Clopidogrel

Clopidogrel gehört zur Wirkstoffgruppe der Thrombozytenaggregationshemmer und wird angewendet zur Prophylaxe atherothrombotischer Ereignisse. Das Prodrug entfaltet seine Wirkung erst nach Metabolisierung durch hauptsächlich CYP2C19 in seine wirksame Form.

Clopidogrel

Anwendung

Clopidogrel besitzt folgende Indikationen:

  • Herzinfarkt (wenige Tage bis weniger als 35 Tage zurückliegend)
  • ischämischer Schlaganfall (7 Tage bis weniger als 6 Monate zurückliegend)
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • akutes Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung (instabile Angina Pectoris oder Non-Q-Wave-Myokardinfarkt), einschließlich Patienten, denen bei einer perkutanen Koronarintervention ein Stent implantiert wurde, in Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS)
  • akuter Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung, in Kombination mit ASS bei Patienten, die sich einer perkutanen Koronarintervention unterziehen (einschließlich Patienten, die sich einer Stent-Platzierung unterziehen) oder medikamentös behandelten Patienten, die für eine Thrombolyse/Fibrinolyse geeignet sind.
  • Prävention atherothrombotischer und thromboembolischer Ereignisse bei Vorhofflimmern, einschließlich Schlaganfall bei Patienten mit mindestens einem Risikofaktor für vaskuläre Ereignisse, die keine Vitamin-K-Antagonisten-Therapie erhalten können und die ein geringes Blutungsrisiko aufweisen, in Kombination mit ASS

Anwendungsart

Clopidogrel ist in Form von Filmtabletten zur oralen Anwendung auf dem deutschen Markt zugelassen und kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden.

Wirkmechanismus

Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel ist ein Prodrug, das erst durch Metabolisierung durch hauptsächlich CYP2C19 in seine wirksame Form, ein Thiolderivat von Clopidogrel, metabolisiert wird. Der aktive Metabolit blockiert selektiv den ADP-Rezeptor vom Subtyp P2Y12 auf der Oberfläche von Thrombozyten und damit irreversibel die Adenosindiphosphat (ADP)-vermittelte Aktivierung des Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptors, der über Fibrinogenbrücken die Thrombozytenvernetzung initiiert. Adenosindiphosphat (ADP) ist die wichtigste endogene thrombozytenaktivierende Substanz.

TAH

Pharmakokinetik

Clopidogrel ist ein Prodrug, das teilweise über das Cytochrom P450 2C19 (CYP2C19) in der Leber metabolisiert wird, bevor es seine biologische Wirksamkeit zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse entfalten kann

Resorption

Clopidogrel wird nach einmaliger und wiederholter Einnahme rasch resorbiert. Mittlere Peakplasmaspiegel des unveränderten Clopidogrels werden ungefähr 45 Minuten nach Einnahme erreicht. Die Resorptionsrate beträgt bezogen auf die im Urin ausgeschiedenen Clopidogrel-Metaboliten mindestens 50%.

Verteilung

Die Plasmaproteinbindung von Clopidogrel und des hauptsächlich zirkulierenden (inaktiven) Metaboliten beträgt jeweils 98% und 94%. In vitro bleibt die Bindung über einen weiten Konzentrationsbereich ungesättigt.

Biotransformation

Clopidogrel wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert. Einerseits wird Clopidogrel durch Esterasen hydrolisiert, wobei das inaktive Carboxylsäurederivat entsteht (85% der zirkulierenden Metaboliten) und andererseits wird Clopidogrel über mehrere Cytochrome P450 zuerst zu einem 2-Oxo-Clopidogrel-Zwischenprodukt metabolisiert. Nachfolgende Metabolisierung des 2-Oxo-Clopidogrel-Zwischenproduktes ergibt die Bildung des aktiven Metaboliten (ein Thiolderivat von Clopidogrel). Der aktive Metabolit wird hauptsächlich durch CYP2C19 gebildet mit Beteiligung mehrerer anderer CYP-Enzyme, einschließlich CYP1A2CYP2B6 und CYP3A4.
Die Cmax wird etwa 30 bis 60 Minuten nach Einnahme erreicht.

