
Hintergrund
Zu den Leitsymptomen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (Chronic Obstructive Lung Disease [COPD]) gehören auch körperliche Leistungsschwäche und mangelnde Ausdauer. Beide können alltägliche Verrichtungen für COPD-Patienten erheblich erschweren und ihre Aktivitäten stark limitieren. In der pneumologischen Rehabilitation für COPD-Patienten wird daher gezielt daran gearbeitet, die körperliche Kraft und Ausdauer der Patienten zu steigern, damit sie ihren Alltag besser meistern können. Um die körperliche Fitness der Patienten noch effizienter als mit bloßem Training zu fördern, ist eine nitratreiche Ernährung in den Focus der Forschung gerückt. [1]
Stickoxide senken den Sauerstoffbedarf
Stickoxide spielen im Skelettmuskel eine zentrale Rolle. Sie regulieren den Blutfluss, den Glukose- und Kalzium-Haushalt sowie die mitochondriale Funktion im Muskel und bestimmen seine Kontraktilität. In einer bahnbrechenden Studie stellten Larsen et al. (2007) fest, dass eine zeitnahe Supplementation mit Nitrat als Stickoxid-Lieferant den Sauerstoffbedarf von gesunden Probanden bei submaximalem Training reduzierte. Weitere Studien zeigten, dass auch der Sauerstoffbedarf von COPD-Patienten mit einer Nitrat-Supplementierung vor dem Ergometer-Training gesenkt werden konnte. [2]
Konditionssteigerung durch Nitratsupplementierung?
Während in einigen Studien die Nitrat-Ergänzung auch die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten steigerte wurde dies in anderen Studien nicht beobachtet. Britische Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen einer Nitrat-Supplementierung im Vergleich zu Placebo bei COPD-Patienten, die ein achtwöchiges Trainingsprogramm im Rahmen einer pneumologischen Rehabilitation absolvierten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Thorax veröffentlicht.
Zielsetzung
Die Studie sollte die Frage beantworten, ob eine diätetische Nitrat-Supplementierung in Verbindung mit einem körperlichen Training einen positiven Einfluss auf die pneumologische Rehabilitation bei COPD-Patienten hat.
Methoden
Die doppelt-blinde, Placebo-kontrollierte, randomisierte Studie wurde an vier Zentren im Vereinigten Königreich durchgeführt. Für die Studie wurden erwachsene Patienten mit einer COPD-Erkrankung Grad II-IV der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) rekrutiert. Ein weiteres Kriterium für die Studienteilnahme war ein Dyspnoe Grad 3-5 nach dem Medical Research Council oder andere schwerwiegenden Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit durch die COPD.
Nitrat-Ergänzung über Rote-Beete-Saft
Die Teilnehmer wurden 1:1 in eine Gruppe mit Nitrat-Supplementation und eine Placebo-Gruppe randomisiert. Die Supplementation bestand aus 140 ml nitratreichem Rote-Beete-Saft (kommerzielles Produkt mit einem standardisierten Nitratgehalt von 12,9 mmol pro Einheit). Als Placebo diente der gleiche Rote-Beete-Saft, dem das Nitrat per Ionenaustausch entzogen worden war. Verum und Placebo waren hinsichtlich Aussehen und Geschmack identisch. Der Saft musste jeweils drei Stunden vor dem Reha-Training, das zweimal wöchentlich stattfand, getrunken werden. Das Training bestand aus Aerobic und Krafttraining. Außerdem wurden die Teilnehmer dazu angehalten sich auch außerhalb des Trainings möglichst viel zu bewegen. Die Aktivität der Teilnehmer wurde über ein Armband mit Accelerometer gemessen.
Entwicklung der körperlichen Fitness
Die Entwicklung der körperlichen Fitness wurde mithilfe des Shuttle-Walk-Test mit steigender Intensität (incremental shuttle walk test [ISWT]) gemessen. Der ISWT ermittelt die Gehstrecke, die der Patient bei vorgegebener, allmählich steigender Gehgeschwindigkeit bewältigen kann. Der Test endet, wenn ihn der Patient aufgrund von Dyspnoe oder Erschöpfung abbricht oder wenn er die vorgegebene Gehgeschwindigkeit nicht mehr einhalten kann. Vor Beginn des Reha-Programms wurde ein Baseline-ISWT durchgeführt. Primärer Endpunkt war die Veränderung des ISWT-Ergebnisses 7-14 Tage nach Abschluss des Reha Programms gegenüber dem Baseline-Ergebnis. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Lebensqualität, die körperliche Aktivität außerhalb des Trainings und der Blutdruck der Patienten.
Ergebnisse
An der Studie nahmen 165 COPD-Patienten teil. Den nitratreichen Rote-Beete-Saft erhielten 78 Teilnehmer, 87 nahmen den Placebo-Saft zu sich. 43 Teilnehmer schieden vor Abschluss des Reha-Programms aus verschiedenen Gründen aus. Von 122 Teilnehmern, die die Rehabilitation bis zum Schluss durchführten, waren 57 in der Verum-Gruppe und 65 in der Placebo-Gruppe. Die Patienten, die den nitratreichen Saft getrunken hatten, schnitten beim Abschluss ISWT signifikant besser als die Placebo-Gruppe ab. Die Verum-Gruppe konnte die zurückgelegte Distanz beim ISWT im Durchschnitt um 60 m, die Placebo-Gruppe nur um 30 m vergrößern. Darüber hinaus hatten die Teilnehmer in der Verum-Gruppe einen niedrigeren Blutdruck, sie waren körperlich aktiver und legten täglich mehr Schritte zurück als die Placebo-Gruppe.
Fazit
Die pneumologischen Rehabilitation ist evidenzbasiert und wird von allen aktuellen Leitlinien zum COPD-Management empfohlen. Das mehrwöchige Programm ist aber auch kostenintensiv, so dass die Interventionen nach Möglichkeit noch effizienter gestaltet werden sollten. Nach Ansicht der Autoren kann eine Nitrat-Supplementierung die Effekte des körperlichen Trainings steigern. Die Nitrat-Supplementierung ist dabei äußerst preisgünstig und wahrscheinlich auch nachhaltig, da die bessere Leistungsfähigkeit gegenüber der Placebo-Gruppe auch noch 7-14 Tage nach Abschluss der Studie im ISWT messbar waren. Nebenwirkungen der Behandlung zeigten sich nicht. Die Autoren empfehlen Langzeitstudien, um die Nachhaltigkeit der Nitrat-Supplementation zu überprüfen.