Neue Risikofaktoren beim Pankreaskarzinom identifiziert

Eine Kohortenstudie mit einem Nachbeobachtungszeitraum von 30 Jahren zeigt, dass ein in den letzten vier Jahren diagnostizierter Diabetes mellitus Typ II in Verbindung mit Gewichtsverlust das Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken deutlich erhöht.

Waage Frau

Hintergrund

Das Pankreaskarzinom bleibt eine der tödlichsten Krebsarten mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von weniger als 10%, da die Diagnose zumeist erst im fortgeschrittenen Stadium erfolgt. Genetische Prädispositionen gelten als Hochrisikofaktor, betreffen aber lediglich ein Fünftel aller Pankreaskarzinomfälle. Die Identifizierung weiterer Hochrisikofaktoren ist notwendig um eine frühzeitige Diagnose zu ermöglichen.Einer dieser Risikofaktoren ist Diabetes mellitus Typ II. Er tritt zumeist Jahre vor dem Wachstum eines Pankreaskarzinoms auf und unterscheidet sich vom Diabetes Typ 3c, auch Pankreasdiabetes genannt. Während der Typ-II-Diabetes mit einer Gewichtszunahme assoziiert ist, ist der Pankreasdiabetes mit einer Gewichtsabnahme assoziiert. Über die Verbindung der Dauer eines Diabetes, dem Grad des Gewichtsverlusts des Patienten und dem Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, gibt es bisher keine Daten aus der Allgemeinbevölkerung. Weiterhin gibt es keine Daten über einen direkten Zusammenhang zwischen einem Gewichtsverlust und der Genauigkeit der Risikovorhersage eines Pankreaskarzinoms. Viele Patienten die sich mit einem Pankreasdiabetes vorstellen, haben einen lokalen, operablen Tumor zu Beginn ihrer Hyperglykämie, die eine Möglichkeit zur frühen Tumorerkennung und notwendigen Behandlung ermöglichen. 

Zielsetzung

Die Kohortenstudie möchte die Frage beantworten, ob es eine Verbindung zwischen der Dauer eines bestehenden Diabetes, einem kürzlich beginnenden Gewichtsverlust und dem Folgerisiko Pankreaskarzinom gibt.

Methodik

Die Kohortenstudie nutzt Daten von Frauen zwischen 30 und 55 Jahren aus der amerikanischen Nurses’ Health Study (NHS) und von Männern zwischen 40 und 75 Jahren aus der Health Professionals Follow-Up Study (HPFS) mit wiederholten Datenerhebung über die letzten 30 Jahre. Eine Pankreasdiagnose wurde durch Bericht des Patienten oder über den Todesschein des Patienten gestellt. Die Diagnose Diabetes wurde ebenfalls durch den Patienten berichtet und ein Fragebogen zur Datenerfassung über Diagnose, Symptome, diagnostische Tests und Therapie ausgefüllt. Teilnehmer mit Diabetes wurden in 3 Gruppen aufgeteilt: kein Diabetes, Diabetesdiagnose ≤ 4 Jahre und Diabetesdiagnose > 4 Jahre. Patienten mit Diabetes mellitus Typ I wurden ausgeschlossen.Das Gewicht der Patienten wurde alle zwei Jahre dokumentiert. Bei Patienten mit einer Pankreaskarzinom-Diagnose wurde das Gewicht von einem Jahr vor der Diagnose mit dem Gewicht drei Jahre vor Diagnose verglichen. Die Patienten wurden in die beiden Gruppen Gewichtszunahme bzw. gleichbleibendes Gewicht oder Gewichtsabnahme eingeteilt. Die Patienten der Gruppe Gewichtsabnahme wurden weiter unterteilt in: Gewichtsverlust 0,45-1,8 kg, 2,25-3,6 kg und > 3,6 kg.

Ergebnisse

In die Kohortenstudie konnten 112.818 Frauen und 46.207 eingeschlossen werden Die Personenjahre betrugen insgesamt 4,5 Millionen Jahre.

Patientencharakteristika:

- Das mittlere Alter der Frauen betrug 59,4 ± 11,7 Jahre (Standardabweichung) und dass der Männer 64,7 ± 10,8 Jahre.

- Bei 1.116 Studienteilnehmern wurde ein Pankreaskarzinom diagnostiziert. Dies entspricht einer Inzidenzrate von 25 pro 100.000 Personenjahren.

