Midazolam

Midazolam ist ein Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine und wird vor allem in der Anästhesie eingesetzt, um Patienten vor operativen Eingriff zu beruhigen und während der Eingriffe zu sedieren.

Midazolam

Anwendung

Midazolam zählt zu den Beruhigungsmitteln aus der Gruppe der Benzodiazepine. Es ist kurzwirksam. Da sich Midazolam nur gering auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt, wird der Wirkstoff auch häufig in der Anästhesie eingesetzt, um Patienten vor operativen Eingriff zu beruhigen und während der Eingriffe zu sedieren. Zudem macht man sich die anterograde Amnesie (reduzierte Merkfähigkeit) und Anxiolyse (angstlösende Wirkung) von Midazolam zunutze. Weiterhin kann der Wirkstoff kurzzeitig gegen Schlafstörungen eingesetzt werden. Als intramuskuläre Injektion ist Midazolam ebenfalls geeignet, um den Status epilepticus bei Erwachsenen zu behandeln.

Midazolam als Tablette für die Wangentasche ist zur Behandlung von Krampfanfällen bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen zwischen 3 und 18 Jahren zugelassen.

In Lösungen ist der Wirkstoff als Midazolamhydrochlorid enthalten, in Filmtabletten als Midazolammaleat.

Wirkmechanismus

Wie alle Benzodiazepine wirkt das tetrazyklische Midazolam zentral. Es entfaltet dämpfende, einschläfernde, angstlösende, entspannende und entkrampfende Wirkungen. Dieser Effekt entsteht, indem Midazolam im Gehirn agonistisch an die Rezeptoren für den Neurotransmitter Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) bindet und dessen dämpfende Wirkung verstärkt, indem es die Frequenz erhöht, mit der die Chloridkanäle der Zellen geöffnet werden.

Midazolam wirkt nicht analgetisch. Zur alleinigen Beruhigung kann der Wirkstoff gegeben werden. Um Schmerzzustände zu verhindern oder auszuschalten, muss aber zwingend ein Analgetikum in Kombination gegeben werden.

Pharmakokinetik

Midazolam wird bei oraler Gabe vollständig resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration ist nach ungefähr einer Stunde erreicht, wird gleichzeitig Nahrung aufgenommen, kann sie jedoch um eine Stunde verzögert eintreten. Bei intravenöser Gabe setzte die volle Wirkung bereits innerhalb weniger Minuten ein. Bei intramuskulärer Gabe tritt die Wirkung um ca. 15 bis 30 Minuten verzögert ein.

Die Halbwertszeit beträgt 1,5 bis 2,5 Stunden, die Plasmakonzentration sinkt nach zehn Minuten (Verteilungsphase) und erneut nach 1,5 bis 3,5 Stunden (Eliminationsphase). Die Eliminiationszeiten können abhängig von Konstitution, anderen Erkrankungen und Patientenstoffwechsel variieren.

Abgebaut wird Midazolam vorrangig in der Leber und zu kleinen Teilen auch im Darm über das Cytochrom P450-Enzym CYP3A4. Dabei entstehen aktive Metaboliten wie das Alpha-Hydroxy-Midazolam, von denen zumindest ein Teil pharmakologisch wirksam ist. Die Abbauprodukte werden anschließend weiter glukuronidiert und über den Urin ausgeschieden.

Dosierung

Orale Anwendung

Lösung zur Anwendung in der Mundhöhle

Zur Behandlung länger anhaltender, akuter Krampfanfälle bei Säuglingen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen (zwischen 3 Monaten und < 18 Jahren): 

Die altersabhängigen Standarddosen betragen:

3 bis 6 Monate: 2,5 mg (Anwendung in der Klinik) > 6 Monate bis < 1 Jahr: 2,5 mg 1 Jahr bis < 5 Jahre: 5 mg  5 Jahre bis < 10 Jahre: 7,5 mg 10 Jahre bis < 18 Jahre: 10 mg

Die Betreuungspersonen dürfen nur eine einzige Midazolam-Dosis verabreichen, eine zweite bzw. Wiederholungsdosis bei erneutem Auftreten von Krampfanfällen darf nicht ohne vorherigen ärztlichen Rat gegeben werden.

