Die globale Bewegung „Language Matters Diabetes“ hat ihren Ursprung in einer Initiative von Diabetes Australia aus dem Jahr 2011. Mit der Zeit haben verschiedene Diabetesorganisationen, wissenschaftliche Verlage und Fachgesellschaften mehrerer Länder Positionspapiere zum sorgfältigen und positiven Gebrauch von Sprache in Zusammenhang mit Diabetes verfasst. Anlässlich des Weltdiabetestages wurde auch in Deutschland das erste Positionspapier mit Empfehlungen zum reflektierten, nichtdiskriminierenden Sprachgebrauch in der Medizin für Menschen mit Diabetes mellitus veröffentlicht.
Sensible Sprache unterstützt Personen mit Diabetes
Ein integrativer und werteorientierter Sprachgebrauch könne Ängste abbauen, Vertrauen schaffen, aufklären und die Selbstfürsorge fördern, heißt es in einer Pressemitteilung der DDG. Umgekehrt könne Sprache auch stigmatisieren, verletzen, die Selbstwirksamkeit schwächen und sich somit nachteilig auf das Diabetesmanagement auswirken.
„Das Thema ‚sensible Sprache‘ ist auch in der partizipativen Entscheidungsfindung prioritär: Menschen mit Diabetes treffen jeden Tag im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung selbstständige und -verantwortliche Entscheidungen, die von den Ärzt*innen akzeptiert werden müssen. Die Sprache sollte dabei unterstützen, um eine gute Übereinstimmung zwischen den Anforderungen der Diabeteserkrankung und den Wünschen und Zielen einer Person zu erreichen“, erklärt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und niedergelassener Diabetologe.
Sensibilität auch bei fachlicher Kommunikation
Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG, ergänzt, dass auch in der fachlichen Kommunikation, die Art, wie Berufsgruppen im Gesundheitswesen über Menschen mit Diabetes sprechen, die Einstellung gegenüber der Erkrankung offenbart werde und appelliert an eine höhere Sensibilität und Reflektion des Sprachgebrauchs in diesem Bereich.
Allgemeine und konkrete Empfehlungen
Das Positionspapier wurde von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 sowie Mitgliedern von Fachgesellschaften erstellt. Es richtet sich sowohl an Personen mit Diabetes als auch deren Angehörige, Fachpersonal der verschiedenen Gesundheitsberufe, Medienschaffende, Lehrkräfte, die Justiz sowie die Öffentlichkeit.
Neben allgemeinen Empfehlungen wie auf eine verständliche, wertneutrale und empathische Sprache bei der Kommunikation über Diabetes zu achten, finden sich auch konkrete Empfehlungen zu verschiedenen Begrifflichkeiten. So sollte beispielsweise der Begriff „Diabetiker“ nicht mehr verwendet werden, da dieser als stigmatisierend empfunden werde, weil er Betroffene auf die Krankheit reduziere. Stattdessen schlagen die Autoren die Formulierung „Mensch/Person/Kind mit Diabetes“ vor. Auch von einem „Einstellen“ der Glukosewerte zu sprechen sei wertend und erinnere eher an die Wartung einer Maschine als an Menschen, weshalb empfohlen wird, zu beschreiben, ob sich Werte inner- oder außerhalb des Zielbereiches befinden bzw. hoch oder niedrig sind.
„Ein sensibler Sprachgebrauch drückt eine Haltung gegenüber Menschen mit Diabetes aus“, so Professor Dr. Dipl.-Psych. Bernd Kulzer, Sprecher und 1. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der DDG. Daher sollte die Kommunikation von Behandelnden gegenüber Menschen mit Diabetes respektvoll sein und anerkennen, dass die wesentlichen Therapieentscheidungen tagtäglich von ihnen eigenständig getroffen werden.