
Adipositas im Kindesalter ist mit vielen schweren gesundheitlichen Folgen in Jugend und Erwachsenenalter verbunden. Übergewicht stellt ein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes mellitus dar. Auch funktionelle Einschränkungen sowie psychische Erkrankungen treten bei Betroffenen häufiger auf.
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) hat daher im Jahr 2007 die »European Childhood Obesity Surveillance Initiative (COSI)« ins Leben gerufen, um eine standardisierte Sammlung von Überwachungsdaten zur Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern im Schulalter zu fördern. Daten einer neuen Analyse zeigen nun, dass in manchen Ländern Europas die Raten von Übergewicht und Adipositas nicht mehr steigen und nicht zwingend mit dem sozioökonomischen Status verbunden sind.
Neue Trends bei Adipositas-Prävalenz
Die Daten werden im Rahmen der COSI nach einem gemeinsamen Protokoll und mit standardisierten Instrumenten und Verfahren erhoben, um eine möglichst gute Vergleichbarkeit zu erreichen. An den ersten fünf Datenerhebungsrunde nahmen zwischen 2007 und 2021 insgesamt 45 Länder Teil. Es wurden an über 1,3 Millionen Kindern anthropometrische Messungen vorgenommen. Darüber hinaus wurden das schulische und familiäre Umfeld, die Ernährung und körperliche Bewegung der Kinder untersucht. Neue Ergebnisse aus der Analyse von zwölf Artikeln, die im medizinischen Fachjournal »Obesity Reviews« veröffentlicht wurden, zeigten nun überraschende Trends auf.
- Die Raten von Übergewicht und Adipositas steigen in manchen europäischen Ländern nicht mehr
- Ein höherer sozialer und ökonomischer Status korreliert nicht unbedingt mit niedrigeren Raten von Übergewicht und Adipositas
- Übergewicht und Adipositas rufen, wenn sie schon im Kindesalter auftreten, im späteren Leben größere Gesundheitsprobleme hervor
Sinkende Prävalenz in südlichen Regionen
Insgesamt sind in der Europäischen Region 28,7% der Jungen und 26,5% der Mädchen übergewichtig oder leiden an Adipositas. Länder in südlichen Teilen weisen eine höhere Prävalenz der Adipositas auf. Diesen Ländern ist es den neuen Daten zufolge gelungen, den Anstieg zu stoppen, die Prävalenz teilweise sogar zu senken.
In anderen Teilen Europas ist das Bild umgekehrt. Der Anteil an übergewichtigen oder adipösen Kindern ist etwa gleichgeblieben oder leicht gestiegen. Wesentliche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen traten nicht auf. Die Corona-Pandemie könnte die Situation erheblich verändert haben. Neure Studien zeigen einen Anstieg der Raten.
Heterogene Beziehung zu sozioökonomischem Status
Zwar weisen europäische Länder mit höherem Einkommen eine niedrigere Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in den höheren sozioökonomischen Schichten auf, in Schwellenländern zeigt sich allerdings ein entgegengesetzter Trend. Zudem scheint, den neuen Ergebnissen aus COSI-Daten zufolge, ein niedriger sozialökonomischer Status nicht immer mit ungesünderen Verhaltensweisen und Ernährungsgewohnheiten verbunden zu sein.
Kein Patentrezept für Bekämpfung von Adipositas
Die heterogene sozioökonomische Verteilung in den Ländern spricht laut WHO für die Notwendigkeit länderspezifischer und bevölkerungsbezogener Konzepte. Es gebe kein Patentrezept zur verlässlichen Bekämpfung von Adipositas und Übergewicht im Kindesalter. Dies zeige insbesondere die Erfahrung aus Ländern mit höherem Einkommen.
Maßnahmen und Investitionen erweitern
Surveillance-Daten zur Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen bilden die Grundlage für die Entwicklung wirksamer Konzepte und Strategien zur Bekämpfung des Problems in der Europäischen Region der WHO. Adipositas im Kindesalter stellt nach wie vor ein großes Risiko für die öffentliche Gesundheit in der Europäischen Region dar. Aus diesem Grund würden mehr Maßnahmen und Investitionen benötigt, um die im Globalen Aktionsplan zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (2013–2030) Zielvorgaben zu erreichen, so die WHO.