Wenn sich der Krampfanfall nicht innerhalb von 10 Minuten nach Anwendung von Midazolam legt, muss die Rettungsleitstelle angerufen werden.

Kinder < 3 Monate

Zur Sicherheit und Wirksamkeit von Midazolam bei Kindern im Alter von 0 bis 3 Monaten liegen keine Daten vor.

Art der Anwendung

Midazolam Lösung ist zur Anwendung in der Mundhöhle mit Hilfe einer Applikationsspritze vorgesehen. Dabei wird die gesamte Menge der Lösung langsam in den Zwischenraum zwischen Zahnfleisch und Wange eingebracht. Eine laryngotracheale Applikation ist zu vermeiden, um eine versehentliche Aspiration der Lösung zu verhindern. Bei größeren Volumina und/oder kleineren Patienten sollte, falls erforderlich, etwa die Hälfte der Dosis langsam in die eine Seite der Mundhöhle und die andere Hälfte anschließend in die andere Seite eingebracht werden.

Vorsichtsmaßnahmen

Midazolam orale Lösung darf nicht intravenös angewendet werden. Es darf keine Nadel aufgesetzt werden und die Applikationsspritze darf nicht mit Infusionsleitungen oder sonstigen Vorrichtungen für eine parenterale Anwendung verbunden werden.

Vor der Anwendung muss zur Vermeidung eines Erstickungsrisikos die Kappe der Applikationsspritze entfernt werden.

Orale Lösung

Zur Prämedikation vor chirurgischen Eingriffen und zur Sedierung für kurze diagnostische und therapeutische Eingriffe:

Kinder und Jugendliche:

Die empfohlene Dosis beträgt 0,2-0,5 mg (entsprechend 0,1-0,25 ml) Midazolam/kg Körpergewicht.

Erwachsene

Die empfohlene Dosis beträgt 7,5-15 mg (entsprechend 3,75-7,5 ml) Midazolam als Einmalgabe. Die Maximaldosis beträgt 15 mg am Tag.

Zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen, insbesondere von Einschlafstörungen:

Erwachsene

Die empfohlene Dosis beträgt 7,5-15 mg (entsprechend 3,75-7,5 ml) Midazolam als Einmalgabe. Die Maximaldosis beträgt 15 mg am Tag.

Art der Anwendung:

Die Einnahme erfolgt 30-60 Min. vor dem diagnostischen und therapeutischen Eingriff bzw. kurz vor dem Schlafengehen.

Die Dosierung bei folgenden Risikopatienten sollte niedriger sein:

  • Patienten über 60 Jahre
  • Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung
  • Patienten mit chronischer Ateminsuffizienz
  • Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, Leberfunktionsstörungen oder Herzinsuffizienz
  • Kinder, vor allem Kinder mit Kreislaufschwäche

Filmtabletten

Zur Sedation in der Prämedikation vor diagnostischen oder operativen Eingriffen:

In der Regel sind 7,5 bis 15 mg Midazolam Filmtabletten 30 bis 60 Minuten vor dem diagnostischen oder operativen Eingriff einzunehmen.

Die Behandlung sollte mit der niedrigsten empfohlenen Dosis begonnen werden. Höhere Dosierungen zeigen keinen zusätzlichen Nutzen, aber bewirken ein häufigeres Auftreten von Nebenwirkungen wie Atemdepression und kardiovaskuläre Nebenwirkungen.

Ältere und/oder geschwächte Patienten

Eine Dosis von 7,5 mg Midazolam oder eine niedrigere Dosierung wird empfohlen. Ältere Patienten können eine längere Sedierung zeigen. Zudem kann bei diesen Patienten das Risiko einer Atem- und einer kardiovaskulären Depression höher sein. Aus diesem Grund sollte Midazolam bei älteren Patienten sehr vorsichtig angewendet werden.

Bei folgenden Patientengruppen sollte eine niedrigere Dosis individuell gewählt werden kann, da es zu einer verlängerten und verstärkten Wirkung von Midazolam kommen:

  • bei Intensivpatienten
  • bei Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Herzinsuffizienz, Ateminsuffizienz, Adipositas

Art der Anwendung

Midazolam Filmtabletten sollten einmal täglich unzerkaut mit Flüssigkeit eingenommen werden. Die Dauer der Behandlung sollte so kurz wie möglich sein. Im Allgemeinen kann die Behandlungsdauer zwischen einigen Tagen und maximal 2 Wochen variieren. Die Behandlung mit Midazolam Filmtabletten sollte nicht abrupt abgesetzt werden, sondern ausschleichend erfolgen.

