Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) kommt es zu einer persistierenden und üblicherweise progredienten Obstruktion der Atemwege. Charakteristisch sind chronischer Husten und Auswurf sowie Lungenemphyseme.
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist gekennzeichnet durch eine persistierende und üblicherweise progrediente Atemwegsobstruktion. COPD ist assoziiert mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen, die durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen ausgelöst wird. Exazerbationen und Komorbiditäten können den Schweregrad der Erkrankung mitbestimmen. Neben anderen Einflussfaktoren stellt Tabakrauchen den wichtigsten veränderbaren Risikofaktor in Deutschland dar.
COPD geht mit einer hohen Krankheitslast einher und zählt sowohl in Deutschland als auch weltweit zu den führenden Todesursachen. Charakteristisch ist das Bestehen von chronischem Husten und Auswurf (chronische Bronchitis) sowie Lungenemphysem, die oft in Kombination miteinander auftreten. COPD-Patienten sind zudem häufig von Atemnot betroffen, die im weiteren Krankheitsverlauf auch in Ruhe auftritt.
Nach den Richtlinien der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) wird die Krankheit in vier Schweregrade unterteilt.
Epidemiologie
Die COPD ist bezüglich Morbidität und Mortalität eine der führenden Erkrankungen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit etwa 600 Millionen Menschen betroffen. In den Vereinigten Staaten ist COPD die vierthäufigste Todesursache - europaweit liegt sie bereits an dritter Stelle. In den letzten drei Jahrzehnten wurde ein starker, hauptsächlich durch Rauchen bedingter, Anstieg verzeichnet.
COPD ist eine häufige Erkrankung ab dem mittleren Erwachsenenalter. Die Prävalenz ist bei Rauchern und Ex-Rauchern wesentlich höher als bei Nichtrauchern, bei über 40-Jährigen höher als bei unter 40-Jährigen und bei Männern höher als bei Frauen. Neuere Daten zeigen, dass die Prävalenz bei Frauen in entwickelten Ländern inzwischen ebenso hoch ist wie bei Männern.
Zur Epidemiologie der COPD in Deutschland gibt es bislang nur wenige Daten. Auf der Basis der BOLD-Studie waren die Prävalenzen der erwachsenen Bevölkerung von 5% bis über 10% geschätzt worden. In der Studie GEDA 2014/2015-EHIS ergab sich anhand von Selbstangaben mittels Fragebogen eine 12-Monats-Prävalenz von insgesamt 5,8 % (5,8 % bei Frauen und 5,7 % bei Männern). Die 12-Monats-Prävalenz steigt bei beiden Geschlechtern mit dem Alter deutlich an. Insgesamt besteht die bekannte COPD bei Frauen und Männern in der unteren Bildungsgruppe häufiger als in höheren Bildungsgruppen. Beim Vergleich der Ergebnisse mit Ergebnissen bisheriger epidemiologischer Untersuchungen sind erhebliche methodische Unterschiede zu berücksichtigen.
Ursachen
Ursachen der Atemwegsobstruktion sind im Wesentlichen eine Entzündung im Bereich der kleinen Atemwege (obstruktive Bronchiolitis) und eine Destruktion von Lungengewebe (Emphysem). Der relative Beitrag beider pathophysiologischer Prozesse zum Krankheitsbild ist sehr variabel. Obstruktive Bronchiolitis und Emphysem können einen Kollaps der Atemwege während der Ausatmung bedingen, was wiederum zum Phänomen der Überblähung unter Belastung führen kann.
Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD
Bei den Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD unterscheidet man genuine und exogene Faktoren.
Genuine Faktoren
Zu den genuinen Faktoren zählen:
genetische Prädisposition (z .B. Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel)
Die Atemwegsobstruktion bei COPD ist Folge von Veränderungen der Atemwege und des Lungenparenchyms. Sowohl Bronchitis/Bronchiolitis als auch Emphysem tragen zur Symptomatik und zur exspiratorischen Flusslimitierung bei. Die Verringerung der elastischen Rückstellkraft des Lungengewebes führt zusammen mit der entzündlich bedingten Querschnittsverminderung zu einem erhöhten Atemwegswiderstandes und der Verlagerung seiner Hauptkomponente von den großen Bronchien in den Bereich der kleineren Atemwege.
Symptome
Die Symptomatik entwickelt sich zumeist schleichend. Charakteristisch ist das Bestehen einer chronischen Bronchitis sowie eines Lungenemphysems, die oft in Kombination miteinander auftreten. COPD-Patienten sind zudem häufig von Atemnot betroffen, die im weiteren Krankheitsverlauf auch in Ruhe auftritt. Thorakales Engegefühl und pfeifende Atemgeräusche können ebenfalls vorhanden sein. Im Verlauf zeigen sich meist eine reduzierte Leistungsfähigkeit, häufigere oder länger anhaltende bronchiale Infekte, im Spätstadium auch Gewichtsabnahme. Viele COPD-Patienten sind von weiteren chronischen Erkrankungen wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen. Dabei tragen die bestehenden Begleiterkrankungen zu deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität von COPD-Patienten bei.
