
Der HbA1c gilt als Langzeitblutzuckerwert und hilft, abzuschätzen, wie gut ein Diabetes bei Patientinnen und Patienten eingestellt ist. Viele Betroffene erreichen jedoch keine gute Einstellung des HbA1c. Gerade einmal bei einem Drittel der Kinder und Erwachsenen mit einem Typ 1 Diabetes mellitus (T1DM) gelingt es, den HbA1c in den Zielbereich von weniger als 7,0% zu senken. Nicht einmal die Hälfte der Menschen mit Typ 2 Diabetes mellitus (T2DM) erreicht Werte unter 7,5%, wie Daten aus dem Exchange Register in den USA und dem DPV Register in Deutschland/Österreich zeigen.
Bessere Blutzuckereinstellung mit CGM
Um eine gute Einstellung zu erreichen, müssen die täglichen Blutzuckermessungen möglichst gut im vorab festgelegten Zielbereich liegen. Dabei können kontinuierliche Glukosemonitoring-Systeme, sogenannte CGMs (Continuous Glucose Monitoring), oder Flash Glucose Monitoring-Systeme helfen. Betroffene, die solche Systeme nutzen, haben meist höhere Werte für die Zeit im Zielbereich (Time in Range, TiR), niedrigere Time below Range-Werte (TbR) mit Hypoglykämie und einen niedrigeren HbA1c-Wert.
Langfristige Effekte
Das zeigte 2020 bereits eine Metaanalyse mit 25 Real-World- und klinischen Studien. Hier war das Flash Glucose Monitoring mit durchschnittlich -0,56% niedrigeren HbA1c-Werten bei Erwachsenen (95%-Konfidenzintervall (KI) -0,76 bis -0,35) und -0,54% (95%-KI -0,84 bis -0,23) bei Kindern und Jugendlichen verbunden. Dieser Effekte blieb über einen Zeitraum von 12 Monaten bestehen (longitudinale Analyse mit 1276 Erwachsenen). Zwischen den beiden Hauptdiabetestypen, T1DM und T2DM, konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.
Auch Typ-2-Diabetiker profitieren
CGM-Systeme wie das FreeStyle Libre-System der Firma Abbott werden bei T1DM in den meisten europäischen Ländern von den Krankenkassen übernommen. Bei T2DM sieht das jedoch anders aus. Zwar haben klinische und Real-World-Studien auch bei einem T2DM gezeigt, dass die glykämische Kontrolle mit CGMs signifikant verbessert wird, die Kosten für die Systeme werden jedoch nur in Ausnahmefällen übernommen. Dafür müssen bestimmte Kriterien wie mehrmals tägliche Insulingabe oder schlecht eingestellte HbA1c-Werte erfüllt sein.
Profitieren könnten jedoch deutlich mehr Diabetikerinnen und Diabetiker von CGM-Systemen, wie nun eine neue Metaanalyse aus Großbritannien und Deutschland zeigt. Die Daten wurden im Journal »Diabetes Therapy« veröffentlicht.
Zielsetzung
Die Metaanalyse baut auf einer früheren Metaanalyse mit 25 Studien auf. In der aktuellen Forschungsarbeit sollte eine größere Gruppe Betroffener untersucht werden. Der Fokus lag auch hier auf einer möglichen Reduktion des HbA1c durch Flash Glucose Monitoring im Vergleich zum Selbstmonitoring. Gesucht wurde nach Mustern in der longitudinalen Veränderung des HbA1c in einem Zeitraum von einem bis 24 Monate nach Nutzungsbeginn des Systems. Verglichen werden sollten zudem Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der HbA1c-Veränderung bei T1DM und T2DM.
Methodik
Für die Metaanalyse wurde eine bibliographische Suche der großen Datenbanken durchgeführt wie MEDLINE, Embase, BIOSIS Previews und Co. Eingeschlossen wurden Studien zwischen 2013 und Dezember 2020.
