Folinsäure

Folinsäure, auch bekannt als Leucovorin, ist der aktive Metabolit von Fol­säu­re und wird angewendet um toxische Wirkungen von Methotrexat und Pyrimethamin zu reduzieren. Der Wirkstoff steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Folinsäure

Anwendung

In Arzneimitteln kommt Folinsäure auch als das Salz Calciumfolinat zum Einsatz. Calciumfolinat ist das Calciumsalz der 5-Formyltetrahydrofolsäure und aktiver Metabolit der Folinsäure.

Diese ist indiziert um die Toxizität und die Wirkung von Folsäure-Antagonisten wie Methotrexat bei der zytotoxischen Therapie oder Überdosierung bei Erwachsenen und Kindern zu verringern oder ihnen entgegenzuwirken (Calciumfolinat/Leucovorin-Rescue). Die Rescue-Therapie wird notwendig, wenn Methotrexat in Dosen über 500 mg/m2 Körperoberfläche gegeben wird, und sollte
bei Dosen von 100 mg bis 500 mg/m2 Körperoberfläche in Erwägung gezogen werden.

Darüber hinaus kann intravenöses Calciumfolinat zur Prävention und Behandlung des Folatmangels angewandt werden, wenn diesem nicht durch die orale Anwendung von Folsäure vorgebeugt bzw. dieser nicht korrigiert werden kann.

In Kombination mit 5-Fluorouracil wird Folinsäure in der zytotoxischen Therapie angewendet:

  • bei fortgeschrittenem oder metastasiertem kolorektalem Karzinom
  • als adjuvante Chemotherapie des Kolonkarzinoms Stadium III (T1 – 4, N1 – 2) nach vorausgegangener kurativer Resektion des Primärtumors

Anwendungsart

Folinsäure/Calciumfolinat ist als Injektionslösung und in Form von Hartkapseln auf dem Markt.

Wirkmechanismus

Folinsäure ist ein 5-Formyl-Derivat der Tetrahydrofolsäure und eine natürlich vorkommende, reduzierte Form der Folsäure, die in der klinischen Praxis allgemein als Leucovorin bekannt ist. Folsäure ist eine synthetische, oxidierte und wasserlösliche Form von Folat (Vitamin B9), die therapeutisch verwendet wird und in der Natur nicht vorkommt, während Folinsäure natürlich vorkommt und biologisch aktiv ist.

Folinsäure wird leicht in andere reduzierte Folsäurederivate (z. B. 5,10-Methylentetrahydrofolat, 5-Methyltetrahydrofolat) umgewandelt. Da es für seine Umwandlung nicht die Wirkung von Dihydrofolatreduktase benötigt, wird seine Funktion als Vitamin durch die Hemmung dieses Enzyms durch Medikamente wie Methotrexat nicht beeinträchtigt.

Folinsäure und Folsäure-Antagonisten (Dihydrofolatreduktase-Inhibitoren) wie Methotrexat werden in die Zelle über denselben Membrantransport-Carrier aufgenommen und konkurrieren deshalb um den Transport in die Zellen. Hierdurch wird der Efflux von Methotrexat stimuliert. Folinsäure schützt so, und auch durch die Füllung des Pools reduzierter Folate, die Zellen vor den Effekten der Folat-Antagonisten.

Darüber hinaus können erhöhte Folinsäurespiegel die zytotoxischen Wirkungen von Fluoropyridin (5-FU) in der Zelle potenzieren. Diese Erkenntnis hat die Behandlung mehrerer Krebsarten revolutioniert, insbesondere des Darmkrebses. 5-FU hemmt die Thymidilat-Synthetase (TS), ein Schlüsselenzym, das an der Pyrimidin-Biosynthese beteiligt ist. Calciumfolinat verstärkt die Hemmung von TS durch die Erhöhung des intrazellulären Folatpools, was den 5-FU/TS-Komplex stabilisiert und dessen Aktivität erhöht.

