
Etwa 12% aller Brustkrebserkrankungen, die bei unter 40 Jährigen auftreten, betreffen Frauen mit einer BRCA-Keimbahnmutation. Diese Patientinnen können eine reduzierte ovarielle Reserve und ein verringertes Fertilitätspotenzial aufweisen. Viele unterziehen sich zudem in der vierten Lebensdekade zur Reduktion des Risikos für ovarielle Karzinome einer bilateralen Salpingo-oophorektomie. Fragen zur Familienplanung und Sicherheit einer Schwangerschaft haben daher gerade für Patientinnen mit BRCA-Mutation-assoziiertem Brustkrebs eine besondere Bedeutung.
Retrospektive Kohorte mit BRCA-assoziiertem Brustkrebs
Um für diese Situation mehr Sicherheit zu gewinnen, führte eine europäische Studiengruppe eine retrospektive Kohortenstudie mit 1.252 Patientinnen durch, die vor Abschluss des 40. Lebensjahrs an einem invasiven frühen Brustkrebs erkrankt waren [1]. 811 Patientinnen wiesen eine BRCA1-, 430 eine BRCA2- und 11 Patientinnen beide Keimbahnmutationen auf. Primärer Endpunkte der Studie waren die Schwangerschaftsrate und das krankheitsfreie Überleben von Patientinnen mit und ohne Schwangerschaft nach der Brustkrebsdiagnose.
Patientencharakteristika und Brustkrebstherapie
Patientinnen, die nach einer Brustkrebserkrankung schwanger wurden, waren bei Diagnose jünger, hatten häufiger eine BRCA1-Mutation, einen Tumor bis maximal 2 cm Durchmesser, einen negativen Lymphknotenstatus und ein Hormonrezeptor-negatives Mammakarzinom im Vergleich zu den Frauen, die nach Brustkrebstherapie nicht mehr schwanger wurden. En größerer Anteil der später schwanger gewordenen Patientinnen hatten eine brusterhaltende Therapie und fast alle Patientinnen in beiden Kohorten wurden gleichermaßen mit einer Chemotherapie behandelt (95,3%). Unter den Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs hatten diejenigen, die später schwanger wurden, häufiger adjuvant eine ovarielle Suppression und kürzer eine Hormontherapie erhalten.
Jede Fünfte wurde schwanger
195 Patientinnen wurden mindestens einmal nach Diagnose der BRCA-positiven Brustkrebserkrankung schwanger, die Schwangerschaftsrate lag nach zehn Jahren bei 19%. Das mediane Alter der Patientinnen bei Eintreten der Schwangerschaft nach Brustkrebserkrankung lag bei 35,7 Jahren, seit Brustkrebsdiagnose waren im Median 8,3 Jahre vergangen. 16 Patientinnen (8,2%) brachen die Schwangerschaft ab, bei 20 (10,3%) kam es zur Fehlgeburt.
150 Frauen (76,9% aller Schwangeren) brachten insgesamt 170 Kinder zur Welt. Zu Komplikationen bei der Geburt war es bei 13 Frauen gekommen (11,6%), Fehlbildungen traten in zwei Fällen auf (1,8%). Diese Raten wie auch die Frühgeburtlichkeit unterschieden sich nicht von dem, was in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten ist.
Schwangerschaft nach Brustkrebs war für die Mütter sicher
Einen signifikanten Unterschied im krankheitsfreien Überleben der Patientinnen, die schwanger geworden waren, und den übrigen gab es nicht. Die adjustierte Hazard Ratio (HR) lag bei 0,87 mit einem Konfidenzintervall (KI) von 0,61 bis 1,23 (p = 0,41). Auch das Gesamtüberleben war in den beiden Kohorten mit einer adjustierten HR von 0,88 (95% KI 0,50–1,56; p = 0,66) vergleichbar.
Familienplanung ist wichtig und möglich
Es ist wichtig, bei Patientinnen mit einer BRCA-Keimbahnmutation und Brustkrebserkrankung nach Diagnose auch das Thema Familienplanung anzusprechen. Eine Schwangerschaft ist grundsätzlich möglich und verschlechtert nicht die Prognose der Mutter oder geht mit besonderen Risiken für das werdende Leben einher. Die Studie belegt dies, aufgrund der geringeren Fallzahlen mit BCRA2-Mutation, vor allem für Patientinnen mit BRCA1-Mutation. Humangenetische Fragen wurden in der Studie nicht diskutiert.