Ondansetron

Ondansetron ist ein Wirkstoff, der zur Arzneistoffklasse der Antiemetika gehört und somit gegen Übelkeit und Erbrechen wirkt. Ondansetron inhibiert zentrale 5-HT3-Rezeptoren (Serotonin-Rezeptoren) und vermittelt so die antiemetischen Effekte. Der Arzneistoff wird hauptsächlich bei Zytostatika-induziertem Erbrechen angewendet.

Ondansetron

Anwendung

Anwendungsgebiete

  • Behandlung von Übelkeit und Erbrechen hervorgerufen durch zytotoxische Chemotherapie und Strahlentherapie
  • Prophylaxe und Behandlung von postoperativer Übelkeit und Erbrechen

Anwendungsform

  • Ondansetron ist in Form von Filmtabletten, Schmelztabletten, Lutschtabletten, Tabletten und als Injektions- sowie Infusionslösungen auf dem deutschen Markt verfügbar.

Wirkmechanismus

Ondansetron ist ein starker, hochselektiver 5-HT3-Rezeptorantagonist. Chemotherapeutika und eine Strahlentherapie können die Freisetzung von 5-HT im Dünndarm bewirken und dadurch über die Aktivierung vagaler Afferenzen über 5-HT3-Rezeptoren einen Brechreflex auslösen.

Ondansetron wirkt indem er die Auslösung dieses Reflexes blockiert. Die Aktivierung vagaler Afferenzen kann auch eine Freisetzung von 5-HT in der Area postrema verursachen und dadurch über einen zentralen Mechanismus Erbrechen fördern.

Damit beruht die Wirkung von Ondansetron vermutlich auf dem Antagonismus an 5-HT3-Rezeptoren auf Neuronen sowohl des peripheren als auch des zentralen Nervensystems.

Der Wirkmechanismus bei postoperativer Übelkeit und Erbrechen ist nicht bekannt, es könnte jedoch gemeinsame Signalwege mit zytotoxisch induzierter Übelkeit und Erbrechen geben.

Pharmakokinetik

  • Nach oraler Verabreichung wird Ondansetron passiv und vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert und durchläuft einen First-Pass-Metabolismus.
  • Die Bioverfügbarkeit nach oraler Verabreichung ist bei Anwesenheit von Nahrung leicht erhöht, wird jedoch durch Antazida nicht beeinflusst.
  • Die Verteilung von Ondansetron nach oraler, intramuskulärer (i.m.) und intravenöser (i.v.) Gabe ist vergleichbar, die terminale Halbwertszeit liegt bei ca. 3 Stunden
  • Nach Gabe von Ondansetron als Zäpfchen, werden 15 bis 60 Minuten nach der Anwendung Ondansetron-Konzentrationen im Plasma nachweisbar.
  • Ondansetron wird mäßig an Proteine gebunden (70 bis 76 Prozent).
  • Ondansetron wird überwiegend durch eine Verstoffwechselung in der Leber über mehrere enzymatische Wege aus dem systemischen Kreislauf entfernt.
  • Weniger als 5 Prozent der resorbierten Dosis werden renal eliminiert.
  • Das Fehlen des Enzyms CYP2D6 (Debrisoquin-Polymorphismus) hat keine Auswirkungen auf die Pharmakokinetik von Ondansetron.
  • Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Ondansetron bleiben nach wiederholter Gabe unverändert.

Dosierung

Durch Zytostatika und Bestrahlung hervorgerufene Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen

Erwachsene

  • Oral

Die empfohlene orale Dosis beträgt 8 mg alle 12 Stunden über maximal 5 Tage. Die Einnahme sollte ein bis zwei Stunden vor der Chemotherapie oder Bestrahlung erfolgen.
Bei hochemetogener Chemotherapie kann eine orale Einzeldosis bis maximal 24 mg Ondansetron zusammen mit 12 mg Dexamethason oral ein bis zwei Stunden vor der Chemotherapie gegeben werden. Die empfohlene Dosis beträgt 8 mg zweimal täglich. Die Behandlung kann bis zu 5 Tage nach einem Behandlungszyklus fortgesetzt werden.

  • Intravenös

Die empfohlene intravenöse Dosis beträgt 8 mg als langsame intravenöse Injektion über nicht weniger als 30 Sekunden. Ondansetron i.v. sollte unmittelbar vor der Behandlung verabreicht werden.
Bei hochemetogener Chemotherapie kann eine maximale Initialdosis von 16 mg Ondansetron i.v. als Infusion über mindestens 15 Minuten gegeben werden. Dabei dürfen Einzeldosen über 16 mg aufgrund des dosisabhängig steigenden Risikos einer QT-Verlängerung nicht infundiert werden. Bei hochemetogener Chemotherapie kann zusätzlich eine einmalige intravenöse Gabe von 20 mg Dexamethason vor Beginn der Chemotherapie die Wirksamkeit steigern. Nach der Initialdosis von 8 mg können zweimal 8 mg im Abstand von je 4 Stunden intravenös injiziert werden, oder kontinuierlich 1 mg/h über bis zu 24 Stunden infundiert werden. Zur Prophylaxe von verzögertem oder verlängertem Erbrechen wird die orale Behandlung empfohlen.

Kinder und Jugendliche (im Alter von 6 Monaten bis 17 Jahre)

  • Oral und intravenös

Die Dosis kann auf Grundlage der Körperoberfläche (KOF) oder des Körpergewichts berechnet werden. Eine Dosierung nach Körpergewicht führt im Vergleich zu einer Dosierung nach Körperoberfläche zu höheren Tagesgesamtdosen.
Zur Prophylaxe durch Bestrahlung hervorgerufene Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen oder zur Prophylaxe von verzögerter oder prolongierter (verlängerter) Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen liegen bei Kindern und Jugendlichen keine Daten vor.

Dosierung nach Körperoberfläche

Die Initialdosis von 5 mg/m² Ondansetron sollte unmittelbar vor der Chemotherapie intravenös verabreicht werden. Die intravenöse Einzeldosis darf 8 mg nicht überschreiten. Die Gabe von oralen Dosen kann 12 Stunden später erfolgen und kann über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen fortgesetzt werden. Die orale Dosis beträgt bei einer KOF < 0,6 m² Ondansetron 2 mg, bei KOF zwischen 0,6 m² und 1,2 m² Ondansetron 4mg und bei KOF über 1,2 m² Ondansetron 8mg alle 12 Stunden. Die Tagesgesamtdosis darf die Erwachsenen-Dosis von 32 mg nicht überschreiten.

Dosierung nach Körpergewicht

Eine Dosierung nach Körpergewicht führt im Vergleich zu einer Dosierung nach Körperoberfläche zu höheren Tagesgesamtdosen. Die Initialdosis von 0,15 mg/kg Körpergewicht sollte unmittelbar vor der Chemotherapie als intravenöse Einzeldosis verabreicht werden. Die intravenöse Einzeldosis darf 8 mg nicht überschreiten. Bei Bedarf können 2 weitere i.v.-Dosen mit einem Abstand von 4 Stunden verabreicht werden. Die Gabe oraler Dosen kann 12 Stunden später erfolgen und kann über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen fortgesetzt werden. Die orale Dosis beträgt bei einem Körpergewicht unter 10 kg Ondansetron 2 mg und bei einem Körpergewicht über 10 kg Ondansetron 4 mg alle 12 Stunden. Die Tagesgesamtdosis darf die Erwachsenen-Dosis von 32 mg nicht überschreiten.

Ältere Patienten ≥ 75 Jahre

  • Oral

Eine Dosisanpassung oder Änderung der Einnahmefrequenz ist nicht erforderlich.

  • Intravenös

Die intravenöse Initialdosis sollte 8 mg nicht überschreiten. Alle intravenösen Dosen sollten in 50 bis 100 ml Kochsalzlösung oder Glukose 5%-Infusionslösung verdünnt und über mindestens 15 Minuten infundiert werden. Nach der Initialdosis können zweimal 8 mg Ondansetron im Abstand von mindestens 4 Stunden infundiert werden.

Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion

Es ist keine Anpassung erforderlich.

Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion

Bei Patienten mit mittlerer bis schwerer Einschränkung der Leberfunktion sollte eine tägliche Gesamtdosis von 8 mg Ondansetron (oral oder intravenös) nicht überschritten werden, da die Clearance signifikant verringert und die Serumhalbwertszeit signifikant erhöht ist.

Prophylaxe und Behandlung von Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen nach Operationen

Erwachsene

  • Oral

Zur Prophylaxe beträgt die empfohlene Dosis 16 mg Ondansetron oral eine Stunde vor der Narkose.

  • Intravenös

Zur Prophylaxe und Behandlung wird eine Einzeldosis von 4 mg als langsame intravenöse Injektion über mindestens 30 Sekunden bei Einleitung der Anästhesie empfohlen.

Kinder und Jugendliche (im Alter von 1 Monat bis 17 Jahre)

  • Oral

Es liegen keine Studien zur oralen Gabe von Ondansetron zur Prophylaxe vor.

  • Intravenös

Zur Prophylaxe und Behandlung kann Ondansetron als eine langsame intravenöse Injektion (über nicht weniger als 30 Sekunden) in einer Dosis von 0,1 mg/kg Körpergewicht bis zu einer maximalen Dosis von 4 mg Ondansetron entweder vor, während oder nach der Einleitung der Anästhesie oder nach der Operation verabreicht werden.
Zur Behandlung von Kindern unter 2 Jahren liegen nur begrenzte Daten vor.

Ältere Patienten

Die Erfahrungen mit Ondansetron in der Prophylaxe/Therapie postoperativer Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen bei älteren Patienten sind begrenzt, jedoch liegen Daten zur Behandlung von älteren Patienten durch Zytostatika und Bestrahlung hervorgerufene Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen vor.

Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion

Es ist keine Anpassung erforderlich.

Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion

Bei Patienten mit mittlerer bis schwerer Einschränkung der Leberfunktion sollte eine tägliche Gesamtdosis von 8 mg Ondansetron (oral oder intravenös) nicht überschritten werden, da die Clearance signifikant verringert und die Serumhalbwertszeit signifikant erhöht ist.

Nebenwirkungen

Zu den sehr häufig auftretenden Nebenwirkungen (≥ 1/10) zählen:

  • Kopfschmerzen

Zu den häufig auftretenden Nebenwirkungen (≥ 1/100 bis < 1/10) zählen:

  • Wärmegefühl oder Flush
  • Verstopfung

Wechselwirkungen

  • Ondansetron wird durch mehrere hepatische Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert: CYP3A4, CYP2D6 und CYP1A2
  • Aufgrund der Vielzahl von Stoffwechselenzymen, die Ondansetron metabolisieren können, wird die Hemmung oder die verringerte Aktivität eines dieser Enzyme (z.B. bei genetisch bedingtem CYP2D6-Mangel) in der Regel durch andere Enzyme kompensiert und besitzt daher nur einen geringen oder nicht signifikanten Einfluss auf die Gesamt-Clearance von Ondansetron oder die notwendige Dosis
  • Arzneimittel, die das QT-Intervall verlängern und/oder Elektrolytstörungen hervorrufen
  • Kardiotoxische Arzneimitteln (Anthrazykline wie z.B. Doxorubicin oder Daunorubicin; Trastuzumab; Antibiotika wie z.B. Erythromycin; Antimykotika wie z.B. Ketoconazol; Antiarrhythmika wie z. B. Amiodaron und Betablocker wie z.B. Atenolol oder Timolol: Risiko für das Auftreten von Arrhythmien erhöht
  • Serotonerge Arzneimittel (z.B. SSRIs und SNRIs): Gefahr eines Serotonin-Syndrom
  • Apomorphin: starker Blutdruckabfall und Bewusstseinsverlust möglich
  • CYP3A4-Induktoren wie z. B. Phenytoin, Carbamazepin und Rifampicin: orale Clearance von Ondansetron erhöht und damit die Konzentration im Blut verringert
  • Tramadol: analgetische Wirkung von Tramadol verringert

Kontraindikation

  • Gleichzeitige Anwendung von Apomorphin
  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff

Schwangerschaft

Am 01.10.2019 haben die Zulassungsinhaber von Ondansetron-haltigen Arzneimitteln in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mittels eines Rote-Hand-Briefes über neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Ondansetron während der Schwangerschaft informiert. Darin wird vermutet, dass Ondansetron orofaziale Fehlbildungen verursacht, wenn es im ersten Trimenon der Schwangerschaft verabreicht wird. Daher sollte Ondansetron nicht im ersten Trimenon der Schwangerschaft angewendet werden und Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine Schwangerschaftsverhütung in Erwägung ziehen. Zudem wird ausdrücklich von der Off-Label-Anwendung von Ondansetron bei der Schwangerschaftsübelkeit abgeraten.

Stillzeit

Die Anwendung von Ondansetron in der Stillzeit wird nicht empfohlen.

Verkehrstüchtigkeit

Ondansetron hat keinen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Hinweise

  • Überempfindlichkeitsreaktionen wurden auch bei Patienten beobachtet, die diese Erscheinungen mit anderen selektiven 5-HT3-Antagonisten gezeigt haben: Bei Auftreten von Atembeschwerden sollten diese symptomatisch behandelt und aufmerksam durch den Arzt überwacht werden, da Atembeschwerden Symptome einer beginnenden Überempfindlichkeitsreaktion sein können.
  • Ondansetron verlängert dosisabhängig das QT-Intervall: Es wurden Fälle von Torsade de pointes berichtet.
  • Eine Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie sollte vor der Anwendung von Ondansetron korrigiert werden.
  • Bei Einnahme von Ondansetron mit anderen serotonergen Arzneimitteln kann es zu einem Serotoninsyndrom kommen.
  • Da Ondansetron die Dickdarmpassage verlängert, sollten Patienten mit Anzeichen einer subakuten Darmobstruktion nach der Verabreichung überwacht werden.

Maskierung

  • Ondansetron kann nach Operationen an den Rachenmandeln okkulte Blutungen maskieren. Daher sollten diese Patienten sorgfältig überwacht werden.

Alternativen

Weitere Serotonin-5HT3-Rezeptorantagonisten sind neben Ondansetron:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
293.36 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 4.0 H
Q0-Wert:
0.8
Quelle:
  1. Fachinformationen zu Ondansetron
  2. Pasternak, Björn, Henrik Svanström, and Anders Hviid. "Ondansetron in pregnancy and risk of adverse fetal outcomes." New England Journal of Medicine 368.9 (2013): 814-823.
  3. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  4. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
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