Aufgrund der schnell beginnenden Wirkung sollten Midazolam direkt vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Da die Empfindlichkeit einzelner Patienten unterschiedlich sein kann und Symptome einer Überdosierung auftreten können, sind die Patienten nach der Gabe entsprechend zu beobachten.

Fertigspritze zur intramuskulären Anwendung

Behandlung von anhaltenden, akuten Krampfanfällen bei Erwachsenen, die länger als 5 Minuten andauern (entsprechend einem frühen Status epilepticus):

Die Fertigspritze darf nur von erfahrenen Ärzten angewendet werden. Eine vollständige Überwachung und Unterstützung der respiratorischen und kardiovaskulären Funktionen sollte möglich sein.

Erwachsene:

  • Erwachsene unter 60 Jahre und einem Körpergewicht von über 40 kg: Die empfohlene Dosis beträgt 10 mg Midazolam (2 ml) als intramuskuläre Injektion.
  • Erwachsene über 60 Jahre, geschwächte Patienten oder Patienten mit chronischer Erkrankung: Die empfohlene Dosis beträgt 5 mg Midazolam (1 ml) als intramuskuläre Injektion, dabei sollte 1 ml der Injektionslösung in der Fertigspritze vor der Injektion verworfen werden. Eine weitere Dosis von 5 mg Midazolam (1 ml) kann gegeben werden, wenn die klinische Wirkung 10–15 Min. nach der Anwendung nicht ausreichend ist.

Kinder und Jugendliche

Midazolam Fertigspritze ist nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen.

Art der Anwendung:

Midazolam Fertigspritze ist zur intramuskulären Anwendung, z.B. in den mittleren oder äußeren Oberschenkel, bestimmt. Die intramuskuläre Injektion ist in den Fällen indiziert, in denen ein intravenöser Zugang der Erstlinientherapie-Medikamente eines anhaltenden, akuten epileptischen Anfalls schwierig oder unmöglich darstellt.

Injektionslösung zur intravenösen, intramuskulären und rektalen Anwendung

Midazolam erfordert eine einschleichende Dosierung sowie eine langsame Anwendung. Eine Dosistitrationsphase wird empfohlen, um den gewünschten Sedierungsgrad entsprechend den klinischen Bedürfnissen, dem Allgemeinzustand, Alter und der Begleitmedikation des Patienten zu erzielen. Es gibt Midazolam-Injektionslösungen in verschiedenen Stärken im Handel: Midazolam 5 mg/1 ml, Midazolam 15 mg/3 ml, Midazolam 5 mg/5 ml sowie Midazolam 50 mg/10 ml, wobei Midazolam 50 mg/10 ml Injektionslösung dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt.

ANALGOSEDIERUNG

Die Dosierung muss individuell und langsam eingestellt werden. Der Wirkungseintritt erfolgt etwa nach 2 Minuten und die maximale Wirkung wird nach etwa 5-10 Minuten erreicht.

Erwachsene

Die intravenöse Injektion sollte mit einer Geschwindigkeit von 1 mg/30 Sekunden vorgenommen werden.

  • Bei Erwachsenen < 60 Jahren wird die Anfangsdosis von 2-2,5 mg etwa 5-10 Minuten vor Beginn des Eingriffs injiziert. Je nach Bedarf können weitere 1-mg-Dosen angewendet werden. Die Gesamtdosen betragen in der Regel im Mittel zwischen 3,5-7,5 mg. Eine höhere Gesamtdosis als 5 mg ist in der Regel nicht erforderlich.
  • Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung wird mit einer Dosis von 0,5-1 mg begonnen. Je nach Bedarf können weitere 0,5- bis 1-mg-Dosen angewendet werden. Eine höhere Gesamtdosis als 3,5 mg ist in der Regel nicht erforderlich.

