Nicht erst seit Coronazeiten ist klar, dass die Telemedizin eine zeitgemäße Ergänzung für die Patientenversorgung ist. Für alle Fachrichtungen gilt, dass sich damit Probleme wie Terminknappheit und räumliche Distanz, wie sie vor allem im ländlichen Raum bestehen, verkleinern lassen. Besonders für die Hautheilkunde bieten sich die visuellen Möglichkeiten der neuen Medien an, schließlich wird in der Dermatologie viel »mit dem Auge« diagnostiziert. Via Smartphone und Skype, über das die meisten Menschen heutzutage verfügen, kann so schon manche Effloreszenz beurteilt werden.
S2k-Leitlinie: evidenzbasierte Teledermatologie
Weil in der Dermatologie häufig die Chance der Blickdiagnose gegeben ist, haben sich die Dermatologen schon länger mit den Möglichkeiten der Teledermatologie auseinandergesetzt. Dazu wurde bereits 2018 ein Leitfaden zur »Praxis der Teledermatologie« von Professor Matthias Augustin, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Institutsdirektor für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, und Kollegen erarbeitet. Augustin ist auch Leitlinienkoordinator der S2k-Leitlinie, die mit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und dem Berufsverband der Dermatologen erarbeitet wurden. Darin werden erstmals fachärztliche Qualitätsstandards der Teledermatologie auf Basis wissenschaftlicher Evidenz dargelegt.
Erstmals S2-Leitlinien-Niveau
Diese Handlungsempfehlungen stellen die erste Telemedizin-Leitlinie auf S2-Niveau in Deutschland dar. Sie definiert, was telemedizinisch versorgt werden kann, wo positive Effekte zu sehen sind und was unterbleiben sollte. Anhand der Leitlinie können sich behandelnde Ärzte informieren, in welchen Bereichen der Dermatologie ausreichend Sicherheit bei der Anwendung teledermatologischer Verfahren besteht.
Beste Datenlage bei chronischen Wunden
Untersucht haben die Leitlinienautoren fünf häufige dermatologische Erkrankungen: Psoriasis, Neurodermitis, Hautkrebs, chronische Wunden und weitere Hautkrankheiten. „Bei den chronischen und akuten Wunden hatten wir die beste Datenlage“, berichtet Augustin. So könnten in Sachen Wundversorgung schon bei der Primärdiagnostik teledermatologische Verfahren empfohlen werden. Das gelte auch für die Verlaufskontrolle und für die Schulung zum Anlegen von Verbänden.
Psoriasis: Gut zur Verlaufskontrolle
Anders sieht es bei der Schuppenflechte (Psoriasis) aus. Eine Erstdiagnostik sollte nicht allein auf der Basis eines teledermatologischen Befundes erfolgen, der Therapieverlauf kann aber gut mit einer Store‐and‐Forward‐Technologie (SaF) oder der Realtime‐Technologie begutachtet werden. Bei der SaF-Methode werden Daten erst zwischengespeichert und zeitlich versetzt weitergeleitet. Realtime meint, dass die Daten in Echtzeit übermittelt werden.
Beratung Betroffener mit Neurodermitits
Auch bei der Neurodermitis führt kein Weg an der Präsenzuntersuchung für die Erstdiagnostik herum. Bezüglich Beratung von Betroffenen hat die Teledermatologie jedoch Potenzial und kann empfohlen werden.
Hautkrebs: nicht zur Primärdiagnostik
Beim Hautkrebs soll die Primärdiagnostik sowohl beim Plattenepithelkarzinom als auch beim Melanom nicht nur aufgrund von teledermatologischen-Lösungen erfolgen. „Die Daten zeigen, dass bisher noch die Präsenzdiagnostik, unterstützt durch digitale Techniken, der alleinigen digitalen Befundung überlegen ist“, erklärt Augustin.