Anwendung
Opioidanalgetika sind morphinartig wirkende Substanzen, die vor allem bei akuten und chronischen Schmerzen sowie zur Sedierung eingesetzt werden. Auch in der Substitutionstherapie finden sie Anwendung.
Man unterscheidet zwischen Opioiden und Opiaten. Erstere umfassen alle morphinartig wirkenden Substanzen, während Opiate nur die Alkaloide beinhalten, die in Opium enthalten sind.
Wirkmechanismus
Opioidanlagetika wirken als Agonisten, Partialagonisten, gemischten Agonisten-Antagonisten und Antagonisten über sogenannte Opioidrezeptoren, heterotrimere G-Proteine. Diese Rezeptoren sind auf der Zelloberfläche von unter anderem Nervenzellen zu finden. Man unterscheidet drei verschiedene Subtypen, den μ-, den κ- und den δ-Opioidrezeptor, von denen der μ-Opioidrezeptor die häufigste Zielstruktur von Opioidanlagetika ist. Durch Hemmung dieser endogenen Opioidrezeptoren werden Schmerzimpulse direkt an den Nervenzellen beziehungsweise ihren Synapsen in den Schmerzbahnen spinal als auch supraspinal unterbrochen. Man differenziert zwischen zentralen und peripheren Effekten.
Zentrale Effekte
Analgesie
Im Rückenmark hemmen Opioidanalgetika die Freisetzung von primär-afferenten Transmittern wie Glutamat oder Substanz P. Dadurch sinkt die Reizübertragung vom Rückenmark auf zentrale Bereiche im Gehirn über den Tractus spinothalamicus. Gleichzeitig werden umgekehrt im Mittelhirn absteigende Nervenbahnen stimuliert, die den Tractus spinothalamicus inhibieren. Im Thalamus, dem sensomotorischen Cortex und dem limbischen System werden zusätzlich Opioidrezeptoren stimuliert, sodass sich die Stärke des Schmerzempfindens und die emotionale Bewertung des Schmerzes ändern.
Euphorie
Opioidrezeptoren im Mittelhirn (Area tegmentalis ventralis) hemmen inhibitorische GABAerge Interneurone. Dadurch wird mehr Dopamin freigesetzt und die Schmerzangst sinkt. Gegensätzlich zu ihr entsteht aber Euphorie, die zur Suchtentwicklung beitragen kann. Chronisch Schmerzkranke sind davon ausgenommen, denn bei ihnen entsteht unter Opioidanalgetika zumeist kein Euphoriegefühl.
Sedierung, Antitussiva und emetische Wirkung
Opioidanalgetika hemmen Neuronen im aufsteigenden Teil der Formatio reticularis. So kann es zu einer Sedierung kommen, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt. Ebenso hemmen sie die Erregbarkeit des Hustenzentrums und stimulieren Rezeptoren in der Chemorezeptor-Triggerzone der Medulla oblongata, die Erbrechen auslösen können.
Atemdepression
Im medullären Atemzentrum regulieren Opioidagonisten die CO2-Empfindlichkeit herab. Dadurch wird der Atemrhythmus beeinflusst.
Periphere Effekte
Auch periphere Nervenendigungen nozizeptiver Afferenzen verfügen über Opioidrezeptoren. An dieser Stelle können Opioidanalgetika analgetisch eingreifen und die Sensibilisierung der Nozizeptoren hemmen. Ebenso verfügen viele Organe über periphere Opioidrezeptoren wie unter anderem der Magen-Darm-Trakt, der Sphincter Oddi und die Harnblasenschließmuskel. Dadurch kann es zu einer großen Bandbreite an Nebenwirkungen kommen.
Nebenwirkungen
Unter der Anwendung von Opioidanalgetika kann es zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
- Atemdepression
- psychotomimetische Wirkung, Verwirrtheit und Halluzinationen
- Sedierung
- Miosis
- Obstipation, Gallengangkontraktion und Harnverhalten
- Übelkeit und Erbrechen
- Diurese
- Bradykardie und Hypotonie
- Hypothermie
- physische und psychische Abhängigkeit (Suchtpotenzial)
- Toleranzentwicklung
- Entzugssymptomatik
- Zyklusstörungen bei Frauen
- Juckreiz
- Infektionsanfälligkeit
Wechselwirkungen
Besonders Medikamente, die am oder im zentralen Nervensystem wirken, können mit Opioidanalgetika wechselwirken und unter anderem eine Atemdepression auslösen. Aber auch verstärkende Interaktionen wurden beobachtet. Folgende Substanz(klassen) sind als Auslöser bekannt:
Kontraindikationen
Folgende Kontraindikationen sollten bei der Gabe von Opioidanlagetika beachtet werden:
- Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe
- Opiat-Abhängigkeit in der Anamnese
- Bewusstseinsstörungen
- Asthma bronchiale und andere Lungenerkrankungen, insbesondere chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (Opioidanalgetika können den Hustenreflex reduzieren)
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- paralytischer Ileus
- Cor pulmonale
- Gallen- oder Nierenkoliken
- eingeschränkte Atemfunktion und Atemstörungen
- Schädel-Hirn-Traumen
- Schwangerschaft und Stillzeit
Hinweise
Tritt eine Atemdepression unter Opioidanalgetika auf, kann der Patient durch Atemkommandos zur Ventilation angeregt werden – Vigilanz vorausgesetzt.
Je nach Wirkstoff, Dosierung und Dauer der Behandlung sind die Fahrtüchtigkeit sowie die Fähigkeit zum Führen und Bedienen von Maschinen stark eingeschränkt.
Leitsymptomtrias bei Opiatintoxikation: Bewusstseinsstörung + Atemdepression + Miosis;
Therapie: Stabile Seitenlage, Überwachung der Vitalfunktion; sofortige Naloxongabe.
Alternativen
Alternativen zur Therapie mit Opioidanalgetika sind nichtopioide Analgetika.