Kinder

Intravenöse Anwendung:

Die Dosis sollte langsam gesteigert werden. Die Anfangsdosis sollte über einen Zeitraum von 2-3 Minuten verabreicht werden. Nach weiteren 2-5 Minuten kann die sedierende Wirkung vor Einleitung eines Eingriffs oder eine weitere Dosisgabe besser eingeschätzt werden. Mit höheren Dosierungen können eine verlängerte Sedierung und das Risiko einer Hypoventilation verbunden sein, deshalb sollten die Maximaldosierungen nicht überschritten werden.

  • Kinder < 6 Monate: Eine Anwendung wird nicht empfohlen, da Kinder < 6 Monate besonders anfällig für Atemwegsobstruktion und Hypoventilation sind.
  • Kinder > 6 Monate und < 5 Jahre: Die Anfangsdosis beträgt 0,05-0,1 mg/kg. Eine Gesamtdosis von bis zu 0,6 mg/kg kann erforderlich werden, die Gesamtdosis sollte aber 6 mg insgesamt nicht überschreiten.
  • Kinder 6-12 Jahre: Die Anfangsdosis beträgt 0,025-0,05 mg/kg. Die Gesamtdosis kann bis zu 0,4 mg/kg, maximal jedoch 10 mg betragen.
  • Kinder 12-16 Jahre: Dosierungsempfehlung wie bei Erwachsenen.

Rektale Anwendung:

Die Gesamtdosis liegt zwischen 0,3 und 0,5 mg/kg. Die rektale Anwendung der Lösung wird mit einem am Ende der Spritze befestigten Kunststoffapplikator durchgeführt. Ist das zu applizierende Volumen zu gering, kann die Lösung mit Wasser auf bis zu 10 ml aufgefüllt werden. Die gesamte Dosis wird auf einmal appliziert. Die Anwendung bei Kindern < 6 Monaten wird nicht empfohlen.

Intramuskuläre Anwendung:

Die empfohlene Dosis liegen zwischen 0,05 und 0,15 mg/kg. In der Regel reicht eine Gesamtdosis bis zu 10 mg aus. Die intramuskuläre Anwendung ist nur in Ausnahmefällen einzusetzen, da diese Anwendungsart schmerzhaft ist. Die rektale Anwendung ist zu bevorzugen.

Bei Kindern mit einem Körpergewicht < 15 kg darf die Konzentration der Midazolam-Lösung 1 mg/ml nicht überschreiten.

Allgemeinanästhesie (Narkose)

Prämedikation

Eine Prämedikation mit Midazolam kurz vor einem Eingriff führt zu einer Sedierung sowie einer präoperativen Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens. In diesem Fall ist Midazolam intramuskulär (in eine große Muskelmasse, 20-60 Minuten vor Einleitung der Narkose) bzw. bei Kindern vorzugsweise rektal zu verabreichen.

Erwachsene

  • Bei körperlich stabilen Erwachsenen < 60 Jahren wird eine intramuskuläre Dosis von 0,07-0,1 mg/kg empfohlen.
  • Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung ist die Dosis zu reduzieren und individuell anzupassen. Empfohlen wird eine intramuskuläre Dosis von 0,025-0,05 mg/kg und beträgt in der Regel 2-3 mg.

Kinder

Rektale Anwendung

Die gesamte Midazolam-Dosis, die im Normalfall 0,3-0,5 mg/kg beträgt, ist 15-30 Minuten vor Einleitung der Narkose zu verabreichen. Die rektale Applikation der Lösung wird mit einem am Ende der Spritze befestigten Kunststoffapplikator durchgeführt. Ist das zu applizierende Volumen zu gering, kann die Lösung mit Wasser auf bis zu 10 ml aufgefüllt werden.

Intramuskuläre Anwendung

Da die intramuskuläre Anwendung schmerzhaft für die Patienten ist, sollte sie nur in Ausnahmefällen gewählt werden. Vorzuziehen ist eine rektale Anwendung. Ein Dosisbereich von 0,08-0,2 mg/kg i.m. appliziertem Midazolam hat sich jedoch als sicher und wirksam erwiesen. Bei Kindern im Alter von 1-15 Jahren sind im Verhältnis zum Körpergewicht proportional höhere Dosen erforderlich als bei Erwachsenen.

Die Anwendung bei Kindern bis zu 6 Monaten wird aufgrund mangelnder Erfahrung mit dieser Altersgruppe nicht empfohlen.

