DDG 2022: Individualisierte Ernährung bei Diabetes

Intermittierendes Fasten kann sich bei Adipositas positiv auf den Stoffwechsel auswirken. Ob eine Ernährungsform anschlägt, hängt jedoch zu großen Teilen auch vom genetischen Profil ab.

Ernährungsberatung

Vier Tassen Kaffee am Tag reduzieren das Risiko für Diabetes mellitus um etwa 20% bis 30%. Diätetische Interventionen führen zu einem erhöhten Lipidturnover, besserer Insulinsensitivität und Schutz vor beta-Zellverlust. Das sind nur einige der vorgestellten Erkenntnisse und Daten vom diesjährigen Diabetes Kongress.

Was dem einen schmeckt, ist des anderen Graus. Essensvorlieben sind so individuell wie unser genetisches Setup. Das spiegelt sich auch in dem wider, was für den jeweiligen Menschen gesund ist und was nicht. Das gilt vor allem auch für die Ernährung bei Diabetes mellitus. Manche Ernährungsformen sind zumindest im Tiermodell jedoch vielversprechend. So zum Beispiel das intermittierende Fasten.

Intermittierendes Fasten - die perfekte Ernährung für alle?

Intermittierendes Fasten kann sich positiv auf das Pankreas und die Skelettmuskulatur auswirken. Das haben neue Studienergebnisse von Professor Heike Vogel vom Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke ergeben. Sie untersuchte mit ihrem Team in Modellen mit adipösen Mäusen, wie sich Kalorienrestriktion und intermittierendes Fasten auf den Körper auswirken.

Untersuchungen im Mausmodell

Dazu ließen sie einen Teil der Tiere intermittierend fasten, eine Gruppe normal ernähren und eine Gruppe mit einer 10%igen Kalorienrestriktion. Bereits bei der Substratverwertung zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den drei Gruppen und ihrer Nahrungsverwertung. War Futter verfügbar, oxidierten alle Tiere - unabhängig von der jeweiligen Gruppe - Kohlenhydrate, um Energie zu gewinnen. In Fastenzeiten switchten sie zur Lipidoxidation.

Die intermittierende Fastengruppe zeigte dabei aber eine deutlich schnellere Stoffwechselumstellung als die beiden anderen Gruppen. Auch der Blutzucker blieb bei dieser Gruppe im Normbereich und - ebenso wie die kalorienrestringierte Gruppe - brauchten sie weniger Insulin, um nach einem Glukosebolus wieder zu Basalwerten zurückzukehren. Als das Forscherteam sich die Leber der Tiere genauer anschaute, war auch hier ein signifikanter Unterschied sichtbar: Die Tiere mit einer intermittierenden Fastenernährung hatten deutlich weniger Lipidtropfen in der Leber als die normal ernährte Vergleichsgruppe.

Einfluss auf verschiedenen Ebenen

Dem Ganzen zugrunde liegen vermutlich molekulare Mechanismen. „Die kalorische Restriktion hat unter anderem Auswirkungen auf den Insulinsignalweg und auf mRNA-Ebene“, berichtete Vogel beim Kongress. Auch reduziere die Ernährungsform die Glykogenproduktion. Intermittierendes Fasten spräche darüber hinaus noch weitere Wege an wie die GLUT4-Translokation und die Proteinsynthese. In weiteren Studien wolle sie nun herausfinden, welche Gene genau durch Kalorienrestriktion und intermittierendes Fasten an- und ausgeschaltet werden.

Erfolg der Ernährungsformen individuell

Sollten nun alle zu intermittierendem Fasten wechseln? Nicht jede Ernährungsform ist bei jedem Menschen gleich gut. Während bei dem einen vier Tassen Kaffee protektiv sind, können sie dem anderen schaden, denn, ob Kaffee gesund ist, hänge vom genetischen Makeup ab, berichtete Professor Dr. Thomas Skurks von der TU München im gleichen Symposium, der sich näher mit verschiedenen Ernährungsformen auseinandergesetzt hat. Ebenso verhalte es sich mit Low-Carb Diäten (LCD). Zumindest kurzzeitig können sie sich moderat positiv auf einen Diabetes auswirken. Sie scheitern jedoch, wenn die falsche Person sie anwendet.

Einfluss des genetischen Profils

Ob eine bestimmte Ernährungsform funktioniert, hängt unter anderem von Merkmalsträgern wie SNPs in der gastrischen Lipase, dem Galanin, CETP (Cholesterinester-Transferprotein) und einigen anderen ab. Tragen Menschen die „richtige“ Merkmalskombination, erreichen sie mit LCD einen höheren Gewichtsverlust als andere. Bei bestimmten angeborenen Mutationen hingegen, wäre diese Ernährungsform kontraindiziert.

Auch andere Genotypen zeigten sich in Studien als risikoreicher. So war der Genotyp TNF G-308A in Studien mit einem 7-fach erhöhten TNF-Spiegel verbunden und mit Diabetes assoziiert. Die Genvariante -308GG hingegen zeigte ein besseres metabolisches Ansprechen auf hypokalorische Hochproteindiäten.

Zukunftsmusik Genetic Risk Scores

Noch lassen sich all diese Merkmalsträger nicht in einen Genetic Risk Score übersetzen. Das könnte in Zukunft anders aussehen. „Wir haben noch keine Panels“, berichtet Skurks. Zwar gäbe es bereits Firmen, die solche Analysen anböten. Auf welcher Grundlage diese Panels jedoch basierten, sei nicht einsehbar. Vielleicht wird es aber in der Zukunft Panels geben, die erlauben, genaue Profile zu erstellen und individualisierte Ernährungsempfehlungen auszusprechen, die auf bestimmte genetische und diabetische Profile zugeschnitten sind.

Autor:
Stand:
22.06.2022
Quelle:

DDG-Symposium. Ernährung und Diabetes mellitus. Diabetes Kongress 2022. 26. Mai 2022.

 

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