Imatinib

der Wirkstoff Imatinib (Glivec) ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der als Chemotherapeutikum bei verschiedenen Krebsarten angewendet wird.

Imatinib

Anwendung

Medikamente mit dem Arzneistoff Imatinib werden bei folgenden Indikationen angewendet:

  • Kindern mit neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom (bcr-abl)-positiver (Ph+) chronischer myeloischer Leukämie (CML), für die eine Knochenmarktransplantation als Erstbehandlungsmöglichkeit nicht in Betracht gezogen wird.
  • Kindern mit  Ph+-CML in der chronischen Phase nach Versagen einer Interferon-Alpha-Therapie, in der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise.
  • Erwachsene Patienten mit Ph+CML in der Blastenkrise.
  • Erwachsenen und Kindern mit neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom-positiver akuter lymphatischer Leukämie (Ph+ ALL) in Kombination mit einer Chemotherapie.
  • Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer Ph+ ALL als Monotherapie.
  • Erwachsenen mit myelodysplastischen/myeloproliferativen Erkrankungen (MDS/MPD) in Verbindung mit Gen-Umlagerungen des PDGF-Rezeptors (platelet-derived growth factor).
  • Erwachsenen mit fortgeschrittenem hypereosinophilem Syndrom (HES) und/oder chronischer eosinophiler Leukämie (CEL) mit FIP1L1-PDGFRα-Umlagerung.
  • Behandlung Erwachsener mit nicht resezierbarem Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) und Erwachsener mit rezidivierendem und/oder metastasiertem DFSP, die für eine chirurgische Behandlung nicht in Frage kommen.

Imatinib ist in Form von Filmtabletten und Hartkapseln  auf dem deutschen Markt erhältlich.

Wirkmechanismus

Imatinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der die Aktivität der Bcr-Abl-Tyrosinkinase inhibiert. Diese Kinase hat eine erhöhte Aktivität im Vergleich zu gesunden Tyrosinkinasen und führt zur unkontrollierten Vervielfältigung von Leukozyten.

Indem Imatinib an die Bcr-Abl-Tyrosinkinase bindet, inhibiert der Wirkstoff deren Enzymaktivität. Imatinib bindet auch an Abl-Proteine die nicht krebsassoziiert sind, diese Zellen haben allerdings zusätzliche Tyrosinkinasen, wodurch eine Inhibition deren Funktion nicht einschränkt.

Pharmakokinetik

  • Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von Imatinib beträgt 98%. Nach einer oralen Dosis unterliegt der Plasma-AUC-Spiegel einer hohen interindividuellen Variabilität.
  • Gabe mit einer fettreichen Mahlzeit vermindert die Resorptionsrate von Imatinib geringfügig (11% Abnahme der Cmax).
  • Der hauptsächlich zirkulierende Metabolit ist das N-demethylierte Piperazinderivat, welches in vitro eine ähnliche Wirkung wie der unveränderte Wirkstoff aufweist.
  • CYP3A4 stellt das wesentliche humane P450-Enzym für die Biotransformation von Imatinib dar
  • Imatinib selbst ist ein kompetitiver Inhibitor der Isoenzyme CYP3A4, 2D6 und 2C9.
  • Nach oraler Anwendung beträgt die Halbwertszeit von Imatinib etwa 18 Stunden.

Dosierung

Die verschriebene Dosis soll oral mit einer Mahlzeit und einem großen Glas Wasser eingenommen werden, um das Risiko gastrointestinaler Irritationen zu minimieren. Dosen von 400 mg oder 600 mg sollten einmal täglich verabreicht werden, während Tagesdosen von 800 mg auf zweimal täglich 400 mg (morgens und abends) aufgeteilt werden sollen.