Bei Kindern mit einem Körpergewicht < 15 kg sollte die Konzentration der Midazolam-Lösung 1 mg/ml nicht überschreiten.

Narkoseeinleitung

Erwachsene

Wird Midazolam zur Narkoseeinleitung vor anderen Narkosemitteln angewendet, so ist die Dosis ist bis zur gewünschten Wirkung anzupassen. Die Anfangsdosis der anderen intravenösen oder Inhalationsanästhetika ist deutlich zu reduzieren. Der gewünschte Narkosegrad wird durch eine schrittweise Dosiserhöhung erreicht, wobei jeder Dosisschritt von max. 5 mg über 20-30 Sekunden, mit einem Zeitintervall von 2 Minuten zwischen den einzelnen Dosisschritten, injiziert wird.

  • Bei Erwachsenen < 60 Jahren reicht in der Regel eine intravenöse Dosis von 0,15-0,2 mg/kg aus. Ohne Prämedikation kann die Dosis höher sein (0,3-0,35 mg/kg i.v.). Falls zum Abschließen der Narkoseeinleitung notwendig, können die einzelnen Dosisschritte etwa 1/4 der Anfangsdosis betragen, oder die Narkoseeinleitung kann alternativ mit Inhalationsanästhetika abgeschlossen werden. Bei Nichtansprechen kann die Dosis zur Einleitung der Narkose bis zu 0,6 mg/kg betragen, jedoch kann sich die Aufwachphase bei solch hohen Dosen verlängern.
  • Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung beträgt die intravenös verabreichte Dosis 0,1-0,2 mg/kg. Ohne Prämedikation wird eine Anfangsdosis von 0,15-0,3 mg/kg benötigt, die jedoch bei Patienten mit schweren systemischen Erkrankungen oder anderen Schwächezuständen üblicherweise 0,15-0,25 mg/kg beträgt.

Sedierende Komponente einer Kombinationsnarkose

Erwachsene

Beim Einsatz von Midazolam als sedierende Komponente einer Kombinationsnarkose erfolgt die Applikation entweder durch weitere intermittierende intravenöse Gaben (Dosisbereich 0,03-0,1 mg/kg) oder als Dauerinfusion (Dosisbereich 0,03-0,1 mg/kg/h), in der Regel zusammen mit Analgetika.

Sedierung auf der Intensivstation

Der gewünschte Sedierungsgrad wird durch schrittweise Dosiserhöhung mit nachfolgender Dauerinfusion oder intermittierender Bolusgabe erreicht.

Erwachsene

  • Intravenöse Bolusgabe: Die empfohlene Dosis liegt zwischen 0,03-0,3 mg/kg und sollte langsam und schrittweise verabreicht werden. Jeder Dosisschritt von 1-2,5 mg wird über einen Zeitraum von 20-30 Sekunden injiziert, zwischen den einzelnen Dosisschritten sollten 2 Minuten liegen. Bei hämodynamisch instabilen Patienten ist die Bolusdosis zu reduzieren oder ganz auszulassen. Wird Midazolam mit potenten Analgetika appliziert, sollten diese zuerst verabreicht werden.
  • Intravenöse Erhaltungsdosis: Die Dosis liegt in einem Bereich von 0,03-0,2 mg/kg/h. Bei hämodynamisch instabilen Patienten ist die Erhaltungsdosis zu reduzieren und der Sedierungsgrad regelmäßig zu beurteilen. Bei langfristiger Sedierung kann sich eine Gewöhnung einstellen, dabei ist falls erforderlich die Dosis zu erhöhen.

