Irbesartan

Irbesartan gehört zur Wirkstoffgruppe der AT1-Rezeptorantagonisten (Sartane) und wird vor allem bei der Behandlung der essentiellen arteriellen Hypertonie als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Antihypertonika angewendet.

Irbesartan

Anwendung

Irbesartan wird ab einem Alter von 18 Jahren bei der Behandlung der essentiellen arteriellen Hypertonie als Monopräparat oder in Kombination mit anderen Antihypertonika angewendet, vor allem bei Neueinstellungen und bei Patienten, die ACE-Hemmer nicht vertragen. Zudem ist der Wirkstoff bei Erwachsenen mit Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ 2 als Teil einer antihypertensiven Therapie zur Behandlung von Nierenerkrankungen indiziert.

Anwendungsart

Irbesartan ist in Form von Filmtabletten für die orale Anwendung in Deutschland zugelassen.

Wirkmechanismus

Irbesartan ist ein hochselektiver Antagonist an G-Protein gekoppelten AT1-Rezeptoren, ohne intrinsische Aktivität. Der Wirkstoff greift in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ein, das an der Regulation des Blutdrucks sowie der Salz- und Wasserhomöostase wesentlich beteiligt ist. Die primäre Effektorkomponente des RAAS ist das Peptidhormon Angiotensin II, das bei Hypertonie vermehrt gebildet wird und zu unerwünschten strukturellen Veränderungen des Herzens und arterieller Gefäße führt.

Durch die Blockade der AT1-Rezeptoren wird die Bindung des physiologischen Liganden Angiotensin II, unabhängig von dessen Ursprung und Syntheseweg verhindert. Irbesartan gehört dabei zu den sogenannten unüberwindbaren (insurmountable) Antagonisten, die selbst durch hohe Konzentrationen an Angiotensin II nicht vom Rezeptor verdrängt werden können. Die Blutdrucksenkung resultiert aus der Hemmung der Angiotensin II-vermittelten Effekte wie peripherer Vasokonstriktion, der Zellproliferation von Kardiomyozyten und glatten Gefäßmuskelzellen sowie Kochsalz- und Wasserrestriktion.

Die Blockade des AT1-Rezeptors durch Irbesartan führt weiterhin vermehrt zur Bindung von Angiotensin II an den AT2-Rezeptorsubtypen. Dadurch werden positive kardiovaskuläre Wirkungen wie die Hemmung der abnormalen Proliferation glatter Gefäßmuskelzellen verstärkt und somit die Gefahr für Arteriosklerose in den Gefäßen gesenkt.

RAAS

Pharmakokinetik

Resorption

Irbesartan besitzt mit 60 bis 80% die höchste, von der Nahrungsaufnahme unabhängige Bioverfügbarkeit der AT1-Antagonisten. Das Wirkmaximum wird nach 1,5 bis 2 Stunden und die vollständige Wirkung tritt nach 2 bis 6 Wochen erreicht.

Der maximale Blutdruckabfall erfolgt nach 3 bis 6 Stunden.

Verteilung

Mit 11 bis 15 Stunden besitzt Irbesartan die längste Halbwertszeit unter den Sartanen. Etwa 96% des Wirkstoffs sind an Plasmaproteine gebunden. Das Verteilungsvolumen liegt zwischen 53 und 95 L.

Metabolismus

Der Wirkstoff ist ein Substrat von CYP2D9 und wird zu geringen Teilen glucuronidiert. Die Hauptmetaboliten sind das ω-Hydroxybutyl-Derivat und die entsprechende Carbonsäure. Trotz der Metabolisierung über das CYP-System wurden keine Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Gabe von CYP2D9-Substraten wie Warfarin festgestellt. Der Einfluss von Enzym-Induktoren wie Rifampicin wurde nicht getestet.

Elimination

Irbesartan wird sowohl über die Galle als auch über die Niere ausgeschieden. Etwa 20% werden renal und etwa 80% über den Fäzes eliminiert. Die Gesamtkörper- und renale Clearance betragen 157 bis 176 bzw. 3 bis 3,5 ml/min.

Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Irbesartan sind in einem Dosisbereich von 10 bis 600 mg linear. Je nach Ansprechen des Blutdrucks kann eine Anpassung der Dosis nötig sein, ab 300 mg des Wirkstoffs pro Tag wird jedoch ein Plateau der Plasmaspiegel erreicht.

Bei eingeschränkter Nierenfunktion und unter Hämodialyse sind keine wesentlichen Veränderungen der Pharmakokinetik erkennbar. Dies gilt ebenso für Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberzirrhose.

Dosierung

Die übliche Anfangs- und Erhaltungsdosis von Irbesartan beträgt 150 mg einmal täglich. Wenn diese Dosierung zur erwünschten Blutdrucksenkung nicht ausreicht, kann die Dosis auf 300 mg pro Tag erhöht oder der Wirkstoff mit anderen Antihypertonika kombiniert werden. Die zusätzliche Gabe des Diuretikums Hydrochlorothiazid erfolgt dabei in einer niedrigen Dosis von 12,5 mg.

Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 wird anfangs eine Dosis von 150 mg empfohlen, die auf eine Erhaltungsdosis von 300 mg erhöht werden soll.

Obwohl mit einer Dosis von 150 mg Irbesartan pro Tag eine bessere Blutdrucksenkung erreicht wird, kann bei Älteren (über 75 Jahre) mit erhöhtem Hypotonie-Risiko und Patienten unter Hämodialyse eine niedrigere Anfangsdosis von 75 mg in Betracht gezogen werden. In der Regel ist bei älteren Patienten aber keine Senkung der üblichen Dosis nötig.

Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberinsuffizienz sollten eine möglichst niedrige Dosis des Wirkstoffs erhalten.

Nebenwirkungen

Irbesartan zeigt eine sehr geringe Rate an Nebenwirkungen auf Placeboniveau. Unter der Behandlung kommt es häufig (≥ 1/100, < 1/10) zu Übelkeit und Erbrechen sowie Erschöpfung. Auch ein Anstieg der Kreatininkinase-Plasmaspiegel wird häufig beobachtet.

Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 treten folgende Nebenwirkungen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf:

Da Irbesartan im Gegensatz zu ACE-Hemmern die Rezeptorbindung und nicht das Angiotensin-konvertierende Enzym inhibiert, treten Nebenwirkungen wie Angioödem und Reizhusten deutlich seltener auf.

Wechselwirkungen

Bei folgenden Arzneistoffen sind Wechselwirkungen mit Irbesartan bekannt:

Kontraindikation

Bei der Anwendung von Irbesartan bestehen folgende Kontraindikationen:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Schwere Leberinsuffizienz und biliäre Zirrhose
  • Cholestase
  • Nierenarterienstenose
  • 2. und 3. Trimenon der Schwangerschaft
  • Gleichzeitige Einnahme des Renin-Inhibitors Aliskiren bei eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 60 ml/min/1,73 m2)

Schwangerschaft/Stillzeit

Die Anwendung von Irbesartan wird im 1. Trimenon der Schwangerschaft nicht empfohlen und ist während des 2. und 3. Trimenons kontraindiziert. Es wurden fetotoxische Effekte wie verminderte Nierenfunktion, Oligohydramnion und verzögerte Schädelossifikation sowie neonatal-toxische Effekte wie Nierenversagen, Hypotonie und Hyperkaliämie beobachtet. Daher sollte bei der Planung einer Schwangerschaft die Umstellung auf ein alternatives Präparat mit geeignetem Sicherheitsprofil erfolgen. Bei Feststellung einer Schwangerschaft sollte die Therapie sofort beendet und wenn nötig auf eine sicherere Alternative umgestellt werden.

Falls Irbesartan dennoch während des 2. und 3. Trimesters eingenommen wird, sollten regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Nierenfunktion und des Schädels des Fötus erfolgen. Exponierte Säuglinge sollten häufiger auf Hypotonie untersucht werden.

Stillzeit

Es liegen keine Erkenntnisse zur Einnahme von Irbesartan in der Stillzeit vor. Bei Versuchen mit Ratten wurde der Übergang in die Muttermilch beobachtet. Aus diesen Gründen wird die Anwendung von Irbesartan in der Stillzeit nicht empfohlen. Insbesondere bei Neugeborenen und Frühgeburten sollte auf eine Alternative mit besserem Sicherheitsprofil umgestellt werden.

Verkehrstüchtigkeit

Es liegen keine Studien zur Untersuchung der Verkehrstüchtigkeit unter der Therapie mit Irbesartan vor. Aufgrund der pharmakodynamischen Eigenschaften ist ein Einfluss auf die Verkehrsfähigkeit von Irbesartan unwahrscheinlich. Es sollte jedoch bedacht werden, dass als Nebenwirkungen der Behandlung Schwindel und Müdigkeit auftreten können.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Anwendungshinweise

Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder Nierentransplantation, Herzinsuffizienz und manifester Proteinurie aufgrund einer diabetischen Nierenerkrankung wird die Kontrolle der Serumkalium- und Kreatininspiegel empfohlen.

Ein Volumenmangel bei älteren Patienten, nach Diuretika-Gabe, durch salzarme Kost, Durchfall oder Erbrechen sollte vor der Anwendung von Irbesartan ausgeglichen werden, um das Hypotonierisiko zu senken.

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Nichtsteroidalen Antiphlogistika sollte vor allem bei älteren Patienten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, um eine Abschwächung der Wirkung und ein erhöhtes Risiko für Nierenschädigungen und Hyperkaliämie zu verhindern.

Alternativen

Zur Behandlung der Hypertonie werden verschiedene Wirkstoffklassen als Monotherapie oder in Kombination eingesetzt. Dabei kann die Wirkstoffklasse der Sartane gegen die der ACE-Hemmer ausgetauscht werden und umgekehrt.

Als Alternative zu Irbesartan kann auf folgende Wirkstoffe aus der Gruppe der AT1-Rezeptorantagonisten ausgewichen werden.

Bei einer Umstellung sind die Dosisäquivalenz der Wirkstoffe sowie Blutdruck-Zielwerte und Begleitmedikation zu berücksichtigen.

Zur Therapie der Hypertonie in der Schwangerschaft ist α-Methyldopa das Mittel der ersten Wahl. Der der Calciumkanalantagonist Nifedipin in retardierter Form und der Betablocker Metoprolol sind eingeschränkt ebenfalls geeignet.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
428.53 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 15.0 H
Q0-Wert:
1.0
Autor:
Stand:
17.01.2023
Quelle:
  1. Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  2. Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth (2010) Medizinische Chemie, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart
  3. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Fachinformation: Aprovel® 75 mg Filmtabletten (11/2019)
  4. ALIUD PHARMA® GmbH. Fachinformation: Irbesartan AL 75 mg Filmtabletten (05/2019)
  5. Äquivalenzdosistabellen der ABDA. Agiotensin-II-Rezeptorenblocker (Sartane) (zuletzt abgerufen am 16.09.2020)

Abbildung

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