Diagnostik
Die Diagnose COPD ist bei allen Patienten mit Husten, Auswurf, Atemnot und/oder Vorhandensein genuiner Risikofaktoren und/oder einer Expositionsanamnese in Erwägung zu ziehen. Die Diagnose wird durch den Nachweis einer nicht vollständig reversiblen Atemwegsobstruktion gesichert. Die wichtigste Differentialdiagnose ist das Asthma bronchiale.
Anamnese
Die Anamnese soll bei Verdacht auf COPD folgende Angaben enthalten:
Exposition gegenüber Tabakrauch (aktiv/passiv) und anderen Risikofaktoren
Angaben über Asthma, Allergien, und andere Lungen- sowie HNO-Erkrankungen
Exazerbationen mit und ohne Krankenhausaufenthalt
Komorbiditäten (Herzerkrankungen u. a.)
gegenwärtige Medikation
körperliche Aktivität
Befunde der körperlichen Untersuchung
Körperliche Untersuchungsbefunde bei mittelschwerer und schwerer Erkrankung sind:
verlängerte Exspiration, Giemen, Pfeifen und Brummen
Lungenüberblähung mit tief stehenden Zwerchfellen, ggf. Fassthorax, und Einziehungen im Bereich der Flanken
zentrale Zyanose
periphere Ödeme
Röntgenaufnahmen der Thoraxorgane
Eine Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane ist bei der Erstdiagnostik sinnvoll und sollte in zwei Ebenen durchgeführt werden, damit differentialdiagnostisch relevante Erkrankungen oder bedeutsame Komorbiditäten, wie z. B. ein Lungenkarzinom, eine Tuberkulose, Lungenparenchymerkrankungen oder eine Lungenstauung, erkannt werden können. Große Emphysemblasen sowie ausgeprägte pleurale Veränderungen können ebenfalls identifiziert werden.
Lungenfunktionsdiagnostik
Um die Diagnose COPD zu stellen, soll in jedem Fall eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt werden, um die Obstruktion zu dokumentieren. Die globale Initiative GOLD definiert die Obstruktion anhand einfach zu messender spirometrischer Kriterien: der postbronchodilatatorisch gemessene Tiffeneau Index (FEV1/FVC) < 70% oder alternativ FEV1/FVC < als die untere Normgrenze (lower limit of normal, LLN).
Je nach Fragestellung können sich noch weitere Untersuchungen anschließen. Anhand der Ganzkörperplethysmografie ergeben sich Hinweise, ob es sich eher um eine COPD mit chronischer Bronchitis oder eine COPD mit Lungenemphysem handelt. Reversibilitätstests mit inhalierbaren und/oder oralen Kortikosteroiden können in Einzelfällen zur Abgrenzung von einem Asthma bronchiale durchgeführt werden. Weitere diagnostische Methoden sind die Bestimmung der CO-Diffusionskapazität, Blutgasanalyse, Belastungstests, Computertomographie des Thorax, Laboruntersuchungen, Sputumdiagnostik, Elektrokardiogramm und Echokardiographie.
Schweregrad der COPD
GOLD empfiehlt, den Schweregrad der Obstruktion anhand der postbronchodilatatorisch gemessenen FEV1- Werte zu bestimmen, wenn das Kriterium der Obstruktion (FEV1/FVC < LLN oder < 70%) erfüllt wurde.
Schweregrad der Obstruktion bei COPD nach GOLD
Schweregrad nach FEV1 (nach Bronchodilatation gemessen)
Kriterium für Obstruktion FEV1/FVC < LLN oder < 70%
I (leicht)
FEV1 ≥ 80% Soll
II (mittelgradig)
50% - 79% Soll
III (schwer)
30% - 49% Soll
IV (sehr schwer)
FEV1 < 30% Soll
Einteilung der Patienten in die Gruppen A bis D
Zusätzlich zur spirometrischen Klassifikation fließen auch die Zahl der Exazerbationen sowie das Ausmaß der Symptome in die Schweregradeinteilung ein:
Zahl der akuten Krankheitsschübe (Exazerbationen) in den letzten zwölf Monaten
Ausmaß der Symptome. Die Schwere der Symptome kann hierbei entweder mit dem sogenannten COPD Assessment Test (CAT-Score) oder dem Modified British Medical Research Council Questionnaire (mMRC) bewertet werden.