Dosierung

Die Dosierung und Dauer der Calciumfolinat-Rescue hängen in erster Linie von der Art und Dosierung der Methotrexat-Therapie, dem Auftreten von Symptomen der Toxizität und der individuellen Exkretionskapazität für Methotrexat ab.

Als eine Regel sollte die erste Dosis Calciumfolinat 15 mg (6 – 12 mg/m2 ) 12 – 24 Stunden (spätestens 24 Stunden) nach dem Beginn der Methotrexat-Infusion gegeben werden. Die gleiche
Dosis wird während der folgenden 72 Stunden alle 6 Stunden verabreicht. Nach mehreren parenteralen Dosen kann auf die orale Form übergegangen werden.

Bei der Kombination mit 5-Fluorouracil in der zytotoxischen Therapie werden verschiedene Therapieprotokolle und Dosierungen verwendet, die der entsprechenden Fachinformation entnommen werden können.

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen können Schlafstörungen, allergische Reaktionen oder Fieber sein.

Wechselwirkungen

Mit folgenden Verbindungen kann es bei der Anwendung von Folinsäure zu Wechselwirkungen kommen:

  • Folsäure-Antagonisten (z. B. Cotrimoxazol, Pyrimethamin): Wenn Calciumfolinat in Verbindung mit einem Folsäure-Antagonisten gegeben wird, kann die Wirksamkeit des Folsäure-Antagonisten reduziert oder vollständig aufgehoben sein.
  • Antiepileptische Arzneimittel wie Phenobarbital, Primidon, Phenytoin und Succinimid: Calciumfolinat kann die Effekte antiepileptischer Arzneimittel vermindern und so zu einem Anstieg der Anfallshäufigkeit führen (eine Abnahme der Plasmaspiegel der enzymatischen Induktoren antikonvulsiver Arzneimittel kann beobachtet werden, da der Lebermetabolismus erhöht ist, weil Folate einer der Co-Faktoren sind) .
  • 5-Fluorouracil: Die gleichzeitige Anwendung von Calciumfolinat mit 5-Fluorouracil hat gezeigt, dass dadurch die Wirksamkeit und Toxizität von 5-Fluorouracil verstärkt wird.

Kontraindikationen

Folinsäure darf nicht angewendet werden bei:

  • Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Folinsäure/Calciumfolinat
  • Perniziöser Anämie oder andere Anämien durch Vitamin B12 -Mangel

Schwangerschaft

Es gibt keine Hinweise, dass Folinsäure schädliche Wirkungen verursacht, wenn sie während der Schwangerschaft gegeben wird.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Calciumfolinat in die menschliche Muttermilch übergeht. Calciumfolinat kann während der Stillzeit angewandt werden, wenn dies im Rahmen der therapeutischen Indikationen als notwendig erachtet wird.

Verkehrstüchtigkeit

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Calciumfolinat die Fähigkeit zu fahren oder Maschinen zu bedienen, beeinflusst.

Anwendungshinweise

Eine Behandlung mit Calciumfolinat kann eine perniziöse Anämie oder andere Anämien, die durch Vitamin B12-Mangel verursacht werden, maskieren, da die megaloblastäre Anämie, nicht jedoch die neurologischen Schäden, verhindert werden.

Alternativen

Glucarpidase (auch bekannt als Carboxypeptidase G2) ist ein Enzym zur Reduktrion toxischer Methotrexat-Plasmakonzentrationen für Patienten mit einer verzögerten Methotrexat-Clearance aufgrund einer beeinträchtigten Nierenfunktion.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
473.44 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 34.0 MIN
Q0-Wert:
0.0
Quelle:
  1. Gristan YD, Moosavi L. Folinic Acid. [Updated 2021 Jul 16]. In StatPearls. Treasure Island (FL): Publishing; 2022 Jan.
  2. Fachinformation Bendafolin
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