Positive Effekte von Hafer auf Blutglukosespiegel
In der Praxis werden Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 gelegentlich mit einer Haferkur (sogenannte Hafertage) behandelt, um den Insulinbedarf zu senken und den Blutzuckerspiegel zu verbessern. Hafer ist reich an Beta-Glucan und stellt daher eine gute Quelle für lösliche Ballaststoffe dar. Es wird angenommen, dass Ballaststoffe aufgrund ihrer Unverdaulichkeit im Dünndarm und ihrer Fermentierung im Dickdarm positive Wirkungen wie Abführung, Senkung der Blutfette oder Modulation des Blutzuckerspiegels haben.
Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat die Datenlage zum Verzehr von Beta-Glucanen aus Hafer und Gerste geprüft und bestätigt, dass die Nahrungsmittel zur Aufrechterhaltung normaler LDL-Cholesterinkonzentrationen im Blut und Verringerung der postprandialen glykämischen Reaktionen beitragen können.
Zu dem Effekt einer Haferkur auf den Blutzuckerspiegel bei Schwangeren mit Gestationsdiabetes liegen bisher kaum Daten vor. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler der Ahvaz Jundishapur University of Medical Sciences (AJUMS) im Iran eine Studie zu den Auswirkungen der Verwendung von Hafermehl auf Schwangerschaftsdiabetes durchgeführt. Die Daten wurden im Journal »BMC Endocrine Disorders« veröffentlicht.
Methodik
In der randomisiert-kontrollierte klinische Studie wurden schwangere Frauen, die das Gesundheitszentrum von East Ahvaz und die Hebammenklinik des Imam Khomeini Krankenhauses in Ahvaz, Iran, aufsuchten, untersucht. Einschlusskriterien waren das Vorhandensein eines Handys, ein Alter zwischen 18 und 35 Jahren, ein beeinträchtigter Blutzuckerspiegel (Nüchternblutzucker ≥92 mg/dl, 1h-Glukose-Toleranz-Test ≥180 mg/dl oder 2h nach dem Verzehr von 75 g Glukose ≥153 mg/dl) und eine Schwangerschaft in der 24. bis 28. Woche. Der Studienzeitraum erstreckte sich vom 4. Februar bis zum 4. Juni 2020.
Vor der Intervention wurden bei allen Frauen Blutproben entnommen, um den Nüchternblutzucker und den Blutzucker eine und zwei Stunden nach der Verabreichung von 75 g oraler Glukose zu bestimmen (oraler Glukose-Toleranz-Test, oGTT).
Anschließend wurden die Teilnehmerinnen nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 in zwei Gruppen von jeweils 56 Personen aufgeteilt. Die Fallgruppe erhielt eine Standarddiät mit Haferkleie (30 g bzw. drei bis vier halben Esslöffel Haferkleie täglich zum Mittag- und Abendessen) und die Kontrollgruppe eine Standarddiät ohne den Verzehr von Haferkleie. Beide Interventionen wurden über vier Wochen durchgeführt. Zur Überwachung der Teilnehmerinnen wurden Telefonanrufe getätigt, um sie an den Verzehr zu erinnern und sich nach eventuellen Allergien zu erkundigen.
Der Nüchternblutzucker und der Blutzucker zwei Stunden nach dem Frühstück wurden zwei und vier Wochen nach Beginn der Intervention in beiden Gruppen kontrolliert.
Ergebnisse
Fünf Personen aus der Haferkleie-Gruppe und drei Personen aus der Kontrollgruppe wurden aufgrund unzureichender Mitarbeit von der Studie ausgeschlossen. Daher wurden die Ergebnisse mit 51 Probanden in der Haferkleie-Gruppe und 53 Probanden in der Kontrollgruppe ausgewertet.
Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich ihrer Eigenschaften in Bezug auf Durchschnittsalter (p=0,507), Body-Mass-Index (p=0,273), ethnische Zugehörigkeit (p=0,058), Lebenssituation (Beruf, Bildung, Wohnort, Wohneigentum) sowie das mittlere Schwangerschaftsalter (p=0,277), die Parität (p=0,433), die Gravidität (p=0,208) und die Anzahl der Kinder (p=0,352).
Beim Vergleich der 3-Tage-Erinnerungen in Bezug auf die durchschnittliche Fettaufnahme (p=0,67), die durchschnittliche Kohlenhydrataufnahme (p=0,28), die Proteinaufnahme (p=0,23) und die Ballaststoffaufnahme (p=0,46) wurde ebenfalls kein signifikanter Unterschied festgestellt.
Nüchternblutzucker
Auch in Bezug auf den Nüchternblutzucker unterschieden sich die Gruppen vor der Intervention nicht signifikant. Der Wert lag in der Interventionsgruppe bei 104,69 ± 7,51 mg/dl und in der Kontrollgruppe bei 105,68 ± 8,24 mg/dl (p=0,549).
Zwei Wochen nach Studienbeginn betrug der mittlere Nüchternblutzucker 88,49 ± 2,07 mg/dl in der Interventionsgruppe und 99,07 ± 8,14 mg/dl in der Kontrollgruppe, was statistisch signifikant war (p<0,001). Vier Wochen nach Beginn der Intervention betrug der Nüchternblutzucker 84,59 ± 2,84 mg/dl in der Haferkleie-Gruppe und 92,77 ± 4,97 mg/dl in der Kontrollgruppe (p<0,001).
Postprandiale Glukosewerte
Der Blutzucker beider Gruppen eine Stunde nach dem Konsum von 75 g oraler Glukose (182,10 ± 6,70 mg/dl vs. 180,70 ± 7,81 mg/dl; p=0,555) und zwei Stunden nach dem Konsum von 75 g oraler Glukose (156,21 ± 4,40 mg/dl vs. 157,68 ± 6,60; p=0,188) unterschied sich zu Beginn der Studie nicht signifikant.
Nach zwei Wochen lag der mittlere zweistündige postprandiale Glukosewert in der Interventionsgruppe bei 115,37 ± 3,14 mg/dl und in der Kontrollgruppe bei 122,17 ± 3,91 mg/dl. Vier Wochen nach Studienbeginn betrug dieser Wert 104,04 ± 5,48 mg/dl in der Haferkleie- und 117,49 ± 11,34 mg/dl in der Kontrollgruppe. Die Unterschiede waren in beiden Fällen statistisch signifikant (jeweils p<0,001).
Fazit
Die Studie zeigt, dass Haferdiäten über vier Wochen im Vergleich zu konventionellen Diäten allein auch bei Schwangerschaftsdiabetes einen positiven Effekt auf die Blutzuckerspiegel haben können. Da die Studie nur eine recht kleine Patientengruppe in einem kurzen Zeitraum einschloss, empfehlen die Wissenschaftler weitere Untersuchungen an einem größeren Patientenkollektiv mit längerer Dauer. Zudem seien Studien an schwangeren Frauen mit bereits bestehendem Diabetes mellitus von Interesse.
Die zunehmende Anzahl Diabetespatienten, insbesondere auch in Bezug auf Gestationsdiabetes, mache es notwendig, Behandlungen mit weniger Komplikationen, hoher Wirksamkeit und geringeren Kosten zu finden.