
Hintergrund
Das kolorektale Karzinom (KRK) gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland und bei jüngeren Erwachsenen steigt in vielen Ländern die Inzidenz von Darmkrebs. Dies betrifft auch Länder, in denen die KRK-Inzidenz bei älteren Erwachsenen stabil oder rückläufig ist.
Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass der Body-Mass-Index (BMI) positiv mit dem KRK-Risiko assoziiert ist und dass Übergewicht und Adipositas in jungen Jahren besonders relevant für das Darmkrebsrisiko sind. In diesen Studien wurden jedoch größtenteils Probanden berücksichtigt, die älter als 60 Jahre waren.
Daher ist es immer noch unklar, inwieweit Übergewicht und Adipositas in verschiedenen Altersgruppen (z.B. 20 oder 30 Jahre) mit dem Risiko eines frühen Auftretens von KRK verbunden ist und ob diese abhängig vom Geschlecht variieren. Diese Erkenntnisse könnten für zukünftige Präventionsstrategien von großer Bedeutung sein.
Zielsetzung
Die Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen dem BMI bei jungen Erwachsenen verschiedener Altersstufen und dem Risiko eines frühen Auftretens von Darmkrebs.
Methodik
Die bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie DACHS (Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch Screening), die 6.602 Darmkrebs-Patienten und 7.950 Kontrollpersonen einschloss, die zwischen 2003 und 2020 rekrutiert worden waren, diente als Auswertungsbasis. Die Patienten mussten für einen Studieneinschluss eine histologisch bestätigte KRK-Diagnose haben und mindestens 30 Jahre alt sein bzw. in der Kontrollgruppe keine KRK-Historie aufweisen. In der Analyse wurden alle Patienten, die jünger als 55 Jahre waren, berücksichtigt. Persönliche Interviews wurden durchgeführt, in denen die Größe und das Gewicht der Probanden im Alter von 20 bis 30 Jahren sowie etwa 10 Jahre vor der Diagnose bzw. den Interviews ermittelt wurden.
Die Assoziation zwischen dem BMI und einer frühen Darmkrebserkrankung wurde mit Hilfe einer multiplen logistischen Regression geschätzt. Das Risiko einer frühzeitigen Erkrankung an Darmkrebs wurde hierfür bei übergewichtigen (BMI 25 bis <30 kg/m2) und adipösen (BMI ≥ 30 kg/m2) Menschen im Vergleich zu Normalgewichtigen (BMI <25 kg/m2) ermittelt.
Ergebnisse
In der hier vorliegenden Analyse wurden 747 KRK-Patienten und 621 Probanden aus der Kontrollgruppe eingeschlossen.
Patientencharakteristika
Das mittlere Alter lag bei 48,4 Jahren bei Patienten mit KRK und bei 48,7 Jahren in der Kontrollgruppe. KRK-Patienten hatten ein niedrigeres Bildungsniveau, waren häufiger Raucher und starke Trinker, hatten eher einen Verwandten ersten Grades mit KRK in der Anamnese und seltener eine Dickdarmspiegelung.
Der BMI nahm bei ihnen ab einem Alter von 20 Jahren bis etwa 10 Jahre vor der KRK-Diagnose stetig zu und war im Vergleich zur Kontrollgruppe in allen Altersgruppen höher.
Risiko des frühen Auftretens eines kolorektalen Karzinoms
Es zeigte sich, dass ein höherer BMI in starker Assoziation mit einem höheren Risiko für das Auftreten eines KRK stand, unabhängig vom Zeitpunkt, an dem der BMI erfasst wurde. Die Assoziation blieb auch nach Adjustierung auf potentielle Störfaktoren bestehen.
Eine Adipositas (BMI ≥30 kg/m2) im Alter von 20 Jahren war im Vergleich zu Normalgewichtigen (BMI <25 kg/m2) mit einem 2,56 höheren Risiko für ein frühes KRK assoziiert (95%-Konfidenzintervall (KI): 1,20-5,44), im Alter von 30 Jahren mit einem 2,06 fach höheren (95%-KI: 1,25-3,40) und etwa 10 Jahre vor der KRK-Diagnose mit einem 1,88 fach höheren (95%-KI: 1,30-2,73). Für Übergewichtige (BMI: ≥25 bis <30 kg/m2) war das KRK-Risiko im Alter von 30 Jahren um das 1,34 fache erhöht (95%-KI: 1,02-1,77) und zum Zeitpunkt 10 Jahre vor der Diagnose um das 1,46 fache (95%-KI: 1,13-1,90) im Vergleich zu Normalgewichtigen.
Die Odds Ratios für jede Erhöhung des BMI um fünf Einheiten im Alter von 20 bzw. 30 Jahren und zum Zeitpunkt 10 Jahre vor der Diagnose betrugen 1,44 (95%-KI: 1,18-1,75), 1,36 (95%-KI: 1,15-1,61) und 1,36 (95%-KI: 1,18-1,58).
Fazit
Die Studienergebnisse zeigen einen starken Zusammenhang zwischen Übergewicht und Adipositas bei jüngeren Erwachsenen und einem erhöhten Risiko für ein frühzeitiges KRK. Somit sollte ein großes Augenmerk auf die Prävention von Übergewicht und Adipositas in der jüngeren Generation gelegt werden, um das Risiko von Darmkrebs zu miniminieren. Gleichzeitig kann so auch anderen Volkskrankheiten vorgebeugt werden.