
Die Pränataldiagnostik ist ethisch umstritten. Dennoch ist es legitim, wenn eine Schwangere wissen will, ob ihr Kind gesund zur Welt kommt. Gefürchtet sind vor allem genetische Erkrankungen, die mit einer Behinderung einhergehen – beispielsweise die Trisomie 21 (Down-Syndrom).
Bluttest ist Alternative zur Amniozentese
Trisomien (13, 18 und 21) lassen sich bereits seit den 70er Jahren mittels einer Amniozentese-Diagnostik feststellen. Allerdings birgt die Amniozentese ein Frühgeburtsrisiko. Die Alternative ist ein nicht invasiver Pränataltest (NIPT), der darauf beruht, dass im Blut der werdenden Mutter ab der 10. Schwangerschaftswoche kindliche Zellen zu finden sind, aus denen sich per Gen-Diagnostik eine Trisomie feststellen lässt. Während die invasive Amniozentese eine Kassenleistung ist, muss der seit 2012 zugelassene NIPT von der Schwangeren selbst bezahlt werden. Das soll sich nun ändern: laut dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) soll ab Frühjahr 2022 auch der NIPT in begründeten Einzelfällen eine Kassenleistung sein. Damit tritt ein Beschluss des G-BA, der bereits 2019 gefasst worden war, in Kraft.
Patienteninformation des G-BA ist verpflichtend
Zu dieser Verzögerung hat der Umstand beigetragen, dass zur Beratung der Schwangeren eine entsprechende Patienteninformation erarbeitet und vom G-BA beschlossen werden musste. Diese Versicherteninformation des G-BA ist im Gespräch mit der Schwangeren von den Frauenärzten künftig verpflichtend einzusetzen. Der G-BA trägt darin mehreren Gesetzesvorgaben Rechnung:
- Entsprechend dem Gendiagnostikgesetz müssen speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte die Schwangere über die Bedeutung und die Tragweite von genetischen Untersuchungen aufklären und beraten.
- Dazu kommt noch das Schwangerschaftskonfliktgesetz. Danach sind Schwangerschaftsabbrüche verboten, allein weil das Kind behindert ist. Erlaubt sind Schwangerschaftsabbrüche jedoch, um eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheit der schwangeren Frau zu verhindern.
Unter anderem wird in der Versicherteninformation ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Untersuchungen auf Trisomien freiwillig sind. Es wird erklärt, was Trisomien sind, wie häufig sie auftreten, was bei der genetischen Untersuchung gemacht wird und wie die Ergebnisse zu verstehen sind. Ebenso wird ausgeführt, welche Optionen Schwangere haben, sollte ein auffälliges Testergebnis durch eine abklärende Untersuchung bestätigt werden.
Warum erst 2022?
Der Beschluss des G-BA zur Patienteninformation muss noch vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft werden. Das BMG hat für diesen Schritt zwei Monate Zeit. Gibt es keine Beanstandung, wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt – gemeinsam mit dem bereits am 19.9.2019 getroffenen Beschluss zur Anwendung eines nichtinvasiven Tests zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 oder 21 (=NIPT ist Kassenleistung) – in Kraft.
Abrechnungsziffern verhandeln
Nach dem Inkrafttreten der Beschlüsse verhandeln Krankenkassen und Ärzte im Bewertungsausschuss über eine Abrechnungsziffer für den Test und die Beratungsleistung. Dafür haben sie maximal sechs Monate nach Inkrafttreten der Beschlüsse Zeit. Erst wenn eine Abrechnungsziffer vorliegt, kann die neue Leistung für gesetzlich-versicherte Frauen erbracht und abgerechnet werden.