
Hintergrund
Die Notwendigkeit des Infektionsschutzes bei der medizinischen Versorgung während der COVID-19-Pandemie hat für einen enormen Schub bei der Anwendung und Entwicklung telemedizinischer Systeme gesorgt. Doch auch jenseits des Infektionsschutzes, zeigen sich die Vorteile einer fortschreitenden Digitalisierung mit tragbaren „wearable“ Telemonitoring-Systemen für die Patienten und ihre optimale Versorgung.
Vorteile des Telemonitorings
Telemonitoring ermöglicht eine lückenlose Langzeitbeobachtung der erforderlichen Gesundheitsparameter in den verschiedenen Lebenssituationen und liefert so ein realistischeres Bild der Körperfunktionen des Patienten, als die Momentaufnahmen im „künstlichen“ Praxis- oder Kliniksetting. Es erlaubt, dem Patienten seinen Alltag weitgehend ungestört zu gestalten und erspart ihm Anfahrten und Wartezeiten. Je kleiner und unauffälliger die Monitoring-Technik ist, desto komfortabler ist sie für den Patienten. Auf dem virtuellen ERS-Kongress wurde der aktuellen „wearable“-Technik eine eigene Session „Insights from wearable respiratory sensors and AI“ gewidmet.
Smarte Pflaster
Für das kardiologische Monitoring wurden bereits Pflaster zur Messung von Langzeit-EKGs entwickelt, nun soll es bald auch smarte Pflaster geben, die die Atemfrequenz und das Atemvolumen zuverlässig über 7-14 Tage messen. Bernard Grundlehner, M. Sc. und System Architect Wearable EEG bei Imec Netherlands, erklärte auf dem ERS Kongress 2020, wie solch ein respiratorisches Monitoring per smartem Pflaster funktioniert.
Impedanzpneumographie
Für das respiratorische Monitoring per Chip ist die Impedanzpneumographie am besten geeignet. Von einer Nutzung der Daten bereits bestehender EKG-Sensoren für die Messung der Atemfrequenz ist man abgerückt, weil die Messergebnisse durch Arrhythmien beeinflusst werden können. Auch die Aufzeichnung von Bewegungen der Brustwand durch entsprechende Sensoren und eine modulierte Photoplethysmographie hat man verworfen, weil diese Techniken sehr störanfällig für alle Bewegungen sind und daher nicht alltagstauglich. Die Impedanzpneumographie hingegen ist nicht nur weniger störanfällig, sie ist auch in der Lage, neben der Atemfrequenz auch das Atemvolumen zu messen.
Erfahrungen aus Studien
Dr. ir. Tom Van Steenkiste von der Univeristät Ghent konnte in einer Studie zur Messung von Atemaussetzern bei Schlafapnoe zeigen, dass ein System aus smartem Pflaster und künstlicher Intelligenz sehr zuverlässige Ergebnisse lieferte. Es konnte im Zusammenhang mit „deep learning“ auch die spezifischen Atemmuster, die auf eine Schlaf-Apnoe hinweisen, besser erkennen als humane Experten.
COPD-Studie
Dolores Blanco-Almazán, M. Sc., vom Institut für Bioengineering von Katalonien erprobte in einer Pilotstudie zum Telemonitoring von COPD eine smartes Pflaster in die Technologie für Impedanzpneumographie und Myographie kombiniert waren. Anhand der Messergebnisse ließ sich der Schweregrad der COPD eindeutig ablesen. Darüber hinaus konnten zusätzliche Informationen zur Kondition der COPD-Patienten aus der Muskelaktivitätsmessung abgeleitet werden.
ZukunftsMUSEIC
In Zukunft seien smarte Pflaster mit multimodalen Monitoring-Chips geplant, die auf einer Grundfläche von wenigen Quadratmillimetern EKG, Atemfrequenz, Atemtiefe, Sauerstoffsättigung SpO2 und die Bewegungsaktivität von Patienten bei äußerst geringem Energieverbrauch messen und über Bluetooth an die entsprechenden Empfangsgeräte übermitteln können. Ein Prototyp ist unter Namen MUSEIC ist bereits in Entwicklung.