Plötzlicher Kindstod: Empfehlungen zur Vorbeugung

Die Häufigkeit des plötzliche Kindstod lässt sich bislang nur durch das Minimieren der Risikofaktoren reduzieren. Um schlafende Babys bestmöglich zu schützen, hat daher die Vereinigung amerikanischer Pädiater kürzlich ihre Empfehlungen an den aktuellen Kenntnisstand angepasst.

Neugeborenes Mutter

Jedes Jahr versterben in den Vereinigten Staaten etwa 3.500 Säuglinge während des Schlafens am plötzlichen Kindstod (Sudden Infant Death Syndrome, SIDS), durch Strangulation oder Ersticken. Zwar kommen solche schlafbezogenen Todesfälle deutlich seltener vor als noch Anfang der 1990er, sind jedoch auf einem ähnlich hohem Niveau wie im Jahr 2000. Im internationalen Vergleich hat die USA daher eine recht hohe SIDS-Rate. Auch in Deutschland konnte der plötzliche Säuglingstod dank der Empfehlungen zu einem sicheren Schlaf um etwa 80 % gesenkt werden. Verstarben vor 30 Jahren noch über 1.000 Kinder pro Jahr, waren es 2020 nur noch 80.

Dreifach-Risiko-Modell des plötzlichen Kindstods

Die genaue Ursache für den plötzlichen Tod eines gesunden Säuglings ist unbekannt. Als gesichert gilt jedoch, dass folgende drei Faktoren aufeinandertreffen müssen (Dreifach-Risiko-Modell; Triple-Risk-Modell)

  • Gefährdetes Kind z. B. aufgrund eines genetischen Defekts
  • Kritische Entwicklungsphase z. B. Reifeprozesse an Herz und Lunge zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat
  • Exogene Stressfaktoren

Während die beiden Faktoren „gefährdetes Kind“ und „kritische Entwicklungsphase“ nicht beeinflussbar sind, können äußere Stressoren verändert werden. Dank intensiver Forschung konnten Wissenschaftler in den letzten 30 Jahren einige der Risikofaktoren, wie z. B. die Bauchlage, identifizieren. Insbesondere das Vermeiden der Bauchlage während des Schlafens scheint sehr wahrscheinlich für die Abnahme der Häufigkeit des plötzlichen Kindstods verantwortlich zu sein.

Aktualisierte Empfehlungen der AAP

Die American Academy of Pediatrics hat nun ihre Richtlinien für einen sicheren Schlaf von Säuglingen zum ersten Mal seit mehr als fünf Jahren aktualisiert. Die Empfehlungen sind mit den früheren Richtlinien konsistent, weisen jedoch aufgrund einiger neuer Erkenntnisse auch ein paar Änderungen auf. Insbesondere beinhaltet das Update eine detaillierte Darstellung verschiedener Szenarien des Bett-Teilens. „Der Tod eines Babys ist tragisch, herzzerreißend und oft vermeidbar. Wenn wir etwas gelernt haben, dann, dass das Einfachste das Beste ist: Babys sollten immer in einem Kinderbett oder Stubenwagen schlafen, auf dem Rücken, ohne Kuscheltiere, Kissen, Decken oder anderes Bettzeug", so die Autorin Dr. Rachel Moon, Professorin für Kinderheilkunde an der University of Virginia School of Medicine [1].

Empfehlungen zur Vermeidung des plötzlichen Kindstods

  • Babys, die jünger als ein Jahr sind, sollten nur auf dem Rücken schlafen. Sowohl von der Seiten- als auch von der Bauchlage wird abgeraten.
  • Zum Schlafen nur feste, flache Unterlagen verwenden, die frei von weichen Gegenständen wie Decken und Spielzeug sind. Diese sind zwar für viele Eltern schön anzusehen, erhöhen jedoch das Erstickungsrisiko.
  • Geneigte Oberflächen, einschließlich Autositze, Kinderwagen, Babyschalen und Babytragetücher, sind zum Schlafen ungeeignet, insbesondere wenn der Säugling jünger als vier Monate ist.
  • Babys sollten in den ersten sechs Monaten in ihrem eigenen Bett im Elternschlafzimmer, schlafen. Ungeeignet sind Couch, Sofa oder Sessel.
  • Überhitzung bei Säuglingen kann vermieden werden, indem diese entsprechend der Umgebungstemperatur angezogen und Kopfbedeckungen weggelassen werden.
  • Gepuckte Säuglinge dürfen aufgrund des in der Bauchlage hohen Sterberisikos nur in Rückenlage schlafen. Beweise, dass das Pucken das SIDS-verringert, gibt es allerdings nicht. Spätestens wenn das Baby beginnt, sich umzudrehen, sollte das Pucken beendet werden.
  • Schnuller zum Schlafengehen reduzieren ebenfalls das SIDS-Risiko.
  • Babys sollten bis zum sechsten Lebensmonat ausschließlich gestillt werden.
  • Nikotin, Alkohol, Opioide, Marihuana sowie illegale Drogen während der Schwangerschaft und nach der Geburt meiden
  • Die empfohlenen Impfungen wahrnehmen
  • Monitore, die die Herz- und Atemtätigkeit des Kindes erfassen (kardiorespiratorische Monitore), verhindern zwar den plötzlichen Kindstod nicht, sind jedoch auch nicht schädlich.
  • Vorsicht vor Geräten, von denen behauptet wird, dass sie das Risiko von SIDS oder anderen schlafbezogenen Todesfällen verringern. Die Verwendung dieser Produkte kann bei den Betreuungspersonen ein falsches Gefühl der Sicherheit hervorrufen.
  • Die regelmäßige pränatale Betreuung während der Schwangerschaft in Anspruch nehmen [2]

Einhalten der Empfehlungen schützt Babys am besten

Mit den neuen Schlafrichtlinien möchte der Fachverband der amerikanischen Kinder- und Jugendärzte neue Eltern, Großeltern und andere Betreuungspersonen von Säuglingen erreichen, damit alle wissen, wie sie das Risiko des plötzlichen Kindstods reduzieren können. Denn: „Der beste Weg, sein Baby während des Schlafs zu schützen, ist es, diese Richtlinien zu befolgen“, ist Moon sicher. Besonders vom Schlafen in demselben Bett rät der Fachverband ab. „Wir wissen, dass sich viele Eltern dafür entscheiden, ein Bett mit ihrem Kind zu teilen, beispielsweise um das Stillen zu erleichtern, aufgrund einer kulturellen Präferenz oder weil sie glauben, dass dies sicher ist. Es gibt jedoch eindeutige Beweise dafür, dass dies das Risiko für Verletzungen oder den Tod eines Babys erheblich erhöht, und aus diesem Grund kann die AAP das Teilen von Betten unter keinen Umständen unterstützen," so die Mitautorin Rebecca Carlin [1,3].

Autor:
Stand:
15.07.2022
Quelle:
  1. American Academy of Pediatrics, Pressemeldung, 21.06.2022., zuletzt abgerufen am 01.07.2022.
  2. Moon et al.: Sleep-Related Infant Deaths: Updated 2022 Recommendations for Reducing Infant Deaths in the Sleep Envoronment Pediatrics, DOI: 10.1542/peds.2022-057990.
  3. UVAHealth, Pressemeldung, 21.06.2021, zuletzt abgerufen am 01.07.2022.
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