DKK 2022: Barrett-Ösophagus als Krebsvorstufe relevant?

Die Inzidenz des Adenokarzinoms des Ösophagus steigt an. Deshalb gewinnt das Thema Prävention weiter an Bedeutung – von Lebensstilmaßnahmen über Kontrolluntersuchungen bis hin zu therapeutischen Maßnahmen bei Barrett-Ösophagus.

Ösophaguskarzinom

Für den Anstieg der Inzidenz von Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs (AEG) gibt es unterschiedliche mögliche Erklärungen, sagte Professor Dr. Michael Quante, Professor für Gastrointestinale Onkologie an der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Freiburg [1]. Neben Veränderungen des Lebensstils mit der Konsequenz von mehr Adipositas scheint auch die Helicobacter-pylori-Eradikation eine Rolle zu spielen: Seit diese Eradikation zur Prävention des Magenkarzinoms verbreitet durchgeführt wird, scheinen sich Karzinome am gastroösophagealen Übergang zu häufen, berichtete Quante anlässlich des Deutschen Krebskongresses 2022.

Management des Barrett-Ösophagus

Die Entwicklung einer Ösophagitis zur Metaplasie eines Barett-Ösophagus, zur Anaplasie und schließlich zum AEG ist selten. Bei Verdacht auf einen Barett Ösophagus empfiehlt Quante endoskopisch die entzündliche Aktivität zu prüfen und bei Entzündung zu biopsieren [2].

Abhängig vom Grad der Dysplasie erfolgt eine Therapie oder ein Monitoring. Quante sieht aber Probleme bei der Überwachung und der Sekundärprävention. Die endoskopische Diagnostik ist herausfordernd, die histopathologischen Kriterien noch unzureichend und es ist sehr selten, dass ein Barrett-Ösophagus überhaupt zu einem Karzinom fortschreitet.

Risikofaktoren für AEG

Das Risiko eines Progresses vom Barett-Ösophagus zum AEG liegt nach dänischen populationsbasierten Daten bei 0,1% pro Jahr und steigt bei einer Low-Grade-Dysplasie auf etwa 1–5% und bei hochgradiger Dysplasie auf 5–10% pro Jahr an [3]. Es stellt sich die Frage, ob die richtigen Patienten überwacht werden, sagte Quante.

In den USA weisen 20% der Bevölkerung einen Reflux auf, klassische Ursache für einen Barett-Ösophagus. Nur etwa 10% davon werden endoskopisch kontrolliert, und von diesen erhalten nur 8% die Diagnose eines Barrett-Ösophagus. Betroffene mit Barrett-Ösophagus machen insgesamt nur 7% aller Ösophaguskarzinome aus, Menschen mit Reflux, die nie endoskopiert wurden, etwa 52% der Ösophaguskarzinome und Menschen ohne Reflux – 80% der Gesamtbevölkerung – machen etwa 40% der Patienten mit Ösophaguskarzinom aus.

Andere Risikofaktoren mit beachten

Für Quante reicht die Überwachung von Menschen mit Barrett-Ösophagus deshalb nicht aus. Die wichtigste Prävention des Ösophaguskarzinoms ist die Vermeidung von Risikofaktoren für Barett-Ösophagus und AEG. Als Risikofaktoren nannte Quante neben Reflux das Geschlecht (Männer sind etwa vier Mal häufiger betroffen), die Größe einer Hiatushernie, der Hüftumfang und das Rauchen [5].

Als risikomindernd gilt eine Helicobacter-pylori-Infektion. Die Risikofaktoren wurden in Risikoscores umgesetzt, die international bereits verfügbar sind, aber in deutscher Sprache noch nicht vorliegen. Sie können helfen zu identifizieren, wer endoskopisch gescreent werden sollte.

Präventionsmöglichkeiten

Wünschenswert wäre eine wirksame Chemoprävention. Untersucht wurden dazu Acetylsalicylsäure (ASS), Protonenpumpeninhibitoren (PPI), Statine und vieles mehr. Das einzige, was Quante als sinnvoll hervorhob, war eine kurzfristige PPI-Therapie, wenn Refluxbeschwerden bestehen. Bei langfristiger PPI-Einnahme können aber Gastrinrezeptoren hochreguliert werden, was sich ungünstig auf das Karzinom-Risiko auswirkt.

Auch Kombinationen wurden geprüft. In der AspECT-Studie zeigte sich bei kombinierter Einnahme von ASS und PPI ein Überlebensvorteil gegenüber der PPI-Gabe alleine, aber nicht wegen einer reduzierten Ösophaguskarzinom-Häufigkeit, sondern wegen weniger kardiovaskulären Todesfällen [6].

Laut Quante ist die Karzinogenese vor allem entzündungsbedingt ist. Damit sollten entzündungs-fördernde Faktoren wie Rauchen, Adipositas oder auch das Mikrobiom stärker für die Prävention des Ösophaguskarzinoms in den Fokus genommen werden.

Autor:
Stand:
22.11.2022
Quelle:
  1. Prof. Dr. Michael Quante: „Reflux – Barrett – Karzinom“, Symposium „Präventive Onkologie gastrointestinaler Tumoren“ 35. Deutscher Krebskongress 2022, Berlin, 16. November 2022.
  2. Quante M, Huspenina JS, Abdelhafez (2020): Barrett-Ösophagus – Update zu klinischem Management und Therapien. Deutsche Medizinische Wochenschrift. DOI: 10.1055/a-0968-6699
  3. Hvid-Jensen F, Pedersen L, Drewes AM et al. (2011): Incidence of adenocarcinoma among patients with Barrett's esophagus. New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMoa1103042
  4. Vaughan TL, Fittzgerald RC (2015). Precision prevention of oesophageal adenocarcinoma. Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology. DOI: 10.1038/nrgastro.2015.24
  5. Peters Y, Al-Kaabi A, Shaheen NJ et al. (2019): Barrett oesophagus. Nature Reviews Disease Primers. DOI: 10.1038/s41572-019-0086-z
  6. Jankowski JAZ, de CAestecker J, Love SB et al. (2018): Esomeprazole and aspirin in Barrett's oesophagus (AspECT): a randomised factorial trial. The Lancet. DOI: 10.1016/S0140-6736(18)31388-6
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