
Hintergrund
Laut klinischen Studiendaten erhöht die Behandlung mit Nab-Paclitaxel plus Gemcitabin die Überlebenszeit bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom. Eine prospektive, auf Registern basierende Studie hat gezeigt, dass weniger als die Hälfte der in der klinischen Routine behandelten Patienten für früher durchgeführte, randomisierte Studien in Frage gekommen wären, und dass die Erfüllung der Zulassungskriterien für diese Studien mit einem längeren Überleben verbunden ist. Die Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung bei nicht selektierten Patienten in einer realen Umgebung kann jedoch nützliche Informationen liefern, um Entscheidungsprozesse in der Routinepraxis zu unterstützen.
Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Untersuchung (ANICE-PaC-Studie) war es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Gemcitabin und Nab-Paclitaxel als Erstlinientherapie bei metastasiertem Pankreaskarzinom in einem realen Umfeld zu untersuchen [1].
Methodik
Ein Forscherteam um Ana Fernández vom Complejo Hospitalario Universitario in Ourense, Spanien, führte eine retrospektive, multizentrische Studie mit Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom durch. Die Forscher berücksichtigten die Daten von Patienten, die zwischen Dezember 2013 und Juni 2015 eine Erstlinienbehandlung mit Nab-Paclitaxel (Abraxane®, Celgene Europe Limited) plus Gemcitabin gemäß der klinischen Routine begonnen hatten.
Zusätzlich zur Beschreibung des Behandlungsschemas wurden das OS (Gesamtüberleben [overall survival]) und das PFS (progressionsfreies Überleben [progression free survival]) sowohl für die Gesamtheit der Patienten als auch exploratorisch für Untergruppen bewertet. Die Subgruppenanalysen basierten auf der Behandlung und den klinischen Merkmalen der Patienten.
Ergebnisse
Das Durchschnittsalter aller 210 berücksichtigten Patienten lag bei 65,0 Jahren (Bereich 37–81 Jahre). Das metastasierende Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse trat bei 46 (21,9%) Patienten rezidivierend und bei 164 (78,1%) Patienten de novo auf. 38 (18%) der Patienten hatten einen Gallenstent. Zu Studienbeginn hatten 33 (18,1%) Patienten einen ECOG-Leistungsstatus ≥2.
Die Patienten erhielten im Median vier Behandlungszyklen (Bereich 1–21) mit einer medianen Dauer von 3,5 Monaten. Bei 137 (65,2%) Patienten wurde die Dosis von Nab-Paclitaxel und/oder Gemcitabin während der Behandlung reduziert. 33 (17,2%) Patienten brachen die Behandlung aufgrund von Toxizitäten ab. Die RDI (relative Dosisintensität [relative dose intensity]) für Nab-Paclitaxel, Gemcitabin und die kombinierte Behandlung betrug 66,7%.
Das mittlere OS betrug 7,2 Monate (95%-Konfidenzintervall [KI] 6,0–8,5) und das mittlere PFS 5,0 Monate (95% KI 4,3–5,9). 50 Patienten (24,6%) erreichten eine ORR (teilweise oder vollständige Remission [objective response rate]). Das OS wurde durch den ECOG-Status zu Beginn der Behandlung, NLR (Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnis [neutrophil/lymphocyte ratio]) und CA 19.9 (carbohydrate antigen 19.9) beeinflusst, nicht jedoch durch ein höheres Alter (≥70 Jahre) und/oder das Vorhandensein eines hepatobiliären Stents oder einer RDI von <85%.
Die anhand der Daten von Patienten aus der klinischen Routinepraxis identifizierten Prognosefaktoren (ECOG-Status, NLR und CA 19.9) ermöglichten mithilfe eines Cox-Regressionsmodells die Entwicklung eines Nomogramms zur Vorhersage des Überlebens.
Fazit
Die vorliegenden Ergebnisse beruhen auf Daten, die an der größten Gruppe von Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom in der täglichen klinischen Praxis gewonnen und veröffentlicht wurden. Sie belegen, dass Nab-Paclitaxel plus Gemcitabin trotz der großen Dosisreduktionen und der geringeren Leistungsfähigkeit dieser Patienten wirksam ist. Basierend auf der explorativen Analyse der Prognosefaktoren wurde ein Nomogramm entwickelt, um das Überleben von Patienten vorherzusagen, die Ihre Behandlung mit dieser Wirkstoffkombination beginnen. Es basiert auf drei Variablen, die in der Praxis routinemäßig bewertet werden: ECOG-Leistungsstatus, NLR und CA 19.9.
Die Koordination der Studie, die Datenanalyse und die Erstellung von Studiendokumenten wurden von der nicht-kommerziellen Galician Group for Research on Gastrointestinal Tumors (GITuD) unterstützt. Die Celgene Corporation stellte finanzielle Mittel zur Verfügung, war jedoch nicht direkt an der Entwicklung des Studiendesigns, der Datenanalyse und der Manuskripterstellung beteiligt. Die Studie ist bei ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT03620461 registriert.