
Hintergrund
Man weiß heute, dass der Konsum von rotem Fleisch krebserregend ist und die Entwicklung von Darmkrebs fördert. Die Farbe des roten Fleisches ist auf eisenhaltige Hämproteine (Myoglobin) zurückzuführen, die eine ursächliche Rolle bei der Tumorentstehung haben. Epidemiologische Studien zeigen, dass Personen, die vermehrt rotes Fleisch mit ihrer Ernährung zu sich nehmen, häufiger an Darmkrebs erkranken. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden, können aber auf intestinale Hyperproliferation, Veränderungen in der Darmmikrobiota und auf die genotoxische Wirkung von Hämproteinen zurückgeführt werden.
Hämproteine
Als Hämproteine werden solche Proteine zusammengefasst, die Häme als prostethische Gruppe tragen. Hämproteine sind an diversen biologischen Prozessen beteiligt. So besitzt Myoglobin eine wichtige Rolle beim Gastransport im Blut. Das bekannteste Häm ist Häm b, dass aus einem Eisen-Ion als Zentralatom und einem Porphyrin-Molekül als Ligand.
Verstoffwechselung der Häme
Häme werden nach der Nahrungsaufnahme durch den sauren PH-Wert im Magen und durch enzymatische Proteolyse im Magen und Duodenum aus Myoglobin und Hämoglobin freigesetzt. Intestinale Epithelzellen internalisieren das freigesetzte Hämeisen über den HCP-1 (heme carrier protein 1) Transporter. Im Cytosol wird es durch das Enzym HO-1 (heme oxygenase-1) katabolisiert zu Biliverdin, zweiwertigem Eisen (Fe2+) und Kohlenmonoxid (CO).
Zielsetzung
Bislang gibt es keine Studien, die die Effekte von Hämeisen mit denen von anorganischem Eisen in gesunden bzw. transformierten Darmepithelzellen direkt miteinander verglichen haben. Weiterhin ist bis heute nicht klar, ob das Hämeisen selbst oder die zellulären Abbauprodukte des Eisens für die DNA-Schädigungen und die Zytotoxizität verantwortlich sind. Diese offenen Fragen sollen mit der vorliegenden Studie beantwortet werden.
Methodik
Die Untersuchungen zur Bildung von freien Sauerstoffradikalen (reactive oxygen species [ROS]) und deren Auswirkungen auf Darmepithelzellen insbesondere auf den Zelltod und die Zellviabilität wurden in vitro mittels Durchflusszytometrie mit humanen Darmepithelzellen (HCEC) und Tumorzellen des Darms (CRC) durchgeführt und in murinen intestinalen Organoiden verifiziert. Die Bestimmung der Eisenkonzentrationen in den Zellen erfolgte mittels ICP-Massenspektrometrie.
Ergebnisse
Bildung von freien Sauerstoffradikalen
Die Bildung von ROS in Zellkulturen in HCEC-Zellen und CRC-Zellen erfolgt durch die Aufnahme von Hämeisen. Die Aufnahme von anorganischem Eisen für nicht zur Bildung von ROS, da anorganisches Eisen im Gegensatz zu Hämeisen nicht über spezielle Transporter in die Zellen aufgenommen wird.
Auswirkungen auf die Darmepithelzellen
Die durch Hämeisen entstandenen ROS sind genotoxisch und verursachen oxidative DNA-Schädigungen und DNA-Strangbrüche in HCECs und CRCs. Dies verursacht bevorzugt in HCECs den Zelltod und vermindert die Zellviabilität nicht aber in CRCs. Versuche in intestinalen Organoiden bestätigen diese Ergebnisse. Bei Verwendung von anorganischem Eisen wird kein Zelltod induziert.
Kinetik und Signaltransduktion
Hämeisen als auch anorganisches Eisen kann von HCEC- und CRC-Zellen aufgenommen werden. Jedoch unterscheidet sich diese Aufnahme deutlich in ihrer Kinetik und der aufgenommen Menge. Eine direkte Korrelation zwischen dem zellulären Eisengehalt und den beobachteten genotoxischen und zytotoxischen Effekten gibt es nicht.
Die Aufnahme von Hämeisen aber nicht des anorganischen Eisens führt zur Stabilisierung des Transkriptionsfaktors Nrf2 und dessen Translokation in den Nukleus. Dies steigert die Expression von HOI-1, dass den Abbau von Hämeisen induziert und beschleunigt. Der schnellere Abbau des Hämeisens kann den DNA-Schaden in der Zelle verringern. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch chemische Inhibition oder Knockdown des Enzyms HO-1, die zu einer verstärkten Hämeisen-vermittelten ROS-Bildung und deren Folge führt. Die Abwesenheit von HO-1 verstärkt die zytotoxischen Effekte des Hämeisens in den gesunden Darmepithelzellen. Im Gegensatz hierzu zeigen die Tumorzellen eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Hämeisen und wurden in geringer Anzahl in den Zelltod geschickt.
Fazit
Die Studie zeigt, dass die Aufnahme von freigesetztem Hämeisen des Myoglobins aus rotem Fleisch, nicht aber das anorganische Eisen, gesunde Darmepithelzellen schädigt. Hämeisen besitzt eine zentrale Rolle bei der Bildung von ROS, die die DNA-Schädigung induziert. Gesunde Darmepithelzellen haben einen Schutzmechanismus entwickelt, indem sie das Enzym HO-1 nach Aufnahme von Hämeisen vermehrt exprimieren, um dessen Abbau zu beschleunigen und die Zelle vor dem Zelltod zu schützen. Darmkrebszellen zeigen sich gegen die zytotoxischen Effekte von Hämeisen resistenter und können die Karzinogenese hierdurch fördern.