Grüntee-Substanz gegen Strahlendermatitis

In einer Phase-II-Studie trat bei 50,5% der prophylaktisch mit einer Grüntee-Substanz und bei 72,2% der mit Placebo behandelten Teilnehmer eine strahleninduzierte Dermatitis auf, ein statistisch signifikanter Unterschied.

Radiotherapie Brustkrebs

Hintergrund

Die Strahlentherapie ist für Patientinnen mit Brustkrebs, die eine Mastektomie oder eine brusterhaltende Operation erhalten haben, unerlässlich, um die lokale Kontrolle und das Gesamtüberleben zu verlängern. Das häufigste unerwünschte Ereignis im Zusammenhang mit einer Strahlentherapie im Rahmen einer Brustkrebsbehandlung ist die strahleninduzierte Dermatitis (radiation-induced dermatitis [RID]). Obwohl RID sehr selten lebensbedrohlich ist, können die Symptome zu Behandlungsunterbrechungen und frühen Behandlungsabbrüchen führen. Wird dadurch die verordnete Gesamtstrahlendosis nicht erreicht, kann dies das Behandlungsegebnis beeinträchtigen. Derzeit gibt keinen anerkannten Standardansatz, um das Auftreten einer RID zu verhindern.

Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), der wichtigste und am stärksten bioaktive Bestandteil in grünem Tee, ist für seine biochemischen und pharmakologischen Wirkungen verantwortlich. Ergebnisse einer retrospektiven Studie deuteten darauf hin, dass Grüntee-Extrakte dazu beitrugen, bei Patienten, die eine Kopf-Hals-Strahlentherapie erhalten und eine RID mindestens zweiten Grades entwickelt hatten, die Hautintegrität wiederherzustellen. Daten einer einarmigen Phase-II-Studie zeigten, dass topisches EGCG die RID-Symptome während einer adjuvanten Strahlentherapie nach modifizierter radikaler Mastektomie um 71,4-89,8% reduzierte. Es gab bisher keine Studie, in der untersucht wurde, ob topisches EGCG auch präventiv wirkt.

Zielsetzung

Wissenschaftler um Dr. Hanxi Zhao vom Shandong Cancer Hospital and Institute in China gingen der Frage nach, ob Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG) das Auftreten von RID bei Patientinnen mit Brustkrebs, die eine adjuvante Strahlentherapie erhalten, reduziert. Die Publikation der Ergebnisse erschien kürzlich im Fachblatt JAMA Dermatology [1].

Methodik

Diese doppelt verblindete, placebokontrollierte, randomisierte, klinische Phase-II-Studie umfasste 180 Patientinnen mit Brustkrebs, die am Shandong Cancer Hospital and Institute in Shandong, China, eine postoperative Strahlentherapie erhielten.

Die Teilnehmerinnen erhielten nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 2:1 entweder EGCG-Lösung (660 μmol/L) oder Placebo (0,9%ige Kochsalzlösung), die vom Tag 1 der Bestrahlung bis 2 Wochen nach Abschluss der Bestrahlung dreimal täglich auf das gesamte Strahlenfeld gesprüht wurde (0,05 ml/cm2).

Die Bewertung der RID gemäß der Skala der Radiation Therapy Oncology Group (RTOG) wurde wöchentlich von zwei Prüfärzten durchgeführt, die die klinische Vorgeschichte und die Behandlungszuordnung der Patientinnen nicht kannten. Die Patientinnen selbst berichteten einmal pro Woche mit dem Skin Toxicity Assessment Tool über RID-bezogene Symptome, wie Schmerzen, ein brennendes Gefühl, Juckreiz, Ziehen und Empfindlichkeit.

Der primäre Endpunkt war die Inzidenz von RID mindestens zweiten Grades gemäß der RTOG-Skala. Zu den sekundären Endpunkten gehörten der RID-Index (Darstellung der RTOG-Werte über die Zeit und Berechnung der Fläche unter der Kurve), der Symptomindex (Darstellung der Symptomwerte über die Zeit und Berechnung der Fläche unter der Kurve), die Änderungen der Hauttemperatur, gemessen anhand von Infrarot-Wärmebildern, und die Therapiesicherheit.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 180 geeignete Patientinnen in die Studie aufgenommen. Die Daten von 165 Patientinnen (EGCG n = 111, Placebo n = 54) im mittleren Alter von 46 (26-67) Jahren wurden zur Bestimmung der Wirksamkeit ausgewertet.

Bei signifikant weniger Patientinnen in der EGCG-Gruppe (50,5%; 95%-Konfidenzintervall [KI] 41,2%-59,8%) als in der Placebogruppe (72,2%; 95%-KI 60,3%-84,1%) (P = 0,008) trat eine RID mindestens zweiten Grades auf. Der mittlere RID-Index in der EGCG-Gruppe war signifikant niedriger als in der Placebogruppe. Darüber hinaus waren die Symptomindizes bei Patientinnen, die EGCG erhielten, signifikant niedriger.

Bei vier Patientinnen (3,6%) traten in Zusammenhang mit der EGCG-Behandlung unerwünschte Ereignisse auf, bei 3 Patientinnen (2,7%) ein stechendes Hautgefühls ersten Grades und bei einer Patientin (0,9%) Juckreiz.

Fazit

In dieser randomisierten, klinischen Studie reduzierte die prophylaktische Anwendung von EGCG-Lösung bei Patientinnen mit Brustkrebs, die eine adjuvante Strahlentherapie erhielten, signifikant die Inzidenz und den Schweregrad von RID.

Grüntee-Extrakt und sein Hauptwirkstoff EGCG gewinnen aufgrund ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften mit zunehmender Verwendung für strahleninduzierte Schäden an Aufmerksamkeit. Die molekularen Mechanismen, die den positiven Wirkungen von EGCG zugrunde liegen, sind komplex. Die Behandlung der menschlichen Haut mit EGCG hemmt den durch UV-Strahlung induzierten oxidativen Stress. Topisches EGCG kann die menschliche Haut vor UV-B-induzierten reaktiven Sauerstoffspezies schützen, die mit entzündlichen Dermatosen, lichtbedingter Alterung und Karzinogenese assoziiert sind. Forscher fanden auch heraus, dass die Vorbehandlung mit EGCG die Lebensfähigkeit der menschlichen Hautzellen, die mit Röntgenstrahlen behandelt wurden, signifikant verbesserte. Dabei wurde die durch die Röntgenstrahlung induzierte Apoptose verringert. Weiterhin wurde beobachtet, dass EGCG die Expression des zytoprotektiven Moleküls Häm-Oxygenase-1 in dosisabhängiger Weise durch transkriptionelle Aktivierung induzierte.

Die Wissenschaftler um Zhao meinen, EGCG hätte das Potenzial, eine neue allgemein verfügbare, gut verträgliche und wirksame Option für den Hautschutz von Patientinnen zu werden, die sich einer Strahlentherapie unterziehen. Die Studienergebnisse sollten allerdings zuvor in einer Phase-III-Studie validiert werden.

Die Studie ist unter der Nummer NCT02580279 bei ClinicalTrials.gov registriert und wurde vom Shandong Cancer Hospital and Institute finanziert.

Quelle:

[1] Zhao et al. (2022): Efficacy of epigallocatechin-3-gallate in preventing dermatitis in patients with breast cancer receiving postoperative radiotherapy. JAMA Dermatology, DOI: 10.1001/jamadermatol.2022.1736

 

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