Kinder

  • Neugeborene und Kinder bis zu 6 Monaten: Bei Frühgeborenen, Neugeborenen und Kindern bis zu einem Alter von 6 Monaten werden intravenöse Bolusgaben nicht empfohlen. Die Anfangsdosis von Midazolam als i.v.-Dauerinfusion sollte bei Neugeborenen mit einem Gestationsalter < 32 Wochen 0,03 mg/kg/h (0,5 μg/kg/min) bzw. bei Neugeborenen mit einem Gestationsalter > 32 Wochen und Kindern bis zu einem Alter von 6 Monaten 0,06 mg/kg/h (1 μg/kg/min) betragen. In den ersten Stunden sollte vorzugsweise die Infusionsgeschwindigkeit erhöht werden, und sollte insbesondere nach den ersten 24 Stunden engmaschig überwacht und beurteilt werden. Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung müssen sorgfältig überwacht werden.
  • Kinder über 6 Monate: Bei intubierten und beatmeten Kindern ist eine intravenöse Bolusgabe von 0,05 – 0,2 mg/kg langsam über mindestens 2 – 3 Minuten zur Erreichung der gewünschten klinischen Wirkung zu verabreichen. Auf die Bolusgabe folgt eine intravenöse Dauerinfusion von 0,06 – 0,12 mg/kg/h (1 – 2 μg/kg/Min.). Die Infusionsgeschwindigkeit kann verringert oder erhöht werden, ebenso kann Midazolam zusätzlich intravenös angewendet werden, falls erforderlich.

Kreislaufgeschwächte Patienten sind auf hämodynamische Instabilitäten wie z.B. Hypotonie sowie Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung zu überwachen.

Bei einem Körpergewicht unter 15 kg sollte die Konzentration der Midazolam-Lösung 1 mg/ml nicht überschreiten. Höhere Konzentrationen sind auf 1 mg/ml zu verdünnen.

Niereninsuffizienz

Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz kann Midazolam eine stärkere und länger anhaltende Sedierung einschließlich klinisch relevanter Atem- und kardiovaskulärer Depression hervorrufen.

Midazolam sollte bei solchen Patienten mit Bedacht dosiert und bis zum gewünschten Sedierungsgrad auftitriert werden.

Bei Filmtabletten darf die Dosis 7,5 mg nicht überschreiten.

Leberinsuffizienz

Leberinsuffizienz verringert den Abbau von Midazolam, wodurch die terminale Halbwertszeit steigt. Die klinischen Wirkungen können daher stärker sein und länger anhalten. Die erforderliche Dosis sollte reduziert und die Vitalparameter entsprechend überwacht werden. Die maximale Dosierung der Filmtabletten bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberfunktionsstörung darf maximal 7,5 mg betragen.

Nebenwirkungen

Die Häufigkeiten der folgenden Nebenwirkungen sind derzeit unbekannt.

  • Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems und Angioödeme (Schwellungen) bis hin zum anaphylaktischen Schock
  • Verwirrtheitszustände und Desorientierung
  • Gefühls- und Stimmungsstörungen wie Euphorie
  • Veränderung der Libido
  • Halluzinationen
  • paradoxe Reaktionen wie Wirkungsumkehrung mit Ruhelosigkeit, Erregung, unwillkürlichen Bewegungen (einschließlich gleichmäßiger oder ruckartiger Muskelkrämpfe und Muskelzittern), übersteigerte Aktivität, Feindseligkeit, Wutausbrüche, Aggressivität, Wahnvorstellungen, Albträume, Psychosen, unangemessenes Verhalten, anfallartige Erregung und Tätlichkeiten
  • Krämpfe (bei Neu- und Frühgeborenen)
  • Verstärkung bereits vorhandener depressiver Verstimmungen
  • körperliche Arzneimittelabhängigkeit
  • Entzugserscheinungen
  • Abusus (Medikamentenmissbrauch)
  • herabgesetzte Aufmerksamkeit
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Gang- und Bewegungsunsicherheit
  • Beruhigung auch nach einem diagnostischen oder operativen Eingriff
  • anterograde Amnesie
  • Sehstörungen wie Doppelbilder und Augenzittern
  • Herzversagen
  • Herzstillstand
  • Bradykardie
  • Hypotonie
  • Vasodilatation
  • Thrombophlebitis
  • Thrombosen
  • Atemdepression
  • Apnoe
  • Atemstillstand
  • Dyspnoe
  • Laryngospasmus und Bronchospasmus
  • Schluckauf
  • Störungen des Verdauungstraktes wie Übelkeit, Erbrechen, Obstipation (Verstopfungen) und Mundtrockenheit
  • Hautreaktionen wie Ausschlag, Urtikaria, Pruritus
  • Muskelschwäche
  • Müdigkeit
  • erhöhtes Sturzrisiko und Knochenbrüche.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen von Midazolam mit anderen Wirkstoffen sind überwiegend auf das Hauptenzym im Metabolismus zurückzuführen: das Cytochrom P450-Isoenzym CYP3A4. In allen Fällen sind Dosisanpassungen notwendig:

Kontraindikation

In folgenden Fällen ist die Anwendung von Midazolam kontraindiziert:

Schwangerschaft/Stillzeit

Midazolam darf während der Schwangerschaft nur bei zwingender Indikation angewendet werden, da in tierexperimentellen Studien embryotoxische Wirkungen wie bei anderen Benzodiazepinen beobachtet wurden. Informationen zur Anwendung von Midazolam während der ersten beiden Schwangerschaftstrimester liegen nicht vor. Bei einem Kaiserschnitt ist von der Anwendung dieses Mittels abzuraten, da die Anwendung von hochdosiertem Midazolam im letzten Trimenon, während der Geburt oder bei Gabe zur Narkoseeinleitung bei Kaiserschnitt zu Nebenwirkungen bei Mutter und Fetus (Aspirationsgefahr bei der Mutter, Unregelmäßigkeiten der fetalen Herzfrequenz, herabgesetzte Muskelspannung, Saugschwäche, Hypothermie und Atemdepression beim Neugeborenen) geführt hat.

Säuglinge, deren Mütter längerfristig mit Benzodiazepinen insbesondere im letzten Trimenon behandelt wurden, können eine körperliche Abhängigkeit entwickeln und daher dem Risiko von Entzugserscheinungen nach der Geburt ausgesetzt sein.

Stillzeit

Midazolam geht in geringen Mengen in die Muttermilch über, deshalb sollten stillende Frauen ihre Kinder nach einer Midazolam-Gabe 24 Stunden lang nicht stillen.

Verkehrstüchtigkeit

Sedierung, Amnesie, beeinträchtigte Aufmerksamkeit und gestörte Muskelfunktionen, die zur Wirkung von Midazolam zählen, können die Fähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen oder Bedienen von Maschinen negativ beeinflussen. Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oder eine Maschine bedienen dürfen. Die Entscheidung, wann diese Aktivitäten wieder aufgenommen werden können, trifft der Arzt.

Alternativen

Alternativ können andere kurzwirksame Benzodiazepine eingesetzt werden.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
325.77 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 2.5 H
Q0-Wert:
1.0
Autor:
Stand:
18.12.2019
Quelle:
  1. Freissmuth M, Offermanns S, Böhm, S. Pharmakologie und Toxikologie. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Heidelberg: Springer-Verlag, 2016.
  2. Aktories K, Förstermann U, Hofmann F, Starke K. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 12. Auflage. München: Elsevier, 2017.
  3. ratiopharm GmbH. Fachinformation Midazolam-ratiopharm 2mg/ml orale Lösung [Internet]. Zuletzt aktualisiert November 2015. [zitiert am 28.12.2018].
  4. U.S. National Library of Medicine – National Center for Biotechnology Information. Compound Summary for CID 4192 – Midazolam [Internet]. Zuletzt aktualisiert: 22.12.2018. [zitiert am 28.12.2018]. mehr...
  5. Fresenius Kabi. Midazolam Injections, USP [Internet]. Zuletzt aktualisiert: März 2017. [zitiert am 28.12.2018]. mehr...
  6. Roche. Fachinformation – Dormicum Injektionslösung [Internet]. Zuletzt aktualisiert: Juli 2018. [zitiert am 28.12.2018].
  7. Fachinformation BUCCOLAM 5 mg Lösung zur Anwendung in der Mundhöhle
  8. Fachinformation Desiject 5 mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze, 2ml
  9. Fachinformation Dormicum® 7,5 mg Filmtabletten
  10. Fachinformation Midazolam-ratiopharm® 2 mg/ml orale Lösung zum Einnehmen
  11. Fachinformation Midazolam-ratiopharm® 15 mg/3 ml Injektionslösung
  12. Fachinformation Midazolam-ratiopharm® 100 mg/50 ml Injektionslösung
  13. Dosierungsempfehlung Midazolam B. Braun 1-/ 5 mg/ml Injektions-/Infusionslösung oder Rektallösung
  14. Rote-Hand-Brief zu Buccolam® (Midazolam): Risiko der Aspiration / des Verschluckens der Verschlusskappe
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