
Bundesweit erfasste die multizentrische prospektive Beobachtungsstudie ADRED (“Adverse Drug Reactions in Emergency Departments”, N = 2939) Vorstellungen in Notaufnahmen, die durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bedingt waren. Unabhängig von der Ursache der Vorstellung wurden systematisch Vordiagnosen, Medikationspläne und aktuelle Symptome erfasst. Damit ermöglichen die Daten auch die Analyse andere versorgungsrelevante Aspekte. Für die aktuelle, von Dr. Ingmar Bergs und Kollegen von der Klinik für Pneumologie der Uniklinik der RWTH Aachen vorgestellte Auswertung erfolgte durch zwei Pneumologen eine Bewertung der Medikationspläne von 269 Patienten mit der Vordiagnose COPD anhand aktueller Leitlinien [1].
32% ohne inhalative Therapie
112 der 269 untersuchten COPD-Patienten (42%) waren entsprechend der GOLD-Klassifikation klassifiziert, 58% nicht. Von den nach GOLD klassifizierten Patienten mit COPD entsprachen 7% GOLD I, 15% GOLD II, 11% GOLD III und 9% GOLD IV. 68% dieser Patientinnen und Patienten hatten bei Vorstellung in der Notaufnahme eine inhalative Therapie. Von diesen Betroffene erhielten fast alle (65% von 67%) ein langwirksames Betamimetikum (LABA), 59% hatten auch eine Verordnung für einen langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten (LAMA) und 45% für ein inhalatives Kortikosteroid (ICS). Eine LABA-LAMA-Kombination erhielten 20%, eine ICS-LABA-Kombination 8% und eine Dreifachtherapie 30% der Patienten. Eine Verordnung für kurzwirksame Betaagonisten (SABA) war für 54%, für kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (SAMA 41%) und eine kombinierte SABA-SAMA-Bedarfsmedikation für 26% dokumentiert.
Jede zweite Verordnung unzureichend
58 der 112 nach GOLD klassifizierten Patienten mit COPD (52%) hatten nach Beurteilung der Lungenfachärzte gemäß der Leitlinienempfehlungen eine unzureichende Verordnung, berichtete Bergs. Das war mit entsprechenden Symptomen assoziiert: Betroffene mit unzureichender Verordnung wiesen signifikant häufiger das Symptom Dyspnoe auf als Personen, die mit einer leitlinienentsprechenden COPD-Therapie in die Notaufnahme gekommen waren (50% vs. 35%; p=0,001). Eine als unzureichend bewertete Therapie war zudem assoziiert mit der Hauptdiagnose COPD oder Dyspnoe bei Notaufnahme (48% vs. 30% bei adäquater Therapie; p=0,004). Keinen signifikanten Unterschied gab es zwischen adäquater und nicht adäquater COPD-Therapie hinsichtlich des Symptoms Husten (16 vs. 9%; p=0,135).
Leitliniengemäße Therapie könnte Notaufnahmen verringern
Ein großer Teil der COPD Patienten, die sich in der Notaufnahme vorstellen, weisen Verordnungspläne der inhalativen Therapien auf, die von Fachpneumologen als unzureichend eingeschätzt wurden. Die unzureichende Therapie war assoziiert mit Dyspnoe als Vorstellungsgrund. Eine bessere Pharmakovigilanz und Kontrolle der Medikation könnte nach Einschätzung von Bergs einen Teil der Vorstellungen von COPD Patienten aufgrund von Dyspnoe in Notaufnahmen vermeiden.