
Hintergrund
Fäkale Mikrobiotika-Transplantation
Eine fäkale Mikrobiotika-Transplantation (FMT) bezeichnet eine Transplantation von Stuhl mittels Endoskopie oder Kapseln, welche beispielsweise zur Therapie der rezidivierenden Clostridioides difficile-Infektion eingesetzt wird. Auch bei der Behandlung einer Colitis ulcerosa kann die FMT eingesetzt werden.
Eine FMT birgt neben dem therapeutischen Effekt jedoch auch Risiken. In der Vergangenheit wurde berichtet, dass neben der Übertragung von Bakterien, welche das Mikrobiom des Empfängers positiv beeinflussen, auch multiresistente Erreger übertragen werden können und unerwünschte immunologische, metabolische oder neoplastische Prozesse beim Empfänger aktiviert werden können.
Die amerikanische Arzneimittelbehörde (U.S. Food and Drug Administration [FDA]) berichtete in diesem Zusammenhang bereits 2019 von zwei Fällen in denen Empfänger einer FMT eine invasive bakterielle Infektion entwickelten. Im Rahmen derer verstarb einer der Empfänger und der andere erkrankte schwer. Als Konsequenz betonte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits damals die Wichtigkeit der Spenderauswahl und -testung auf relevante Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze inklusive multiresistenten Erregern zur Reduktion potentieller Risiken.
SARS-CoV-2
Aktuelle Studien konnten zeigen, dass sich der Erreger der aktuellen COVID-19-Pandemie - das SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) - im humanen Gastrointestinal-Trakt repliziert. Daher kann es zu einer Belastung des Stuhls von COVID-19 Patienten mit dem Virus kommen. Insbesondere im späteren Infektionsverlauf konnten bei gleichzeitig virusnegativen Nasopharynxabstrichen noch Viren im Rektalabstrich nachgewiesen werden. Neben der Hauptübertragung des Erregers durch Tröpfchen könnte daher eine fäkal-orale Übertragung des SARS-CoV-2 erfolgen. Derzeit sind keine validen und hinreichend sensitiven Nachweisverfahren für SARS-CoV-2 im Stuhl verfügbar, so dass eine fäkal-orale Übertragung des SARS-CoV-2 im Rahmen einer FMT nicht sicher detektiert und somit ausgeschlossen werden kann.
Maßnahmen des BfArM
Das BfArM gibt daher folgende Maßnahmen an, die einzuhalten sind, um das Risiko einer SARS-CoV-2 Übertragung durch FMT zu minimieren:
- Die Gewinnung von Spenderstuhl und Herstellung von FMT sind bis auf Weiteres auszusetzen
Eine Behandlung mit FMT - im Rahmen von klinischen Studien oder als individueller Heilversuch - sollte derzeit nicht stattfinden.
Ein Ausnahmefall stellt eine rezidivierende Infektion mit Clostridioides difficile nach Ausschöpfung alternativer Behandlungsoptionen, wie oraler Antibiotika oder monoklonaler Antikörper dar. Wenn in medizinisch begründeten Einzelfällen eine FMT angewendet wird, sollten nur noch Stuhlpräparate verwendet werden, bei denen der Stuhl vor dem 01.01.2020 gespendet wurde.
Fazit
Das BfArM empfiehlt, basierend auf dem aktuellen COVID-19-Pandemiegeschehen und der derzeitigen wissenschaftlichen Studienlage die Aussetzung von FMT.
Auf Grund der Möglichkeit einer fäkal-oralen Übertragung von SARS-CoV-2 und derzeit nicht vorhandenen validen und hinreichend sensitiven Nachweisverfahren für SARS-CoV-2 im Stuhl, sollen FMT nur noch in begründeten Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Hier muss beachtet werden, dass der Stuhl vor dem 01.01.2020 gespendet sein sollte.