Atomoxetin

Atomoxetin ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) angewendet wird. Der Wirkstoff besitzt keine direkte Wirkung auf Serotonin- oder Dopamin-Transporter.

Atomoxetin

Anwendung

Atomoxetin (Strattera und Generika) wird angewendet zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ab einem Alter von 6 Jahren.

Anwendungsart

Atomoxetin ist für die orale Einnahme vorgesehen.

Wirkmechanismus

Atomoxetin hemmt den präsynaptischen Noradrenalin-Transporter (NET) und verhindert so die Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt. Der Wirkmechanismus, welcher der Wirkung bei der Behandlung von ADHS zugrunde liegt ist unklar; Es wird jedoch angenommen, dass er mit der selektiven Hemmung der präsynaptischen Wiederaufnahme von Noradrenalin im präfrontalen Kortex zusammenhängt, was zu einer erhöhten noradrenergen Übertragung führt, die für Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis wichtig ist.

Pharmakokinetik

Atomoxetin ist sehr gut wasserlöslich und wird schnell und vollständige nach oraler Einnahme resorbiert. Die absolute orale Bioverfügbarkeit reicht von 63 bis 94%, was durch das Ausmaß seines First-Pass-Metabolismus bestimmt wird. An der systemischen Clearance von Atomoxetin sind drei oxidative Stoffwechselwege beteiligt: ​​

  • aromatische Ringhydroxylierung
  • benzylische Hydroxylierung und
  • N-Demethylierung

Die aromatische Ringhydroxylierung führt zur Bildung des primären oxidativen Metaboliten von Atomoxetin, 4-Hydroxyatomoxetin, das anschließend glucuronidiert und im Urin ausgeschieden wird. Die Bildung von 4-Hydroxy-Atomoxetin wird hauptsächlich durch das polymorph exprimierte Enzym Cytochrom P450 (CYP) 2D6 vermittelt.

Extensive Metabolisierer mit mittelschwerer (Child-Pugh-Klasse B) oder schwerer (Child-Pugh-Klasse C) Leberinsuffizienz haben im Vergleich zu gesunden Probanden eine erhöhte Atomoxetin-Exposition. Daher wird bei diesen Patienten eine Dosisreduktion empfohlen. Nach einer Einzeldosis von 20 mg Atomoxetin war die AUC bei Erwachsenen mit mittelschwerer (n=6) oder schwerer (n=4) Leberfunktionsstörung signifikant höher als bei gesunden Probanden (1,59 vs. 0,85 μg ⋅ h/mL; p < 0,05).

Extensive Metabolizer mit Nierenerkrankungen im Endstadium zeigten keinen signifikanten Unterschied zu gesunden Probanden, wenn die Exposition dosiskorrigiert wurde.] Die Pharmakokinetik von Atomoxetin wurde nicht durch das Geschlecht oder die ethnische Herkunft beeinflusst (mit Ausnahme von Kaukasiern, die eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, langsame Metabolisierer zu sein).

Dosierung

Dosierung bei Kindern und Jugendlichen bis zu 70 kg Körpergewicht

Die Behandlung sollte mit einer Gesamttagesdosis von etwa 0,5 mg/kg begonnen werden. Die Initialdosis sollte für mindestens 7 Tage beibehalten werden, bevor die Dosis je nach Wirksamkeit und Verträglichkeit auftitriert wird. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt etwa 1,2 mg/kg/Tag.

Für Tagesdosen über 1,2 mg/kg konnte kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden.

Dosierung bei Kindern und Jugendlichen über 70 kg Körpergewicht

Es wird eine Initialdosis von 40 mg empfohlen, die für mindestens 7 Tage beibehalten werden sollte, bevor die Dosis entsprechend der Wirksamkeit und Verträglichkeit auftitriert wird. Die empfohlene
Erhaltungsdosis beträgt 80 mg. Für Dosen über 80 mg konnte kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden. Die maximal empfohlene Tagesdosis beträgt 100 mg.

Dosierung bei Erwachsenen

Die Behandlung wird mit einer Gesamttagesdosis von 40 mg begonnen und sollte für mindestens 7 Tage beibehalten werden, bevor die Dosis entsprechend der klinischen Wirksamkeit und Verträglichkeit auftitriert wird. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt 80 bis 100 mg täglich. Die maximal empfohlene Gesamttagesdosis beträgt 100 mg. Die Sicherheit von Einzeldosen über
120 mg und Gesamttagesdosen von mehr als 150 mg wurde nicht systematisch untersucht.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen bei der Anwendung von Atomoxetin sind:

  • Kopfschmerzen
  • abdominelle Schmerzen
  • verminderter Appetit

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen sind vor der Anwendung von Atomoxetin zu beachten:

