=154).
Kein Vorteil für Endometriumkarzinom-Op
Nach median 48,9 Monaten zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen im definierten primären Endpunkt der Studie, dem rezidivfreien Überleben nach Operation. 93 der 361 Patientinnen entwickelten ein Rezidiv nach komplettierter Chirurgie (25,8%), im Vergleichsarm erlitten 41 von 154 Patientinnen (26,6%) ein Rezidiv. Die Hazard Ratio für das rezidivfreie Überleben lag bei 1,154, der p-Wert bei 0,446. Auch die Lokalrezidivrate war in den beiden Gruppen mit 12,5% bei durchgeführter Hysterektomie/Trachelektomie und 9,1% mit Radiochemotherapie nicht signifikant unterschiedlich (Hazard Ratio 0,836; p=0,557) und Todesfälle waren in den beiden Gruppen vergleichbar häufig (19,7% v. 18,8%; Hazard Ratio 1,064; p=0,779).
Analyse von Subgruppen und Einflussfaktoren
Die Wissenschaftler konnten auch keine Subgruppe von Patienten identifizieren, die von der Fortführung der geplanten Operation profitierten, beispielsweise nach präoperativem Stadium, radiologischer Tumorgröße, Tumorhistologie, Zahl der intraoperative gefundenen positiven Beckenlymphknoten oder der Art der Operation. Es fand sich lediglich ein marginal höheres Rezidivrisiko bei Patientinnen mit Stadium IIB-Tumoren, die eine Strahlenchemotherapie erhalten hatten. Die wichtigsten prognostischen Faktoren für Rezidive und Überleben waren in beiden Gruppen das FIGO-Stadium und eine Tumorgröße von ≥4 cm.
Bei Endometriumkarzinom mit intraoperativem N1-Befund Op beenden
Cibula betonte, dass die Komplettierung der radikalen Hysterektomie bei intraoperativer Diagnose positiver Lymphknoten weder das Überleben noch das Rezidivrisiko verbessert. Deshalb sollte in einem solchen Falle das Beenden des Eingriffs erwogen und eine anschließende definitive Radiochemotherapie angestrebt werden.
Die Studie ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT04037124 registriert.