Alle Studien mussten sich auf Veränderungen im HbA1c nach entweder drei bis vier Monaten und 4,5 bis 7,5 Monaten oder longitudinal bis zu 24 Monaten fokussieren. Eingeschlossen werden konnten Studien, deren Daten auf dem kontinuierlichen Einsatz von FreeStyle Libre-Systemen während der Studienperiode basierten. Die Daten mussten so publiziert worden sein, dass sie für statistische Metaanalysen genutzt werden konnten. Als Mindestdatensätze sollten unter anderem zur Verfügung stehen die durchschnittliche Änderung im HbA1c, der Standarderror der durchschnittlichen Veränderung des HbA1c und der durchschnittliche Anfangs-HbA1c.
Ergebnisse
Die Suche ergab 75 Real-World-Studien mit 30.478 Teilnehmenden, die in die Metaanalyse eingeschlossen werden konnten. Von allen Teilnehmenden hatte mit 28.063 der Großteil einen Typ-1-Diabetes. Betroffen waren hiervon in 62 Studien sowohl Erwachsene als auch Kinder. Erwachsene mit einem T2DM, die eingeschlossen werden konnten, fanden sich in 13 Studien (n=2.415).
Der Einsatz des FreeStyle Libre-Systems war bei beiden Diabetestypen mit einer signifikanten Senkung des HbA1c-Wertes verbunden. Nach drei bis vier Monaten war er bei den Teilnehmenden der T1DM-Gruppe um -0,53% (95%-KI -0,69 bis -0,38) von 8,20% auf 7,67% gesunken. Beim T2DM lag er um -0,45% (95%-KI -0,57 bis -0,33) niedriger mit einem Abfall von 8,17% auf 7,72%. Nach 4,5 bis sieben Monaten war er beim T1DM immer noch um -0,42% (95%-KI -0,58 bis -0,27) niedriger und beim T2DM um -0,59% (95%-KI -0,80 bis -0,39).
War der HbA1c zu Studienbeginn höher, gelang mithilfe des CGM-Systems eine größere prozentuale Absenkung als bei Teilnehmenden mit einem niedrigeren Einstiegs-HbA1c. Bei einem Einstiegs-HbA1c von 6,75% bei T1DM und 6,6% bei T2DM beispielsweise wurde drei bis vier Monate, nachdem das CGM eingesetzt wurde, bei Erwachsenen keine Veränderung festgestellt. Für jeden Prozentpunkt zusätzlich zu diesen HbA1c-Werten am Anfang der Studie, fiel der HbA1c 4,5 bis 7,5 Monate nach Studienbeginn um -0,49% (95%-KI -0,66 bis -0,32) bei T1DM und um -0,35% (95%-KI -0,74 bis 0,05) bei T2DM. Höhere Anfangswerte beim HbA1c korrelierten also mit einer größeren Reduktion desselbigen - sowohl beim Typ-1-Diabetes als auch beim insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes.
Die Effekte hielten bei Typ-2-Diabetikerinnen und Diabetikern bis zu 12 Monate an. Darüber hinaus gab es keine Daten. Bei Typ-1-Diabetikerinnen und Diabetikern hielten die positiven Effekte auf den HbA1c sogar bis zu 24 Monate an.
Fazit
Flash Glucose Monitoring Systeme oder das FreeStyle Libre-System können helfen, den HbA1c bei insulinpflichtigen Diabetikerinnen und Diabetikern signifikant zu senken. Der Effekt hält über mehrere Monate an.
„Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes, die Insulin verwenden, sehen sich demselben Komplikationsrisiko gegenüber wie Menschen mit Typ-1-Diabetes und müssen ebenso ihre Glukosekonzentration im Blut überwachen. Dennoch werden sie hinsichtlich des Zugangs zur Sensortechnologie nur selten gleichberechtigt behandelt“, sagte Mark Evans MD FRCP, University Professor of Diabetic Medicine an der Universität Cambridge. „Unsere Analyse zeigt die Bedeutung der kontinuierlichen Glukosemessung zur Unterstützung der glykämischen Kontrolle auch bei Menschen mit insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes, insofern, dass wir klinisch bedeutsame Vorteile unter Alltagsbedingungen sehen.“