Elimination

Nach Gabe einer oralen Dosis von 14C-markiertem Clopidogrel wurden beim Menschen innerhalb von 120 Stunden ca. 50% im Urin und ca. 46 % im Stuhl ausgeschieden. Nach einer einmaligen oralen Gabe von 75 mg hat Clopidogrel eine Halbwertszeit von ungefähr 6 Stunden. Die Eliminationshalbwertszeit des hauptsächlich zirkulierenden (inaktiven) Metaboliten betrug sowohl nach einmaliger als auch nach wiederholter Gabe 8 Stunden.

Pharmakogenetik

CYP2C19 ist sowohl an der Bildung des 2-Oxo-Clopidogrel-Zwischenproduktes, wie auch an der des Hauptmetaboliten beteiligt. Die Pharmakokinetik des aktiven Metaboliten von Clopidogrel und der thrombozytenaggretionshemmende Effekt unterscheiden sich in Abhängigkeit vom CYP2C19 Genotyp.

Das CYP2C19*1-Allel korrespondiert mit voll funktionsfähigem Metabolismus, während die CYP2C19*2- und CYP2C19*3-Allele mit einem nicht-funktionsfähigen Metabolismus korrespondieren.

Die CYP2C19*2- und CYP2C19*3-Allele machen bei Mehrheit der Allele mit reduzierter Funktion bei kaukasischen (85%) und bei asiatischen (99%) poor-Metabolisern aus.

Andere Allele, die mit einem fehlenden oder verringerten Metabolismus verbunden sind, sind weniger häufig und schließen CYP2C19*4, *5, *6, *7 und *8 ein.

Ein Patient mit Langsam-Metabolisierer-Status trägt zwei Loss-of-Function-Allele.

Dosierung

Die empfohlene Dosierung beträgt im Allgemeinen 75 mg Clopidogrel einmal täglich. Genauere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Nebenwirkungen

Unter der Anwendung von Clopidogrel sind in klinischen Studien folgende Nebenwirkungen häufig (≥1/100 bis <1/10) aufgetreten:

  • Hämatome
  • Epistaxis
  • gastrointestinale Blutungen
  • Durchfall
  • Bauchschmerzen
  • Dyspepsie
  • Bluterguss
  • Blutung an Punktionsstellen

Wechselwirkungen

Bei der Anwendung von Clopidogrel sind folgende Wechselwirkungen zu beachten:

  • Starke oder mäßig starke CYP2C19-Inhibitoren wie bspw. Omeprazol und Esomeprazol, Fluvoxamin, Fluoxetin, Moclobemid, Voriconazol, Fluconazol, Ticlopidin, Carbamazepin und Efavirenz: Da Clopidogrel teilweise durch CYP2C19 zu seinem aktiven Metaboliten verstoffwechselt wird, ist zu erwarten, dass CYP2C19-Inhibitoren, zu einem erniedrigten Spiegel des aktiven Metaboliten von Clopidogrel führen.
  • Protonen-Pumpen-Inhibitoren (PPIs): Einnahme von Clopidogrel-haltigen Arzneimitteln und PPIs sollte vermieden werden, da diese Wechselwirkung zu einer Verminderung der klinischen Aktivität von Clopidogrel führen könnte.
  • Arzneimittel mit assoziiertem Blutungsrisiko: Es besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund des möglichen additiven Effekts. Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln mit assoziiertem Blutungsrisiko sollte mit Vorsicht erfolgen
  • Orale Antikoagulanzien: Die gleichzeitige Anwendung wird nicht empfohlen, da Blutungen verstärkt werden können  Die Anwendung von Clopidogrel mit Warfarin erhöht das Blutungsrisiko aufgrund unabhängiger Auswirkungen auf die Hämostase.
  • Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren: Clopidogrel sollte mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, die gleichzeitig mit Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren behandelt werden
  • Acetylsalicylsäure (ASS): ASS hatte keinen Einfluss auf die Clopidogrel-vermittelte Hemmung der ADP-induzierten Thrombozytenaggregation. Clopidogrel führte dagegen zu einer Potenzierung der Wirkung von ASS auf die kollageninduzierte Thrombozytenaggregation. Die gleichzeitige Gabe von zwei Mal täglich 500 mg ASS für einen Tag führte zu keiner signifikanten Zunahme der Clopidogrel-bedingten Verlängerung der Blutungszeit.. Eine Kombinationstherapie sollte nur mit Vorsicht durchgeführt werden.
  • Heparin: Eine pharmakodynamische Wechselwirkung zwischen Clopidogrel und Heparin, die mit erhöhtem Blutungsrisiko assoziiert ist, ist möglich. Eine Kombinationstherapie sollte deshalb nur mit Vorsicht durchgeführt werden
  • Thrombolytika: Die Unbedenklichkeit einer gleichzeitigen Gabe von Clopidogrel, direkten oder indirekten Thrombolytika (fibrin- oder nicht fibrinspezifisch) und Heparinen wurde bei Patienten mit akutem Herzinfarkt untersucht. Die Inzidenz von klinisch relevanten Blutungen entsprach derjenigen bei gleichzeitiger Gabe von thrombolytischen Substanzen und Heparin zusammen mit ASS
  • NSAR: In einer klinischen Studie mit Probanden führte die gleichzeitige Gabe von Clopidogrel und Naproxen zu einem vermehrten okkulten gastrointestinalen Blutverlust. Die gleichzeitige Gabe von NSAR, einschließlich COX-2-Inhibitoren und Clopidogrel sollte mit Vorsicht erfolgen
  • SSRI: Unter der gleichzeitigen Anwendung von SSRI mit Clopidogrel kann es durch die Aktivierung der Thrombozyten durch SSRI zu einer Erhöhung des Blutungsrisikos kommen. Die gleichzeitige Gabe von SSRI mit Clopidogrel soll deshalb mit Vorsicht erfolgen.
  • CYP2C8-Substrate (z. B. Repaglinid, Paclitaxel): Clopidogrel erhöht die Repaglinidexposition. Die gesteigerte Repaglinidexposition ist auf einer Inhibition von CYP2C8 durch den glucuronidierten Metaboliten von Clopidogrel zurückzuführen.