  • MAO-Hemmer: Atomoxetin darf nicht zusammen mit MAO-Hemmern angewendet werden
  • CYP2D6-Inhibitoren (SSRI (z. B. Fluoxetin, Paroxetin), Chinidin, Terbinafin): Erhöhungen der Atomoxetin-Serumkonzentration möglich
  • Salbutamol (oder andere Beta-2-Agonisten): Wirkung von Salbutamol auf das Herzkreislaufsystem kann verstärkt werden
  • Es besteht die Möglichkeit eines erhöhten Risikos für eine QT-Zeit-Verlängerung, wenn Atomoxetin zusammen mit anderen Arzneimitteln eingenommen wird, die das QT-Intervall verlängern (wie z. B. Neuroleptika, Antiarrhythmika der Klassen IA und III, Moxifloxacin, Erythromycin, Methadon, Mefloquin, trizyklische Antidepressiva, Lithium oder Cisaprid), die den Elektrolythaushalt stören (wie z. B. Thiaziddiuretika) oder die CYP2D6 inhibieren.
  • Arzneimittel, die die Krampfschwelle herabsetzen können (wie z. B. trizyklische Antidepressiva, SSRIs, Neuroleptika, Phenothiazine, Butyrophenone, Mefloquin, Chloroquin, Bupropion oder Tramadol). Vorsicht ist geboten, da Krampfanfälle ein potentielles Risiko der Behandlung mit Atomoxetin darstellen. Des Weiteren sollte das Absetzen einer Benzodiazepin-Begleittherapie aufgrund möglicher absetzbedingter Krampfanfälle mit Vorsicht erfolgen.
  • Antihypertensiva: Atomoxetin muss in Kombination mit blutdrucksenkenden Arzneimitteln mit Vorsicht eingesetzt werden. Aufgrund eines möglichen Blutdruckanstiegs kann Atomoxetin die Wirksamkeit von Blutdrucksenkern/Arzneimitteln zur Behandlung des Bluthochdrucks vermindern.
  • Blutdrucksteigernde Arzneimittel oder Arzneimittel, die einen Blutdruckanstieg bewirken: Aufgrund des möglichen Blutdruckanstiegs darf Atomoxetin in Kombination mit blutdrucksteigernden Arzneimitteln bzw. Arzneimitteln, die einen Blutdruckanstieg bewirken können (wie z. B. Salbutamol), nur mit Vorsicht eingesetzt werden.
  • Arzneimittel, die den Noradrenalinhaushalt beeinflussen: additive oder synergistische pharmakologische Effekte möglich. Beispiele sind Antidepressiva wie Imipramin, Venlafaxin und Mirtazapin oder schleimhautabschwellende Mittel wie Pseudoephedrin oder Phenylephrin.

Kontraindikationen

Atomoxetin darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Anwendung von Monoaminoxidase (MAO)-Hemmern. (Die Therapie mit einem MAO-Hemmer muss seit mindestens 2 Wochen beendet sein, bevor Atomoxetin angewendet werden darf. Atomoxetin muss mindestens 2 Wochen lang abgesetzt sein, bevor die Behandlung mit einem MAO-Hemmer begonnen werden darf.
  • Engwinkelglaukom: erhöhte Inzidenz einer Mydriasis
  • schweren kardiovaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen
  • Phäochromozytom

Schwere kardiovaskuläre Erkrankungen können u. a. sein:

  • schwere Hypertonie
  • Herzinsuffizienz
  • arterielle Verschlusskrankheit
  • Angina pectoris
  • hämodynamisch relevanter angeborener Herzfehler
  • Kardiomyopathien
  • Myokardinfarkt
  • möglicherweise lebensbedrohliche Arrhythmien
  • Ionenkanalerkrankungen (Erkrankungen, die durch eine veränderte Funktion von Ionenkanälen verursacht werden).

Schwere zerebrovaskuläre Erkrankungen können zerebrales Aneurysma oder Schlaganfall beinhalten.

Schwangerschaft

Für Atomoxetin liegen nur begrenzt klinische Daten bei exponierten Schwangeren vor. Solche Daten sind nicht ausreichend, um auf einen Zusammenhang bzw. einen fehlenden Zusammenhang zwischen Atomoxetin und Nebenwirkungen während der Schwangerschaft und/oder der Stillzeit hinzuweisen. Atomoxetin darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der mögliche Nutzen rechtfertigt das mögliche Risiko für den Foetus.

Stillzeit

Atomoxetin und/oder seine Metaboliten werden bei Ratten in die Milch ausgeschieden. Es ist nicht bekannt, ob Atomoxetin beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Aufgrund der unzureichenden Datenlage dürfen stillende Mütter Atomoxetin nicht anwenden.

Verkehrstüchtigkeit

Es liegen nur begrenzte Daten zu den Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen vor. Atomoxetin hat einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Bei pädiatrischen und erwachsenen Patiententraten unter Atomoxetin im Vergleich zu Placebo vermehrt Müdigkeit, Somnolenz und Schwindelgefühl auf. Patienten müssen darauf hingewiesen werden, vorsichtig zu sein, wenn sie ein Fahrzeug führen oder gefährliche Maschinen bedienen, bis sie sicher sind, dass ihre Leistungsfähigkeit durch die Einnahme von Atomoxetin nicht beeinträchtigt wird.

Alternativen

Die pharmakologische Behandlung der ADHS umfasst neben Atomoxetin die Wirkstoffe:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
255.35 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 3.6 H
Kindstoff(e):
Quelle:
  1. Fachinformation Atomoxetin ratiopharm
  2. Sauer, John-Michael, Barbara J. Ring, and Jennifer W. Witcher. "Clinical pharmacokinetics of atomoxetine." Clinical pharmacokinetics 44.6 (2005): 571-590.
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