
Tätowierungen sind nach wie vor „In“, auch wenn die Begeisterung für Ornamente an bestimmten Körperregionen nachgelassen hat. Etwa jeder Fünfte zwischen 20 und 35 Jahren in den Industrienationen ist heutzutage tätowiert [1]. Wer sich ein Tattoo stechen lassen will, fragt beim Thema Hygiene eher nach dem Risiko für virale Infektionen. Schließlich wurde häufiger kolportiert, dass man sich per Tattoo-Nadel mit HIV anstecken könnte. Diese Fälle sind allerdings extrem selten und heutzutage sind die Bedenken weitgehend ausgeräumt – unter anderem, weil routinemäßig Einmal-Nadeln in den Tattoo-Studios verwendet werden.
Tattoo-Entzündungen sieht der Arzt erst spät
Was bei den Tattoo-Risiken nur selten ins Kalkül gezogen wird, ist die Gefahr einer bakteriellen Infektion. Da eine frische Tätowierung immer mit einer Hautreizung einhergeht, werden auch bakterielle Entzündungen erst spät als solche identifiziert. Und dann ist es auch so manchem frisch Tätowierten peinlich, mit dem schmerzenden „Hautbild“ zum Arzt zu gehen – zum einen ist man selbst dran schuld, zum anderen will man nicht als „Weichei“ gelten.
Inzidenz unklar
Das könnte auch der Grund sein, warum es nur wenige Studien zur bakteriellen Infektionsgefahr bei Tätowierungen gibt. Daher – und weil es keine Meldepflicht für diese Infektionen gibt – existieren auch keine Zahlen zur Inzidenz von Tattoo-Infektionen. Das lokale Erkrankungsspektrum umfasst Impetigo, Weichteilinfekte, Erysipel, Abszesse, nekrotisierende Fasziitis oder ein staphylogenes Lyell-Syndrom (SSSS = staphylococcal scaled skin syndrome).
Erysipel unter frischer Tätowierung
Tauchen die Patienten mit ihrem entzündeten Tattoo dann doch beim Hautarzt auf, besteht meist schon eine manifeste floride Infektion - so auch in der Hautklinik Lüdenscheid. Dr. Lena Wulfken hat drei Fälle in einem Poster zusammengestellt – vorgesellt auf der 22. Tagung der Dermatologischen Wissenschafts- und Fortbildungsakademie in Köln [2]. Alle drei Patienten hatten ein Erysipel im Bereich einer frischen Tätowierung entwickelt. Erreger waren Staphylokokkus aureus-Spezies und Streptokokkus pyogenes der Gruppe A. Dies bestätigt auch das Keimspektrum, das eine Metaanalyse aus dem Jahr 2016 ergeben hatte [1]. Dort waren 81% der Tattoo-Infektionen durch Staphylokokkus aureus bedingt.
Der am häufigsten postulierte Infektionsweg ist die Verdünnung der Tätowiertinte mit nicht sterilisiertem Wasser, schreiben die Lüdenscheider Hautärzte. Manchmal lässt sich auch identifizieren, welche Farbe verunreinigt war: bei einem der beschrieben Fälle war das Schwarz wohl der Übeltäter. Außer dem Erysipel hatte diese Patientin auch noch eine Impetigo: die schwarzen Konturen waren mit Eiterbläschen nachgezeichnet.
Als weitere Infektionsquellen kommt auch inadäquat sterilisiertes Tattoo-Equipment oder die transiente Hautflora des Kunden in Betracht.