Kontraindikation

Der Wirkstoff Clopidogrel darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • schweren Leberfunktionsstörungen
  • akuter pathologischer Blutung, wie bei Magen-Darm-Geschwüren oder intrakraniellen Blutungen
  • Kindern

Schwangerschaft

Da keine klinischen Daten über die Einnahme von Clopidogrel während der Schwangerschaft vorliegen, sollte als Vorsichtsmaßnahme Clopidogrel während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Clopidogrel in die menschliche Muttermilch übergeht. Tierexperimentelle Untersuchungen haben einen Übergang von Clopidogrel in die Muttermilch gezeigt. Als Vorsichtsmaßnahme sollte bei einer Clopidogrel-Anwendung abgestillt werden.

Verkehrstüchtigkeit

Clopidogrel hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Cytochrom P450 2C19 (CYP2C19)

Clopidogrel wird durch CYP2C19 zu seinem aktiven, für die Wirkung verantwortlichen, Metaboliten metabolisiert. Poor Metabolizer von CYP2C19 bilden bei empfohlener Clopidogrel-Dosierung weniger aktiven Metabolit von Clopidogrel, was einen verminderten Effekt auf die Thrombozytenfunktion zur Folge hat. Es empfiehlt sich vor der Anwendung den CYP2C19-Genotyp des Patienten zu bestimen. Weiterhin können Arzneimittel, die die Aktivität von CYP2C19 hemmen, zu einem erniedrigten Spiegel des aktiven Metaboliten von Clopidogrel führt. Als Vorsichtsmaßnahme sollten starke oder mäßig starke CYP2C19-Inhibitoren nicht gleichzeitig angewendet werden.

Thrombotisch-Thrombozytopenische-Purpura (TTP)

Nach der Anwendung von Clopidogrel kam es in seltenen Fällen zu einer Thrombotisch-Thrombozytopenischen-Purpura (TTP) und dies manchmal bereits nach kurzer Einnahmedauer. Die TTP äußert sich durch Thrombozytopenie und mikroangiopathische hämolytische Anämie in Verbindung mit neurologischen Symptomen, Nierenfunktionsstörungen oder Fieber. Eine TTP ist potentiell lebensbedrohlich und erfordert eine sofortige Behandlung einschließlich Plasmapherese.

Alternativen

Weitere Thrombozytenaggregationshemmer sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
321.82 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 8.0 H
Quelle:

Fachinformation Clopidogrel

Abbildung

Dr. Isabelle Viktoria Maucher

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