Somit ergeben sich folgende 4 Gruppen:
Gruppe A: 0 bis 1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste; wenige Symptome (CAT <10; mMRC 0-1)
Gruppe B: 0 bis 1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste; mehr Symptome (CAT ≥ 10; mMRC ≥ 2)
Gruppe C: ≥ 2 Exazerbationen im letzten Jahr oder ≥ 1 Exazerbation, die im Krankenhaus behandelt werden musste; wenige Symptome (CAT <10; mMRC 0-1)
Gruppe D: ≥ 2 Exazerbationen im letzten Jahr oder ≥ 1 Exazerbation, die im Krankenhaus behandelt werden musste; mehr Symptome (CAT ≥ 10; mMRC ≥ 2)
Komorbiditäten
Zur Diagnose der COPD gehört auch eine umfangreiche und gezielte Diagnostik bezüglich der Begleiterkrankungen. Komorbiditäten beeinflussen ebenfalls die Schwere der COPD, werden aber bei der Stadieneinteilung A, B, C und D bisher nicht berücksichtigt. Ätiologisch wird das gehäufte Auftreten von Komorbiditäten bei Patienten mit COPD durch das Rauchen, körperliche Inaktivität, chronische Entzündungsreaktionen und vorzeitige Alterungsmechanismen erklärt, der kausale Zusammenhang ist allerdings bisher nicht ausreichend untersucht. Beispielsweise ist COPD mit einem 2,5-fach höheren Gesamtrisiko für alle kardiovaskulären Erkrankungen verbunden. Weitere Komorbiditäten sind u. a. das Lungenkarzinom, Osteoporose, Muskeldysfunktion, metabolisches Syndrom/Diabetes und mentale Erkrankungen wie Angststörungen und Depression.
Therapie
Ziele der COPD-Therapie
Die Ziele der COPD-Therapie sind:
Reduktion der Krankheitsprogression
Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit
Linderung der Beschwerden und Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes
Vorbeugen und Behandeln von Exazerbationen, Komplikationen und Begleiterkrankungen
Erhalt einer möglichst hohen Lebensqualität
Medikamentöse Therapie
Basistherapie bei symptomatischen COPD-Patienten sind inhalierbare Bronchodilatatoren wie Beta-2-Sympathomimetika und Anticholinergika. Sie unterscheiden sich in ihrem pharmakologischen Wirkmechanismus, so dass sie auch kombiniert werden können, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Bei regelmäßiger Anwendung sind langwirksame Bronchodilatatoren den kurzwirksamen Präparaten vorzuziehen.
Theophyllin ist weniger effektiv als inhalative langwirksame Bronchodilatatoren und wird zudem schlechter vertragen. Die Auswahl der Substanzen richtet sich nach dem Ausmaß der Symptomatik, der Schwere und Häufigkeit von Exazerbationen und den Komorbiditäten. Bei häufigen Exazerbationen werden in den höheren Schweregraden der Erkrankung auch inhalierbare Kortikosteroide oder der Phosphodiesterase-4-InhibitorRoflumilast eingesetzt. Wenn die COPD sehr weit fortgeschritten ist, wird zusätzlich oft eine Behandlung mit Sauerstoff notwendig.
Nichtmedikamentöse Therapie
Nichtmedikamentöse Therapieoptionen umfassen neben der Prävention die nichtmedikamentöse Behandlung (körperliches Training, Patientenschulung, Atemtherapie, Ernährungsberatung) sowie apparative/operative Maßnahmen (Langzeitsauerstofftherapie, nichtinvasive Beatmung, Lungenvolumenreduktion, Lungentransplantation).
Prognose
Eine COPD-Erkrankung verringert die Lebenserwartung um durchschnittlich fünf bis sieben Jahre, kann aber mit einer optimalen Therapie und konsequentem Selbstmanagement wieder verbessert werden.
Die Lebenserwartung ist neben anderen Faktoren abhängig vom individuellen FEV1. Sie liegt bei:
10 Jahren, wenn FEV1 > 1,25 Liter
5 Jahren, wenn FEV1 0,75 – 1,25 Liter
3 Jahren, wenn FEV1 < 0,75 Liter (1-Jahres-Mortalität: 30%)
Günstige Aussichten bestehen, wenn die bronchiale Obstruktion reversibel ist, ungünstig hingegen wirken sich hohes Alter, niedriger FEV1-Wert sowie Hypoxie bzw. Hyperkapnie aus.
Prophylaxe
Die Tabakentwöhnung ist die wirksamste und kosteneffektivste Einzelmaßnahme, um die Entstehung der COPD zu verhindern und die Progression der Krankheit zu verlangsamen. Durch eine Kombination aus verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und einer begleitenden Pharmakotherapie können langzeitige Abstinenzraten von 25% und mehr erreicht werden. Weitere präventive Maßnahmen sind Schutzimpfungen sowie Arbeitsplatzhygiene.