
Auch wenn vielerorts Empfängnisverhütung als Sache der Frau gesehen wird, steigt doch der Druck auf die Männer, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden. Die derzeit bei Männern üblichen Methoden sind bekanntlich Coitus interruptus (unsicher), Kondom (weniger unsicher) und die Vasektomie (sicher, aber meist nicht reversibel). Daher wird seit langem schon an Alternativen getüftelt. Diese scheitern, wie die “Pille für den Mann”, an der Akzeptanz bzw. an Befürchtungen für langfristige Nebenwirkungen.
Thermische Kontrazeption
Mit mechanischen reversiblen Verfahren könne sich Männer offenbar eher anfreunden. Eines dieser Geräte ist der Hodenring Androswitch®. Das Wirkprinzip ist wie beim Thermo-Slip die thermische Kontrazeption: die Hoden werden nach oben in Richtung Leiste geschoben. In dieser Position sind die Hoden einer höheren Körpertemperatur ausgesetzt, wodurch die Apoptose der Spermien eingeleitet werden soll. Kurz: die Produktion und Beweglichkeit der Spermien sollen dadurch eingeschränkt werden.
Ring verlagert Hoden Richtung Leiste
Um den Hoden nach oben zu verlagern, muss der Penis und die Haut des Hodensacks durch den Silikonring gezogen werden. Das klingt schon unangenehm genug, dazu kommt noch die Tragedauer: Damit sich die Spermienproduktion stark genug reduziert, muss der Ring täglich über 15 Stunden getragen werden und seine Wirkung setzt erst nach 3 Monaten ein.
Ob dies Männer tatsächlich durchstehen, wollten Wissenschaftler aus Toulouse (Frankreich) wissen. Dafür starteten sie eine Online-Fragebogen-Aktion bei 75 Anwendern. Die Teilnehmer wurden bei ärztlichen Konsultationen rekrutiert, bei denen sie um Unterstützung in Sachen Empfängnisverhütung baten. Die Forscher fragten unter anderem nach den Gründen für diese Form der Verhütung, nach Nebenwirkungen und Tragekomfort. 37 Männer antworteten.
Warum Mann sich für den Hodenring entscheidet
Als wichtigste Gründe für die Verwendung des Rings wurden das Teilen der Verantwortung für die Empfängnisverhütung (89,2%), das Vermeiden einer Schwangerschaft (78,4%), die Reversibilität der Anwendung (73%), die Schwierigkeit, geeignete und gut verträgliche Verhütungsmethoden für die Frau zu finden (67,6%) sowie seine einfache Anwendbarkeit (43,2%) genannt.
Tragedauer für die Meisten akzeptabel
Auf die Frage, wie belastend es sei, das Gerät 15 Stunden täglich zu tragen, gaben 33,3% auf einer Skala von 0 bis 10 den Wert 0 für „überhaupt nicht“ an. 42% wählten einen Wert zwischen 1 und 3 und 16% einen Wert zwischen 8 und 10 für „sehr belastend“. Allerdings hatten fast 20% der Befragten in den letzten 3 Monaten die Nutzung dieser Verhütungsmethode vorübergehend ausgesetzt.
Etwa 20% der Nutzer gaben an, sich nicht an unerwünschten Wirkungen zu stören, 28,6% beschrieben ein Unwohlsein, 8,6% Schmerzen. 74,3% registrierten Hautreaktionen (Rötung, Reizung, Juckreiz) und 11,4% klagten über ein Unbehagen im Rahmen regelmäßiger sportlicher Aktivitäten.
Sex nicht beeinträchtigt
Kaum Einschränkungen wurden in Sachen Sexualleben registriert: die Häufigkeit der Sexualkontakte, ihre Qualität und die Libido blieben bei 85,7%, 88% bzw. 88,6% der Befragten unverändert. Die Qualität der Paarbeziehung und die Libido verbesserten sich für 11,4%.
Wirksamkeit unbekannt
Ob dieser Hodenliftring tatsächlich ungewollte Schwangerschaften verhindern kann, konnte in dieser Studie nicht geklärt werden. Es gab zu wenig vollständige Spermiogrammdaten. Während der Beobachtungszeit kam es bei einem der Anwenderpaare zu einer Schwangerschaft.
In Frankreich ist die Zulassung dieses Gerätes derzeit ausgesetzt. Vor allem weil eine CE-Zertifizierung fehlt. Es kann jedoch von der Firma Thoreme weiterhin für rund 40 € offiziell unter dem Begriff „Kunstobjekt“ gekauft werden.
Keine Empfehlung
Fazit der Untersucher: Die Entwicklung dieses Geräts befindet sich noch in den Kinderschuhen und kann noch nicht empfohlen werden. Die geringe Größe dieser Umfrage erlaubt keine endgültige Schlussfolgerung, doch offenbar sind das Toleranz- und Adhärenzprofil nicht optimal. Vor allem müssen Studien zur Effektivität – also wie viele ungewollte Schwangerschaften lassen sich damit verhindern – folgen.