Nebenwirkungen

Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen ( 1/10) zählen:

  • Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Dyspepsie, Abdominalschmerzen
  • Periorbitale Ödeme, Dermatitis (Ekzem, Hautausschlag)
  • Muskelspasmen und Muskelkrämpfe, Muskel- und Skelettschmerzen einschließlich Myalgie, Arthralgie, Knochenschmerzen
  • Gewichtszunahme

Zu den häufig auftretenden Nebenwirkungen (≥1/100 - <1/10) zählen:

  • Panzytopenie, fiebrige Neutrozytopenie
  • Appetitlosigkeit
  • Schlaflosigkeit
  • Schwindel, Parästhesie, Geschmacksstörungen, Hypästhesie
  • Augenlidödem, vermehrter Tränenfluss, Bindehautblutung, Konjunktivitis, trockene Augen, verschwommenes Sehen
  • Plötzliche Hautrötung (Flush), Hämorrhagie
  • Dyspnoe, Epistaxis, Husten
  • Flatulenz, geblähter Bauch, Magen- und Speiseröhrenreflux, Verstopfung, Mundtrockenheit, Gastritis
  • Erhöhte Leberenzyme
  • Pruritus, Gesichtsödem, trockene Haut, Erythem, Alopezie, nächtliches Schwitzen, Lichtempfindlichkeitsreaktionen
  • Anschwellen der Gelenke
  • Flüssigkeitsretention und periphere Ödeme, Müdigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Schwäche, Fieberzustand, generalisierte Ödeme des Unterhautgewebes (Anasarka), Kältegefühl, Schüttelfrost

Wechselwirkungen

Kontraindikation

Imatinib darf nicht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff angewendet werden.

Schwangerschaft

Es liegen begrenzte Daten für die Verwendung von Imatinib bei Schwangeren vor. Wie Berichte nach Markteinführung zeigten, kann Imatinib Fehlgeburten oder Geburtsfehler verursachen, wenn es bei schwangeren Frauen angewendet wird. Der Wirkstoff darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich. Wenn es während einer Schwangerschaft angewendet wird, muss die Patientin über ein mögliches Risiko für den Fetus informiert werden.

Stillzeit

Studien mit zwei stillenden Frauen haben gezeigt, dass sowohl Imatinib als auch sein aktiver Metabolit in die Muttermilch übergehen können. Der Milch-Plasma-Quotient für Imatinib wurde bei einer einzelnen Patientin mit 0,5 und für den Metaboliten mit 0,9 bestimmt, was auf eine größere Verteilung des Metaboliten in die Muttermilch schließen lässt. Bezüglich der Gesamtkonzentration von Imatinib und dem Metaboliten sowie der maximalen täglichen Milchaufnahme von Kindern kann von einer geringen Gesamtexposition ausgegangen werden (~10% einer therapeutischen Dosis). Da allerdings die Wirkungen einer niedrig dosierten Exposition eines Kindes mit Imatinib nicht bekannt sind, dürfen Frauen während der Behandlung und für mindestens 15 Tage nach Beendigung der Behandlung nicht stillen.

Verkehrstüchtigkeit

Patienten müssen darüber informiert werden, dass bei ihnen unerwünschte Wirkungen wie Schwindel, verschwommenes Sehen oder Schläfrigkeit während der Behandlung mit Imatinib auftreten können. Daher sollte das Autofahren oder das Bedienen von Maschinen mit Vorsicht erfolgen

Anwendungshinweise

  • Frauen im gebärfähigen Alter müssen darüber aufgeklärt werden, während der Behandlung mit Imatinib eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden.
  • Imatinib wird hauptsächlich über die Leber metabolisiert. Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen müssen das periphere Blutbild und die Leberenzyme sorgfältig überwacht werden.
  • Bei etwa 2,5% der Patienten mit neu diagnostizierter CML wurde nach Imatinib-Einnahme über das Auftreten einer schweren Flüssigkeitsretention (Pleuraerguss, Ödem, Lungenödem, Aszites, oberflächliches Ödem) berichtet. Es wird daher empfohlen, Patienten regelmäßig zu wiegen.

Alternativen

Neben Imatinib steht mit Dasatinib (Sprycel) ein alternativer BCR-ABL-Kinase-Inhibitor zur Verfügung, der wie Imatinib auch c-kit- und PDGFR-Kinasen blockiert und darüber hinaus auch die SRC-Kinasen hemmt.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
493.6 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 18.0 H
Q0-Wert:
0.95
Kindstoff(e):
Quelle:
  1. Fachinformation Glivec
  2. Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie - Klinische Pharmakologie - Toxikologie Gebundene Ausgabe – 19. Dezember 2019
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