
Hintergrund
Eine Hypercholesterinämie bzw. Hypertriglyceridämie kann zu einer koronaren Atherosklerose führen, welche dann wiederum das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie beispielsweise einem Herzinfarkt erhöhen kann.
Derzeit besteht die Therapie der Hypercholesterinämie neben lebensstilmodifizierenden Maßnahmen aus der lebenslangen täglichen Einnahme von Statinen oder neueren Medikamenten wie den PCSK-9 (proprotein convertase subtilisin/Kexin type 9) Antikörpern.. Die Wirkung dieser Antikörper beruht auf der Hemmung des Enzyms PCSK9, welches zu einer Reduktion des LDL-Cholesterins im Blut führt, da dieses vermehrt in die Leberzellen aufgenommen wird. Die Behandlung einer Hypertriglyceridämie kann durch Ernährungsumstellung oder alternativ durch Fibrate erfolgen. Ein gegen ANGPTL3 (angiopoietin-like protein 3) gerichteter Antikörper namens Evinacumab, der Triglyceride senkt, befindet sich in Entwicklung.
Genom Editing
Eine neue Therapiemöglichkeit der Hypercholesterinämie bzw. Hypertriglyceridämie könnte im Genom Editing der Gene für PCSK9 bzw. ANGPTL3 in der CRISPR/Cas (von englisch: Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats – gruppierte kurze palindromische Wiederholungen mit regelmäßigen Abständen und CRISPR-associated-CRISPR-assoziiertes Protein) Methode liegen: Die Genom Editoren binden an bestimmte Ziel-DNA Abschnitte, die sie mit Hilfe eines Enzyms zerschneiden.
Das Ziel des Genom-Editing, welches durch Verve Therapeutics entwickelt wurde, liegt in der Ausschaltung der beiden Proteine PCSK9 und ANGPTL3.
Erste Studien
Die Hersteller dieser Editorenberichten, dass im Rahmen der Forschungsarbeit zwei Gruppen von 14 nicht-menschlichen Primaten mit einem Adenin-Basen-Editor (ABE), einer Variante der CRISPR/Cas Methode, therapiert wurden.
Bei sieben Tieren wurde PCSK9 und bei sieben Tieren ANGPTL3 ausgeschaltet.
Die Genom-Editoren werden durch einmalige intravenöse Infusion verabreicht. Im Gegensatz hierzu muss die Anwendung mit den subkutan applizierten Antikörpern gegen PCSK9 und ANGPTL3 regelmäßig wiederholt werden.
Senkung der LDL-Cholesterinspiegel und der Triglyceridspiegel Zur Wirksamkeit berichtet der Hersteller der ABE Editoren, dass der gegen PCSK9 gerichtete Genom-Editor innerhalb von 2 Wochen 67% der PCSK9-Gene in der Leber erreichte. Hierdurch konnte eine Reduktion der PCSK9-Protein Konzentration im Plasma um 89% und eine Reduktion des LDL-Cholesterinspiegels im Blut um 59% erzielt werden.
Der gegen ANGPTL3 gerichtete ABE Editor erreichte laut Hersteller 60% der Zielgene. Hierdurch konnte die ANGPTL3 Plasmakonzentration um 95% und der Triglyceridwert um 64% gesenkt werden. Aufgrund der Beteiligung von ANGPTL3 am Cholesterinstoffwechsel, verringerte sich auch der LDL-Cholesterinspiegel um 19%.
Fazit
Insgesamt könnte durch das Genom-Editing eine klinisch relevante Wirkung erzielt werden, die wahrscheinlich das Herz-Kreislaufrisiko bei Patienten mit Hypercholesterinämie-, triglyceridämie langfristig senken könnte. Die Herstellerfirma hofft innerhalb der nächsten drei Jahre mit den klinischen Studien beginnen zu können. Hierbei bleibt jedoch zu bedenken, dass die Therapie im Gegensatz zur medikamentösen Therapie nicht reversibel wäre und dadurch die Genehmigung voraussichtlich erschwert werden wird. Zudem zeigte sich in den letzten Jahren, dass Genom Editoren nicht so zuverlässig arbeiten wie initial erwartet.
Gelegentlich können die Editoren nämlich „off-target“ Mutationen in anderen Genen erzeugen, die zum Ausfall selbiger führen können, welcher nicht reversibel wäre.
Daher kommt die Behandlung mit den Genom-Editoren wahrscheinlich nur für Patienten in Frage, deren Cholesterin- und Triglyceridwerte sich medikamentös alleine nicht senken lassen und deren Herz-Kreislauf-Risiko so hoch ist, dass Komplikationen durch ein „off-target“ Genom-Editing vertretbar wären.