- Bei der Gruppe mit neu diagnostiziertem Diabetes (≤ 4 Jahre) betrug die kumulative 2-Jahres Inzidenzrate eines Pankreaskarzinoms nach der Diabetesdiagnose 0,18% (n = 41) und die 4-Jahresrate 0,29% (n= 67).

- Von den 937 Pankreaskarzinom-Patienten mit bekanntem Diabetes hatten 135 Patienten (14,4%) diesen bereits mehr als 4 Jahre und 67 Patienten (7,2%) weniger als 4 Jahre.

- Patienten mit einem Diabetes hatten im Vergleich zu Patienten ohne Diabetes:

  • ein höheres Alter (mittleres Alter: 68,6 ± 9,5 Jahre vs. 60,0 ± 11,6 Jahre)
  • einen höheren BMI (29,7 ± 5,5 vs. 24,9 ± 4,0)
  • und waren weniger aktiv (mittlere Aktivität in Stunden pro Woche: 14,8 ± 14,5 vs. 20,1 ± 20,2).

Beziehung zwischen Diabetes, Gewicht und Risiko auf ein Pankreaskarzinom:

- Im Vergleich zu Studienteilnehmern ohne Diabetes Typ II hatten solche mit einem Diabetes ≤ 4 Jahre ein höheres Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken (altersbereinigte Hazard Ratio (HR): 2,97; 95%-Konfidenzintervall (KI): 2,31-3,82) ebenso solche Patienten mit einer Diabetesdiagnose > 4 Jahre (altersbedingte HR: 2,16; 95%-KI: 1,78-2,60).

- Im Vergleich zu Teilnehmern ohne Gewichtsverlust hatten Teilnehmer mit einem Gewichtsverlust von 0,45-1,8 kg eine altersbereinigte HR von 1,25 (95%-KI: 1,03-1,52); Teilnehmer mit einem Gewichtsverlust von 2,25-3,6 kg eine altersbereinigte HR von 1,33 (95%-KI: 1,06-1,66); Teilnehmer mit einem Gewichtsverlust von > 3,6 kg eine altersbereinigte HR von 1,92 (95%-KI: 1,58-2,32).

- Das Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken steigt erheblich bei Teilnehmern mit einem Diabetes ≤ 4 Jahre und einem Gewichtsverlust von 0,45-3,6 kg an (91 Fälle pro 100.000 Personenjahre; 95%-KI: 55-151). Die HR lag bei 3,61 (95%-KI: 2,14-6,10) im Vergleich zu Teilnehmern ohne diese Faktoren (16 Fälle pro 100.000 Personenjahre 95%-KI: 14-17). Dies trifft auch auf Teilnehmer mit einem Diabetes ≤ 4 Jahre und einem Gewichtsverlust von > 3,6 kg zu (164 Fälle pro 100.000 Personenjahre 95%-KI: 114-238; HR: 6,75 (95%-KI: 4,55-10,00).

- Deutlich höher steigt das Risiko an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, wenn die Teilnehmer mit einem Diabetes  4 Jahre einen BMI von < 25 vor ihrem Gewichtsverlust hatten (400 Fälle pro 100.000 Personenjahre) oder deren Gewichtsabnahme nicht auf sportliche Aktivität und eine gesündere Ernährung zurückgeführt werden konnte (334 Fälle pro 100.000 Personenjahre).

Fazit

Diese Kohortenstudie zeigt, dass ein kürzlich erworbener Diabetes in Verbindung mit einer Gewichtsabnahme ein deutlich erhöhtes Risiko definiert an einem Pankreaskarzinom zu erkranken. Diese Faktoren können eine Hochrisiko-Population in der Allgemeinbevölkerung identifizieren, für die eine regelmäßige Vorsorge sinnvoll erscheint und eine frühe Diagnosestellung ermöglichen kann. Weitere Faktoren die das Pankreaskarzinom-Risiko erhöhen sind ein erhöhtes Alter, ein zuvor gesundes Gewicht und kein beabsichtigter Gewichtsverlust.

Autor:
Stand:
16.09.2020
Quelle:

Yuan C. et al. (2020): Diabetes, Weight Change, and Pancreatic Cancer Risk, JAMA Oncology, DOI: 10.1001/jamaoncol.2020.2948

  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige