Alopecia areata: Auf Dauer steigt das Infarkt-Risiko

Wer mehr als zehn Jahre mit der Diagnose Alopecia areata lebt, hat ein etwa vierfach erhöhtes Risiko auch einen Myokardinfarkt zu erleiden – und das unabhängig vom klassischen kardiovaskulären Risikoprofil. Daher empfiehlt es sich, die Patienten mit längerer Alopecia areata-Anamnese über dieses Risiko aufzuklären und die Herz-Kreislauf-Parameter zu überwachen.

Alopecia Areata

Die Alopecia areata (AA) wird heute als entzündlichen Autoimmunerkrankungen klassifiziert. Der nicht-vernarbende Haarverlust kann mit anderen Autoimmunreaktionen assoziiert sein, doch wie wirkt sich diese chronische Entzündung auf das Herz-Kreislauf-System aus? Von anderen chronisch-entzündlichen Autoimmunreaktionen wie der Schuppenflechte ist bekannt, dass sie mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einhergehen.

Daten von mehr al 200.000 AA-Patienten

Koreanische Wissenschaftler wollten nun konkret wissen, wie es sich mit dem Risiko für einen akuten Myokardinfarkt bei AA-Patienten verhält. Dazu werteten sie die Daten der koreanischen nationalen Krankversicherung aus.

Sie analysierten die Daten von 228.886 Patienten mit AA im Alter von 30–89 Jahren und glichen diese in ihrer retrospektiven Kohortenstudie mit denen von 4.577.720 Kontrollpersonen nach Alter und Geschlecht ab.

In den ersten AA-Jahren: niedriges AMI-Risiko

Dabei fanden sie heraus, dass zu Beginn des Krankheitsverlaufs der AA das Risiko für einen akuten Mykokardinfarkt (AMI) in den ersten Jahren nach Diagnosestellung im Vergleich zu den Kontrollpersonen eher gering ist: in den 2–4 Jahren nach der Diagnose betrug das Verhältnis der Inzidenzrate 0,52 (95 %-Konfidenzintervall: 0,42–0,65).

Doch das AMI-Risiko steigt mit der Krankheitsdauer an: nach 8-10 Jahren belief sich das Verhältnis der Inzidenzrate auf 2,06 (95 %-KI: 1,71–2,45); das heißt, die AA-Patienten haben ein etwa doppelt so hohes Risiko für einen AMI wie die Kontrollpersonen.

Auch nach Adjustierung: AMI-Risiko steigt mit der Krankheitsdauer

Bei Bereinigung um typische kardiovaskuläre Risikofaktoren (z. B. BMI, Blutdruck, Cholesterin, Rauchen) blieb das Muster bestehen:

Das AMI-Risiko (95 %-KI) war bei AA 0–2 Jahre nach der Diagnose niedriger als ohne: Adjusted Hazard Ratio (aHR): 0,17 (95 %-KI: 0,12–0,25). Mit der Zeit nahm das AMI-Risiko der AA-Patienten im Vergleich zu den Kontrollpersonen jedoch zu:

  • 2–4 Jahren (aHR: 0,35; 95 %-KI: 0,27–0,46),
  • 4–6 Jahren (aHR: 0,70; 95 %-KI: 0,57–0,87)
  • 6–8 Jahren (aHR: 0,85; 95 %-KI: 0,69–1,06).

Nach acht Jahren steigt die Herzinfarktgefahr

Nach 8–10 Jahren Krankheitsdauer ging der Vorteil der AA-Patienten verloren. Ab diesem Zeitpunkt war ihr AMI-Risiko höher als das der Kontrollpersonen: aHR 1,37 (95 %-KI: 1,11–1,70). Und die Gefahr eines AMI stieg mit dem weiteren Verlauf der AA. Nach 10–12 Jahren betrug die aHR 4,51 (95 %-KI: 3,65–5,58), also ein um mehr als das Vierfache erhöhte Gefahr einen Herzinfarkt zu erleiden im Vergleich zu Menschen ohne AA.

Regelmäßiger Check-up bei langjährigen AA-Patienten

Die koreanischen Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass Patienten mit langjährig bestehender AA regelmäßig auf die Risikofaktoren des Herzkreislauf-Systems untersucht werden sollten.

Autor:
Stand:
18.06.2020
Quelle:

Shin J et al. (2020):  Time-Dependent Risk of Acute Myocardial Infarction in Patients With Alopecia Areata in Korea. JAMA Dermatol. doi: 10.1001/jamadermatol.2020.1133.

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